Hannas Wahrheit (German Edition)
drehte sich zur Seite.
Major Wahlstrom betrachtete Hanna, wie sie versuchte, ihn zu ignorieren und das Buch zu lesen. „Kräuterkunde“, er fragte sich, wie ein Mensch so etwas lesen konnte. Da war eine Erinnerung in ihren Augen gewesen, oder bildete er sich das nur ein? War es nur sein Wunschdenken, der ihn so etwas sehen ließ? Musste er mehr Druck auf sie ausüben? Ließ er ihr zu viel Spielraum? Die Zeit drängte. Je mehr Zeit verstrich, desto kälter wurde die Fährte. Hatte sie tatsächlich eine Amnesie, oder spielte sie ihm etwas vor? Er war erleichtert gewesen, als sie endlich erwachte. Lisa hatte ihn vor einer Amnesie gewarnt. Doch würde nicht jeder normale Mensch Fragen stellen? Wissen wollen, wer er war? Selbst ihr eigener Name schien ihr nicht vertraut zu sein. Sie wirkte so zerbrechlich. Ein Eindruck, den die „alte“ Hanna Rosenbaum nie auf ihn gemacht hatte. Im Gegenteil, was für eine harte Nuss war sie gewesen, distanziert, kampfbereit und verweigernd. Bis auf die eine Nacht in Afrika, flüsterte eine leise Stimme in seinem Kopf.
Abrupt stand er auf und ging aus dem Zimmer. Es war nicht gut, wenn er sich daran erinnerte. Damals war sie ihm für einen Moment ähnlich zerbrechlich erschienen. Er zog sich seine Sportsachen an und entschied, noch eine Runde laufen zu gehen. Es war wichtig, dass er einen klaren Kopf behielt. Abends würde er den Stand der Ermittlungen prüfen.
Der Golf war von der Polizei auf dem Parkplatz bei der abgebrannten Hütte gefunden worden. Offiziell galt Hanna Rosenbaum als tot. Er hatte keine Ahnung, wie das Oberst Hartmann hinbekommen hatte. Ihre Mutter hatte einen Zusammenbruch erlitten, als die Beamten ihr die Nachricht überbrachten. Ihre Zwillingsschwester war leichenblass geworden, sie schien nicht von dem Tod ihrer Schwester überzeugt zu sein. Sie bereitete der Polizei die größten Probleme, da sie ständig nach Beweisen fragte, die ihre Schwester identifizierten. Es gab keine Leiche, doch das wussten nur wenige Personen. Lukas Benner und Armin Ziegler kümmerten sich rührend um ihre Frauen. Der Ablauf des Brandes war untersucht worden. Aus dem Herd war Gas ausgeströmt, und eine brennende Kerze hatte das Gas entzündet, woraufhin die Gasflasche explodierte und die Hütte abgebrannt war. Keiner verstand, weshalb sich Hanna in der Hütte aufgehalten hatte – bis der Abschiedsbrief bei Silvia Ziegler eintraf. In diesem Moment war die Mutter zusammengebrochen. Sie befand sich in einer Privatklinik.
Marie Benner hatte nach dem Abschiedsbrief ihrer Schwester aufgehört, Fragen zu stellen. Der Brief war mit dem Computer und nur die Unterschrift war mit Handschrift geschrieben worden. Einfach zu fälschen, wenn eine Vorlage existiert die ein gescannt und in das Schriftstück als Bild integriert worden war. Inzwischen gab es eine Psychologin, die behauptete, dass sich Hanna Rosenbaum bei ihr in Behandlung befunden hätte. Der Hinweis war von Philip Bornstedt gekommen und hatte das BKA überrascht. Aber mit Sicherheit konnten sie nicht ausschließen, dass Hanna bei der Ärztin gewesen war. Lukas Benner und Armin Ziegler besaßen beide ein wasserdichtes Alibi über die BKA-Beamten, die ihr Haus beobachtet hatten. Marie und Lukas Benner waren erst zu Hause geblieben. Gegen elf Uhr war Lukas ins Büro gefahren. Ein Mitarbeiter hatte etwa zur gleichen Zeit das Auto von Marie abgeholt und es zu einer Werkstatt gefahren. Nach der Arbeit, traf sich Lukas mit Philip Bornstedt zu einem Abendessen. Etwa gegen zehn Uhr abends kreuzte er wieder zu Hause auf.
Armin Ziegler war zur Arbeit gefahren, pünktlich um sieben Uhr wieder zu Hause erschienen und hatte den restlichen Abend mit seiner Frau verbracht.
Laut der Informantin des BKA war Viktor Samuels während des ganzen Tages wie immer bei der Arbeit gewesen. Erst gegen Abend war er bei der Wohnung von Hanna Rosenbaum aufgetaucht. Die Beamten warteten darauf, dass er zur Polizei gehen würde, doch das tat er nicht. Am nächsten Tag waren sowohl die Informantin des BKA als auch Viktor Samuels verschwunden. Die Ermittlungen nach ihrem Verbleib liefen auf Hochtouren. Da die offiziellen Ermittlungen in diese Richtung liefen, waren die Untersuchungen zu Medicares auf ein Minimum heruntergefahren worden. Weder die Benners noch die Zieglers wurden weiterhin beobachtete oder abgehört. Sein Verschwinden an dem Tag hatte Oberst Karl Hartmann mit einem dringenden Einsatz begründet, was ihm niemand wirklich abkaufte. Obwohl die
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