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Hannes - Falk, R: Hannes

Hannes - Falk, R: Hannes

Titel: Hannes - Falk, R: Hannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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Stemmerle ist so was wie die Vormach-Oma geworden, setzt sich zu diesem oder jenem, gibt brauchbare Tipps oder zeigt hilfreiche Handgriffe. Wir haben mittlerweile so viel Dekorationsmaterial, dass wir die Tür zur Wäschekammer (wo das Zeug gelagert wird) kaum noch aufkriegen.
    Ja, und der Florian hat sich zum begnadeten Gärtner entwickelt. Der Garten im Vogelnest ist ja ohnehin eine Augenweide, was der Junge jetzt aber daraus gemacht hat, ist schon umwerfend. Alles blüht und grünt und wächst und gedeiht. Der Florian redet zwar immer noch nicht (jedenfallsnicht mit uns Menschen, bei den Pflanzen würd ich da nicht drauf wetten), aber er hat eine Aufgabe, die ihn voll und ganz erfüllt und ihm tatsächlich manchmal ein Lächeln entlockt. Nun ist eben am Sonntag das Sommerfest, alle sind schon ganz aufgeregt, und ich habe versprochen, ein paar Stücke mit der Posaune zu spielen. Ich muss noch etwas üben, es kommt ein Typ von der Zeitung, und da möchte man sich ja nicht blamieren. Nicht, dass da am Montag dann drinsteht: Untalentierter Pfleger quält psychisch instabile Personen mit seiner Posaune. Nein, das möcht ich nicht.
    Werde heute Abend vor der Schicht wieder mal ’nen Versuch wagen, bei dir vorbeizuschauen, und hoffe inständig, dass es funktioniert. Geh jetzt zur Frau Stemmerle, es ist halb drei.
    Montag, 05.06.
    Servus Hannes,
    leider hab ich auch am Freitagabend kein Glück gehabt bei dir, diesmal waren der Schnauzbart und die Schwestern da, um deine Zugänge zu überprüfen, was erfahrungsgemäß ewig dauert. So bin ich am Samstag sehr früh aufgestanden und noch mal ins Krankenhaus gefahren, es war aber wieder der Schnauzbart mit den Schwestern da. Glücklicherweise diesmal nicht lange, danach bin ich rein. Der Schnauzbart ist auch noch mal reingekommen und hat uns angeschaut. Er ist einfach nur dagestanden, hat an seinem Bart gezwirbelt und hat uns angeschaut. Irgendwann hat er gesagt: »Würden Sie mir Ihren Namen verraten? Ich kenne Sie leider nur als Freundvon Herrn Ellmeier, wissen Sie.« Ich hab ihm gesagt: »Ich bin der Uli. Und das da   … das ist der Hannes.«
    Er hat gezwirbelt, hat sich umgedreht und ist zur Tür gegangen. Kurz bevor er raus ist, hat er gesagt: »Und ich bin der Klaus.« Dann ist er gegangen und hat die Tür hinter sich zugemacht, der Klaus. Na ja.
    Jedenfalls hatten wir jetzt erst einmal Ruhe, und ich konnte dir die Sportberichte aus der Zeitung vorlesen. Etwas später kam eine Schwester und hat für mich eine Tasse Kaffee gebracht und hat gesagt, die wär vom Dr.   Klaus Schnauzbart. Klasse, oder?
    Am Nachmittag hab ich daheim die Posaune rausgeholt und geübt. Zuerst ging das ja ganz gut, hab ein Stück geübt, das einem Sommerfest in einer Psychiatrie schon gerecht werden könnte, bin dann aber leider immer wieder ins Jazzig-Rockige abgedriftet, konnte mich einfach nicht konzentrieren. Jedenfalls hat irgendwann mein Nachbar geläutet und gesagt, wenn ich mit dem Gejaule nicht sofort aufhöre, würde er mich töten. Und zwar mit der Posaune. Hab also das blöde Teil genommen und bin in das kleine Wäldchen hinterm Vogelnest gefahren. Aber da war es genauso. Zuerst die klassischen Töne, ganz souverän, dann bedauerlicherweise wieder Jazz. Meine Hände und Lippen machen, was sie wollen, und nicht, was ihnen mein Gehirn vorschreibt, es ist zum Kotzen. Vermutlich hab ich mit der ganzen Posaunerei den Bauern vom Lehmbichlhof auf den Plan gerufen, denn der stand auf einmal neben mir und hat gesagt: »Wenn ich dir mal einen Rat geben darf, Bursche, dann mach den Jazz. Von ernster Musik hast du nicht die geringste Ahnung!«
    Na, der hat gut reden! Die Walrika hat gesagt, wenn ich dasFest schon musikalisch untermalen muss, dann in Gottes Namen mit etwas Gediegenem. Wir sind hier schließlich nicht in einem Jugendzentrum. Außerdem stünde in der Heimordnung, dass »das Spielen von lärmenden Musikinstrumenten generell untersagt ist, insbesondere aber, wenn es sich um Stücke handelt, die aggressiver Natur sind«, hat sie gesagt. Hab schließlich die Posaune eingepackt und bin heimgefahren.
     
    Sonderbarerweise hat am Sonntag alles wunderbar geklappt. Hab zwei Stücke gespielt, von Schütz und Pachelbel, sehr gediegen, und die Insassen haben geklatscht. Der Zeitungsfuzzi hat ein paar Fotos gemacht und mir einige Fragen gestellt. Leider waren die Fotos heute nicht in der Zeitung (jedenfalls nicht die mit mir), und in dem Bericht wurde ich auch nur im Gesamtbild erwähnt: Das

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