Hannahs Entscheidung
Wenige, das er von Hannah wusste, berichtet hatte. In ihrer Stimme schwang noch immer der leise Hauch eines Vorwurfs mit. »Immerhin bin ich deine Mutter.«
Er verkniff sich ein Schmunzeln. »Eben.«
»Was soll das denn nun wieder bedeuten?«
»Mom, ich bitte dich. Wir wissen beide, wenn ich dir von Hannah erzählt hätte, hättest du eine Geschichte daraus gemacht, die gar nicht existiert. Ich wollte einfach keinen Staub aufwirbeln. Keine falschen Hoffnungen wecken. Du weißt, was ich meine.«
Emilia entgegnete nichts, hielt jedoch ihren forschenden Blick weiter auf ihren Sohn gerichtet.
»Was?«
»Nichts. Ich sehe dich nur an.«
»Oh, ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Mir kannst du nichts vormachen.«
Sie lenkte ein. »Na gut. Ich frage mich gerade, ob zwischen dir und dieser Hannah wirklich nichts läuft.«
Sam verdrehte die Augen gen Himmel. »Mom, bitte.«
»Ist ja schon gut.« Emilia schlug die schlanken Beine übereinander und lehnte sich zurück. »Sag, ist Hannah da? Ich würde sie gern kennenlernen. Auch wenn sie nicht die Dame ist, mit der du in wilder Ehe lebst.« Sie zwinkerte ihm zu.
»Mom, du bist unmöglich, aber ich liebe dich trotzdem.«
Sie warf ihm eine Kusshand zu.
»Ich muss dich jedoch enttäuschen. Hannah ist, kurz bevor du kamst, ins Cottage Garden aufgebrochen. Danach wollte sie noch zu Bi-Lo’s fahren, um ein paar Besorgungen zu machen .«
Weil Deanna aufgrund ihrer Verletzung nicht den üblichen Wocheneinkauf für Green Acres tätigen konnte, hatte Hannah angeboten, für sie einzuspringen. Es macht mir nichts aus , hatte sie versichert, während sie rasch den ellenlangen Einkaufszettel überflog, ich mache es gern. Sam hatte sie dankbar angelächelt, irrsinnig erleichtert, dass er sich nicht durch den Dschungel der Supermarktverkaufsregale kämpfen musste, der für ihn ein Buch mit sieben Siegeln darstellte. Maggie hatte einmal zu ihm gesagt, dass es wohl daran läge, dass er ein Mann sei. Was auch immer das bedeutete.
»Schade«, meinte Emilia. »Wie läuft es eigentlich mit deiner Schreiberei, Sam? Hast du ein neues Buch angefangen?«
Erfreut, dass sie das Thema wechselte, streckte er seine langen Beine aus. »Ehrlich gesagt hatte ich gerade ein Treffen mit Gary Henderson. Zum Glück konnte ich ihn davon überzeugen, mir weitere vier Wochen Zeit zu geben, bis ich ihm einen überzeugenden Entwurf präsentiere.« Mit seiner Rechten fuhr er sich durch den dunklen Schopf. »Mir fehlt derzeit ein bisschen die Inspiration.«
»Ach, das wird schon.« Emilia schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln.
*
»Hi.« Tayanita sah von ihrem Teig auf, den sie für einen Hackfleisch Pie ausrollte, als Hannah ihren Kopf durch die Küchentür streckte. »Schön, dass du da bist. Wie geht es Deanna?«
»Sie ist okay.« Hannah schnappte sich eine Schürze vom Haken, um sie sich um die Taille zu binden. »Wir haben zusammen gegessen und Sam hat sie anschließend nach Hause gefahren.« Wobei zusammen gegessen leicht übertrieben war. Die beiden anderen hatten gegessen, und Hannah hatte mehr oder weniger in ihrem Essen herumgestochert, weil ihre Kehle plötzlich wie zugeschnürt schien. Eine Tatsache, die sie ziemlich verwirrte, denn dieses seltsame Gefühl hatte sie das letzte Mal gehabt, als Shane sie kurz nach ihrem Kennenlernen zum Essen in ein kuscheliges Diner in Downtown Charlotte ausgeführt hatte. Damals brachte sie vor lauter Aufregung keinen Bissen hinunter. Warum sie diesmal ebenso mit dem Essen zu kämpfen hatte, war ihr ein Rätsel. Sie ahnte, es hatte etwas mit Sams Gegenwart zu tun, doch sie weigerte sich, diese beunruhigende Sache näher zu ergründen. »Ich denke, ich helfe Sylvia drüben im Café«, schlug sie vor, bemüht, ihre Gedanken in eine andere Richtung zu dirigieren. »Mir schien, sie könnte ein wenig Unterstützung gebrauchen.«
Tayanita lachte zustimmend. »Damit könntest du recht haben. Die neuen Gäste kann ich sogar bis hier in die Küche hören. Geh nur.«
Sylvia bedachte sie mit einem Blick, der Bände sprach. »Ich hänge hier wohl noch eine Weile fest«, raunte sie Hannah zu. »Könntest du bitte den Gast dort hinten am Fenster übernehmen? Der gute Mann trinkt bereits seine vierte Tasse Kaffee. Ich fürchte, er wird sich noch einen Koffeinrausch zuziehen.«
Hannah nickte, mühsam ein Schmunzeln unterdrückend, während sie Sylvias Bitte nachkam. »Guten Morgen, Sir. Darf ich Ihnen noch etwas bringen?« Noch bevor sie den Satz zu Ende
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