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Hannes - Falk, R: Hannes

Hannes - Falk, R: Hannes

Titel: Hannes - Falk, R: Hannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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nun auch meinen Schmerzen freien Lauf ließ, freien Lauf lassen musste! Unvermeidbarerweise gingen nach und nach die Zimmertüren auf und die Insassen kamen, um zu sehen, was hier los ist. Na ja.
    Jedenfalls war der Gang ziemlich voll, und jeder beugte sich zu mir hinunter und klopfte mir aufmunternd auf die lädierte Schulter. So bin ich dann im Flur des Vogelnestes gekniet, gefesselt mit einem Morgenmantelgürtel, Tränen in den Augen und etlichen Spinnern um mich rum. Als gefühlte Lichtjahre später im Dämmerlicht des Korridors endlich und heiß ersehnt die Walrika erschien, in einem wallenden Nachthemd mit Blümchen, hat das mein Leben gerettet. Sie hat nur ein paarmal in ihre Hände geklatscht und flugs verschwanden alle in ihren Zimmern. Auch die Frau Obermeier. Sie hat aufgehört zu lachen und ist einfach in ihr Zimmer gegangen. Als wär nichts gewesen. Die Walrika hat mir aufgeholfen, ist hinter mich getreten und hat ohne Vorwarnung und mit einem gekonnten Ruck meinen Arm wieder eingerenkt, was dermaßen wehtat, dass ich sie einen »gottverdammten Metzger« nannte. Sie hat mir noch eine schmerzstillende Salbe aufgetragen und ist schließlich im wallenden Blümchennachthemd zurück auf ihr Zimmer (welches im entlegensten Teil des Hauses ist, darum auch die späte Rettung). Das Saubermachen vom Flur und von der Frau Obermeier hat sie dann wieder mir überlassen.
    Ich sag’s dir, Hannes, das war eine Horrornacht. Und jetztsitz ich also wieder hier in der Küche im Vogelnest und lausche voller Panik auf die schlurfenden Schritte von der Frau Obermeier. Heute Morgen beim Frühstück, als mir die Frau Stemmerle in Rücksichtnahme auf meine kaputte Schulter die Semmel mit Frischkäse geschmiert hat, ist die Frau Obermeier hergekommen. Sie hat sich zu mir runtergebeugt, mich angegrinst und gesagt, dass sie so viel Spaß schon lange nicht mehr gehabt hätte und dass sie sich schon jetzt auf die Bettruhe freut. Dabei hat sie mir zugezwinkert. Unheimlich, wirklich.
    Ich hab das heute auf dem Balkon der Walrika erzählt, und die hat gesagt: »Jetzt stellen Sie sich in Gottes Namen nicht so an, Uli. Sie müssen schon klar unterscheiden, wer hier welche Funktion innehat. Und wenn Sie sich das Ruder aus der Hand nehmen lassen, ist es eben unvermeidbar, dass sich die Richtung ändert«, hat sie gesagt, und: »Es ist Ihr Auftreten, Uli. Wenn Sie unseren Gästen den Eindruck vermitteln, Sie seien ihr Kumpel, dann werden Sie auch so behandelt, verstehen Sie das? Und mit Kumpels macht man nun mal eben Späße, nicht wahr. Und wie Sie ja gehört haben, hatte die Frau Obermeier mächtig Spaß letzte Nacht.«
    So, Hannes, das war’s für heute. Bis jetzt ist alles ruhig hier, es ist Zeit, meine Runde zu drehen, und ich fürchte mich davor.
    Samstag, 20.05.
    Heute komme ich endlich wieder mal dazu, dir einiges niederzuschreiben, Hannes. Es war eine ziemlich anstrengendeWoche, war auch jeden Tag bei dir und hab bereits alles erzählt. Reagiert hast du aber nicht. Habe die letzten Nächte gut rumgebracht, die Frau Obermeier hat geschlafen wie ein Baby und ist artig in ihrem Zimmer geblieben. Ich habe von der Redlich Iris erfahren, dass sie in der Nacht, meiner Horrornacht, ihre Medikamente nicht bekommen hatte. Das war zweifellos meine eigene Schuld, ich hab das Schälchen mit den Tabletten auf das Nachtkästchen von der Frau Obermeier gestellt und mich fest darauf verlassen, dass sie eingenommen werden. Passiert nicht noch einmal.
    Am Mittwoch nach dem Frühstück, zwischen meiner Schicht und der von der Redlich Iris, sind wir beide mit ihrem Auto in das kleine Wäldchen hinterm Vogelnest gefahren und dort haben wir’s dann gemacht. Als wir fertig waren, hat der Bauer vom Lehmbichlhof an die total beschlagene Autoscheibe geklopft und gefragt, ob wir bald mal wieder Frischkäse brauchen im Vogelnest. Herrgott, wer weiß, wie lange der da schon gestanden hat! Die Redlich Iris (dummerweise gelingt es mir nicht, allein ihren Vornamen auszusprechen, keine Ahnung, warum) hat mich nach Hause gefahren und ist dann weiter zur Arbeit. Sie möchte jetzt ständig in unserer gemeinsamen Freizeit was mit mir unternehmen. Und sie versteht es irgendwie gar nicht, dass ich dafür keine Zeit habe. Es ist schon wegen unserer Schichten unmöglich, was gemeinsam zu unternehmen. Und die Wochenenden gehen gar nicht. Die brauch ich für mich. Und für dich, Hannes.
     
    Bin diese Woche im Krankenhaus auch auf die Nele und den Kalle gestoßen. Jeder ist

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