Hannahs Entscheidung
sanft. »Aber ich denke nicht, dass der Finger gebrochen ist. Er ist weder übermäßig angeschwollen noch hat er eine unnatürliche Form angenommen.«
Deanna entfuhr ein tiefer Seufzer. »Woher wissen Sie so gut, was zu tun ist?«
»Ich bin Krankenschwester.« Hannah fühlte einen leichten Stich. Sie sehnte sich danach, wieder in ihrem Beruf zu arbeiten.
»Krankenschwester?« Sam lehnte mit verschränkten Armen im Kücheneingang. Wie lang er dort schon gestanden hatte? Wie viel hatte er von ihrem Gespräch mitbekommen? Erst jetzt wurde Hannah bewusst, dass sie lediglich mit Slip und T-Shirt bekleidet in seiner Küche stand. O Gott. Warum hatte sie nicht daran gedacht, dass Sam Parker auftauchen könnte? Schließlich befand sie sich in seinem Haus.
»Was ist geschehen?«, wollte Sam wissen, wobei sein Blick an Hannahs nackten Beinen hängen blieb.
»Deanna hat sich den Finger eingeklemmt.« O bitte, starr nicht so. Hast du noch nie die nackten Beine einer Frau gesehen? Während verräterische Röte in ihre Wangen stieg, versuchte Hannah, ihre Beine beiläufig zu überkreuzen, damit Sam so wenig nackte Haut wie möglich zu sehen bekam. Wenigstens verdeckte das etwas längere und weit geschnittene T-Shirt ihren Slip.
»Ich habe nicht aufgepasst.« Deanna seufzte und hob dabei bedauernd die Schultern. »Jetzt haben wir den Salat. Aber Hannah hat sich wunderbar um mich gekümmert.«
»Das habe ich gesehen«, entgegnete Sam.
»Das war selbstverständlich«, warf Hannah ein, während ihr Herz ungestüm gegen ihre Rippen klopfte. »Nichts Besonderes.« Sie wünschte, Sam würde endlich wieder verschwinden. Sie räusperte sich. »Wie ist es mit den Schmerzen, Deanna? Möchtest du vielleicht etwas dagegen haben?« Unwillkürlich war ihr das vertrauliche Du herausgerutscht. »Entschuldigung, ich wollte nicht …«
»Warum belassen wir’s nicht dabei?« Deanna schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Es ist mir sehr recht, Hannah. Und ja, ich hätte gern ein Schmerzmittel. Oben im Hängeschrank ganz rechts.«
Sam hatte den Schrank bereits geöffnet und griff zielsicher nach einer Pappschachtel. Er hielt sie Hannah hin. »Tylenol. Ist es das, was Sie im Sinn hatten, Schwester?« In seinen Augen tanzten winzig kleine Fünkchen.
»Perfekt.« Hannah gab sich große Mühe, kühl und souverän zu erscheinen, als sie das Medikament entgegennahm. »Wir benötigen noch ein Glas Wasser, bitte.«
»Wasser.« Sein Blick hielt sie fest. »Kommt sofort.«
Während sich Sam um das Wasser kümmerte, drückte Hannah eine Tablette aus der Aluverpackung. »Erst einmal eine«, riet sie Deanna. »Wenn die Schmerzen in vier Stunden nicht nachgelassen haben sollten, nochmals eine. In Ordnung?«
»Danke.« Deanna legte die Tablette auf ihre Zunge und spülte sie mit dem Wasser, das Sam ihr reichte, hinunter.
»Das Familiengesundheitszentrum an der Rutherford Street sucht übrigens händeringend nach einer Krankenschwester.«
Zwei Augenpaare richteten sich auf Sam.
»Schön zu wissen«, meinte Deanna trocken.
»Okay.« Sam fuhr sich mit durch den dunklen Schopf. »Ich weiß auch nicht, warum ich das eben erwähnte.«
Wenn Hannah es nicht besser wüsste, würde sie behaupten, sie hätte soeben auf Sam Parkers Wangen einen winzigen Anflug von Rot gesehen. Bevor sie aber weiter darüber nachdenken konnte, lenkte Deanna das Gespräch in eine andere Richtung.
»Was soll nun aus dem Mittagessen werden? Ich wollte ein schönes Risotto machen, aber ich fürchte fast, daraus wird jetzt nichts.«
»Weißt du was? Ich bin doch da«, entgegnete Hannah. »Du gibst mir Anweisungen, und ich werde für uns kochen.«
»Wolltest du nicht ins Café?«
»Ich werde erst später ins Cottage Garden aufbrechen. Tayanita ist sicher einverstanden. Bis dahin werde ich mich hier ein wenig nützlich machen. Wenn Mr. Parker nichts einzuwenden hat«, fügte sie mit einem raschen Seitenblick auf Sam hinzu.
»Bleiben Sie die nächsten Tage zu Hause, bis es Ihrem Finger wieder besser geht, Deanna. Hannah und ich kommen schon zurecht .«
»Na gut.« Deanna schien erleichtert. »Einverstanden. Mit beiden Vorschlägen.« Sie schenkte Hannah ein dankbares Lächeln. »Ich zeige dir rasch, wo du alles Nötige in der Küche findest.«
»Wenn wir zusammen gegessen haben, bringe ich Sie nach Hause«, stellte Sam klar. »Nein«, unterbrach er Deannas aufkommenden Protest, »Sie bleiben bei uns, damit wir sicher sein können, dass Sie versorgt sind. Ihre Tochter kann doch
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