Hannas Entscheidung
voll leistungsfähig zu sein, bedeutete einen Zustand, der ihm nicht behagte, und er fand, er hätte sich lang genug geschont. Sollte Lisa ruhig motzen.
»Wie geht es ihr?«
Anstatt ihr eine Antwort zu geben, fing er mit Liegestützen an. Lisa war es erstaunlich leicht gefallen herauszufinden, weshalb er in Rom gewesen war. Dass er für sie so ein offenes Buch war, störte ihn ungemein. Die Verbindung Rom – Hanna schien nur für ihn ein Mysterium zu sein. Dennoch würde er Lisas Neugier kein weiteres Futter geben.
»Ehrlich, du warst total leichtsinnig. Ich darf ihren Namen nicht mal erwähnen und du hast nichts Besseres vor, als dich in ein Flugzeug zu setzen und sie zu besuchen! Warum eigentlich?«
Mittlerweile war er schweißgebadet, und das Pflaster fing an zu jucken. Er zuckte zusammen, beugte schnell die Knie und fing so einen Sturz auf den Bauch ab.
»Verdammt Ben, du bist echt ein Masochist. Meinst du, mir macht es Spaß, dich alle paar Tage neu zusammenzuflicken?« Mit zusammengepressten Lippen hockte sich Lisa vor ihn hin.
Er wehrte ab. »Lass, es ist okay, nur ein bisschen Schweiß.«
»Ich bin die Ärztin, Soldat. Los, lass mich sehen.«
Er setzte sich auf und zog das nass geschwitzte T-Shirt hoch.
»I, ist ja ekelig! Männerschweiß.«
Sie grinste ihn an und drückte mit den Fingerspitzen an der Wunde entlang. Es war alles in Ordnung, aber sie glaubte ihm ja nicht. Weil er nicht reagierte, pikste sie ihn ein wenig.
»Aua! Lass das, Lisa.«
Sie zuckte die Achseln. »Ich wollte nur sehen, ob du noch zu Gefühlen fähig bist.«
»Okay. Erst beglucke ich dich zu viel, dann bin ich der kaltschnäuzige Bruder. Kannst du dich vielleicht mal entscheiden?« Er wusste selbst nicht, wo seine Wut herkam, stand auf, ließ Lisa sitzen und ging ins Badezimmer. Kaum stand er in der Dusche, hörte er die Tür.
Lisa ließ sich auf dem Toilettendeckel nieder. »Ben? Liebst du mich?«
»Was für eine dämliche Frage.«
»Hör auf mir auszuweichen. Ja oder nein?«
»Ja.«
»Und was ist daran so schlimm?«
Er drehte den Wasserhahn ab, öffnete die Duschkabine und nahm sich das Handtuch vom Sideboard. Sorgfältig trocknete er sich ab. Dann griff er sich die Gummiflitsche und wischte die Wassertropfen von den Wänden in den Abfluss. Zuletzt verwendete er das Handtuch, sodass keine Feuchtigkeit mehr übrig blieb. Lisa folgte seiner Tätigkeit mit einem amüsierten Blick.
»Ich glaube, seit du Soldat bist, bist du noch pingeliger geworden.«
»Nichts.«
»Was?«
Er drehte sich zu ihr um. »Nichts ist daran schlimm, dich nerviges, penetrantes, unglaublich talentiertes Weibsstück zu lieben.«
Sie wedelte hastig mit der Hand. »Könntest du dir bitte etwas anziehen. Es ist ein verstörender Anblick, seinen Bruder nackt vor dem Gesicht rumspringen zu haben.«
»Ich springe nicht nackt vor dir rum.« Er zuckte die Achseln, sah sie belustigt an. »Du bist mir ins Badezimmer gefolgt. Hast du gedacht, dass ich mit Badehose dusche?« Dennoch holte er sich eine frische Unterhose aus seinem Schlafzimmer und zog sie an.
»Was ist dann so schlimm daran, eine andere Frau zu lieben?«
Verärgert runzelte er die Stirn. Er hätte wissen müssen, wohin ihn dieses Verhör führen würde. Er nahm seine Zahnbürste und fing an sich die Zähne zu putzen. Hoffnungslos. Wenn Lisa wollte, konnte sie unendlich viel Geduld aufbringen. Er spülte die Zahnpasta aus dem Mund und hockte sich langsam vor ihr nieder. Seine Hände umfassten ihren Bauch zu beiden Seiten. Er bekam einen Tritt in den linken Handballen und musste lächeln. Dann sah er Lisa ernst in die Augen.
»Ich liebe meinen Job, Lisa. Er ist alles, was mir in meinem Leben etwas bedeutet ...«
Sie hob zum Protest an, doch sein Finger war schneller und legte sich auf ihren Mund. »... außer dir und diesem kleinen, frechen Wesen, das seinen Onkel gerade tritt. Übrigens so fest, wie es das macht, muss es ein Junge sein.«
»Oh, wenn du glaubst, du könntest mich so reinlegen. Männer! Was hat Tom dir angeboten, damit du es herausfindest?«
Sie weigerte sich bisher strikt, Tom zu sagen, was sie bei ihrer letzten Vorsorgeuntersuchung erfahren hatte, von der sie mit besonders strahlendem, wissenden Lächeln zurückgekehrt war. Tom hatte sie nur aufgrund eines Notfalls diesmal nicht begleitet, aber alles Betteln hatte ihm nichts gebracht.
Ben schmunzelte. »Das verrate ich dir nicht. Dein Mann braucht auch ein paar Geheimnisse vor dir. Also, weshalb hast du diese
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