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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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mit seiner Bestellung und Ben schenkte ihr ein dankbares Lächeln. Amüsiert stellte er fest, dass sich ihre Wangen rot färbten.
    »Sie sollten sie vergessen.«
    »Ich hatte nicht vor, mit der Kellnerin etwas anzufangen.«
    »Ich meine nicht die Kellnerin – ich meine Hanna.«
    Bens Gabel blieb in der Luft stehen. Langsam senkte er sie, stach sich Rührei mit Speck auf und schob es sich in den Mund. Das gab ihm Zeit nachzudenken. »Hanna?«
    »Ach, hören Sie auf mit dem Theater«, blaffte Oberst Hartmann ihn an. »Ist Ihnen eigentlich klar, in welche Gefahr Sie sie gebracht haben?«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Von der Frau, die sich oben in Ihrem Zimmer befindet.«
    Der Oberst warf sein Messer auf den Tisch und biss in sein Brötchen.
    »Wie kommen Sie darauf, es wäre Hanna?«
    »Halten Sie mich für blöd?«
    »Nein.«
    »Beeilen Sie sich, unser Taxi kommt gleich.«
    Langsam legte Ben die Gabel zur Seite. »Bin ich im Dienst?«
    »Nein.«
    »Dann hören Sie auf, mir Befehle zu erteilen.«
    »Fangen Sie erst einmal an, sich vernünftig zu benehmen.«
    Schweigend aß Ben sein Frühstück, während der Oberst aufstand und sich um die Rechnung kümmerte.
     
    »Entschuldigung«, presste Hanna hervor, als sie die Kirche erreichte, Sie machte sich spontan nützlich, indem sie den anderen half, das Gerüst aufzubauen. Ihre volle Konzentration richtete sich auf die Arbeit, indem sie versuchte, jeden sonstigen Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie fühlte den Schmerz mit jedem Atemzug. Körperlich. Oh Gott, weshalb hast du mir diese Gefühle für ihn gegeben? Warum kannst du nicht einmal gnädig mit mir sein?
    »Alles in Ordnung, Sasa?«, hörte sie Sonja neben sich.
    »Ja, klar.« Hanna versuchte ein Lächeln.
    »Du weinst doch«, flüsterte Sonja und kramte in ihrer Tasche.
    Erschrocken fasste sich Hanna an die Wange. Sonja beförderte eine Packung Papiertaschentücher ans Licht und reichte ihr eins.
    »Ach verflucht!«
    Statt damit aufzuhören, fing sie an, noch mehr zu heulen. Sachte fasste Sonja sie am Arm und zog sie in eine stille Ecke in der Kirche. Hanna setzte sich auf die Bank, versuchte ihre Gefühle zu sortieren und die Trauer, den Schmerz in den Griff zu bekommen. Entgegen ihrer sonstigen Art schwieg Sonja, strich ihr nur sanft über den Arm. Hanna wusste, sie würde länger brauchen, um ihre Begegnung mit Ben zu verarbeiten. Damals nach Norwegen war die Hoffnung mit ihr geflogen. Diesmal wusste sie, sie würde Ben nicht wiedersehen. Sein »Ich wünsche dir ein glückliches, sorgenfreies Leben.« war so endgültig gewesen, seine Antwort auf ihr Geständnis vor so langer Zeit, als sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn liebe. Nach all den Monaten tauchte er wieder in ihrem Leben auf, überreichte ihr das Fotoalbum ihres Vaters, nur um ihr zu sagen, dass sie ihn vergessen sollte? Verdammt, sie hatte ihn vergessen. Sie war mit ihrem neuen Leben klargekommen. Warum musste er sie an das, was sie hatte opfern müssen, erinnern? Sie starrte auf die Madonna beim linken Seitenaltar der Kirche. Betrachtete das makellose Gesicht, das Kind auf ihrem Arm. Wie hast du es geschafft, loszulassen, ohne daran zu zerbrechen? Wie hast du es ertragen, unter ihm am Kreuz zu stehen und zu sehen, wie er stirbt? Hilflos – ohne ihn retten zu können? Sie bekam keine Antwort. Die Figur vor ihren Augen schwieg. Hanna fühlte sich leer und kraftlos. Liebe sollte nicht wehtun, sie sollte einen stark machen und glücklich. Sie drehte den Kopf zu Sonja, die zaghaft lächelte.
    »Danke.« Hanna wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. Sonja warf nur ihre Arme um sie und drückte sie. Zu ihrer Verwunderung erschreckte es Hanna nicht, vielmehr genoss sie das Gefühl, für einen Moment in der Umarmung eines anderen Menschen zu sein.
    »Geht es wieder?«
    »Ja. Ich brauche nur noch einen Moment für mich allein.«
    Sonja nickte und stand auf. Hanna folgte ihr mit den Augen.
     
    In den nächsten Tagen arbeitete sie hart und konzentriert. Wenn sie nicht am Projekt arbeitete, lief sie durch Rom. Abends verschrieb sie sich ein anstrengendes Work-out, bis sie so müde war, dass sie vor Erschöpfung einschlief. Jeden Tag meldete sie sich einmal kurz bei ihrer Kontaktperson auf die klassische Weise über verschiedene Festnetztelefone. Bei der Arbeit ließen die anderen sie in Ruhe. Sie wusste, dass sie dies Sonjas Einfluss zu verdanken hatte. Es überraschte sie, dass Sonja keine Fragen stellte. Erst, als sich der Freitag dem Ende

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