Hannahs Entscheidung
Bluse sowie einem äußerst knappen Rock geschickt in Szene gesetzt. Shanes Pulsschlag schnellte empor. »Ich – äh –« Seine Zunge klebte trocken am Gaumen, während er versuchte, die Worte in seinem benebelten Hirn zu ordnen.
»Nun?« Ihre linke Braue hüpfte nach oben.
Shane errötete. Verdammt, er wurde nie rot! Diese Blondine war aber auch ein Sahneschnittchen, meine Herren. An solche Frauen hatte er sich selbst in seinen besten Zeiten nicht herangewagt! Sie war nicht nur unglaublich attraktiv, sie strahlte auch eine kühle faszinierende Überlegenheit aus, die ihn gleichermaßen anzog wie verwirrte. Er räusperte sich mit plötzlich ausgedörrter Kehle. »Ich suche – ja, meine Frau suche ich. Ich bin Shane«, brachte er schließlich hervor und streckte ihr seine Hand entgegen, die sie geflissentlich übersah. Peinlich berührt zog er sie zurück, streifte sie unauffällig am Oberschenkel ab. Noch einmal von vorn. Die Schnecke sollte nicht den Eindruck bekommen, es mit einem Idioten zu tun zu haben. Er straffte die Schultern, richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Schließlich war er auch nicht von schlechten Eltern. Nicht umsonst hatten ihm zahlreiche Frauen bei seinen Konzerten eindeutige Angebote gemacht. »Ich bin auf der Suche nach meiner Frau, Hannah Mulligan. Sie ist ungefähr eins achtundsechzig groß, zierlich, kurze dunkle …«
»Ich kann Ihnen sagen, wo sich Ihre Frau aufhält«, unterbrach ihn die Blondine knapp. Der Mann hinter der Theke spitzte die Ohren. »Ich bin übrigens Gloria«, fuhr die Frau fort. »Gloria Turner, Maklerin in Willow Creek. Ich kann Ihnen so ziemlich alles über die Menschen erzählen, die in der Stadt ein- und ausgehen.«
»Tatsächlich?«, hakte Shane nach, um Coolness bemüht. Sein Herz schlug ein paar Takte schneller, und das lag nicht nur an dem zugegebenermaßen atemberaubenden Anblick von Gloria Turner. Es schien ganz, als würde er Hannah bald nach Hause holen können.
»Allerdings.« Glorias perfekt geschminkte Lippen kräuselten sich zu einem gönnerhaften Lächeln. »Wenn Sie möchten, setzen wir uns auf eine Tasse Kaffee zusammen, und ich erzähle Ihnen nähere Einzelheiten.«
»Bin absolut damit einverstanden«, erwiderte Shane grinsend, der kaum sein Glück fassen konnte. Jetzt winkte ihm auch noch ein Date mit der vermutlich heißesten Maklerin in ganz North Carolina.
»Abgemacht.« Mit einer lässigen Geste warf sie ihr langes Haar nach hinten. »Ich schlage vor, wir steigen in unsere Autos und Sie folgen mir. Ein paar Meilen außerhalb der Stadt kenne ich ein nettes kleines Lokal, wo wir uns ungestört unterhalten können.«
*
Ein Klopfgeräusch an der Tür ließ Hannah aufhorchen. Sie legte die Zeitschrift beiseite, in der sie soeben geblättert hatte. Wer mochte das sein? Ob Tayanita sie unten im Café brauchte? Es klopfte erneut. Diesmal energischer. Zu laut, um es zu ignorieren.
Hannah schlug die Baumwolldecke zurück, in die sie ihre Beine eingekuschelt hatte, und erhob sich, um barfuß über den dicken flauschigen Teppich in den Korridor zu tapsen. Sie warf einen neugierigen Blick durch das Tiffanyglas. Vor der Tür wartete ein junger Mann in einem blauen Overall. Hannahs Herz hüpfte hoffnungsvoll. Vermutlich jemand von Joe’s Werkstatt . Endlich! Es wurde langsam auch Zeit. Sie öffnete die Tür einen Spalt. »Ja bitte?«
»Ma’am? Ich habe eine Lieferung für eine Hannah Mulligan.«
Irritiert spähte sie durch die Lücke. »Ja, das bin ich.«
»Könnten Sie bitte aufmachen? Ich komme von Hester’s Blumenladen auf der Main und möchte etwas abgeben .«
Blumen? Jemand schickte ihr Blumen? Konsterniert öffnete Hannah die Tür.
Mit einem schiefen Lächeln hielt ihr der junge Mann einen in beigefarbenes Papier eingewickelten Blumenstrauß unter die Nase. »Hannah Mulligan?«, versicherte er sich abermals.
Hannah nickte. Argwöhnisch zog sie das Papier ein wenig auseinander. Rote Schwertlilien verströmten ihren betörenden Duft. »Von wem – ich meine, wer schickt sie?«
Der Fremde zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung, Ma’am. Der Auftrag kam telefonisch rein. Der Kunde bat uns, Ihnen die Blumen zu überbringen.«
Hannah dachte, sie hätte sich verhört. »Von einem Mann?« Wer in aller Welt sandte ihr Blumen? Eine Gänsehaut kroch über ihren Rücken. Wiederholt starrte sie auf die blutrot leuchtenden Blüten in ihrem Arm.
»Hier ist eine Karte. Die sollte ich Ihnen ebenfalls geben.« Als Hannah keine
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