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Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Titel: Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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sollten unbedingt etwas essen, Mylady. Der Fisch wird Ihnen bestimmt schmecken, er ist ganz vorzüglich.«
    »Ich habe etwas Pfirsicheis mitgebracht«, sagte Serge. »Und frische Pfirsiche.«
    Lady Murasaki sah Hannibal lange in die Augen.
    Er lächelte sie an, vollkommen ruhig. »Pfirsich!«, sagte er.

23

    Um Mitternacht lag Lady Murasaki in ihrem Bett. Das Fenster stand offen, um die leichte Abendbrise hereinzulassen, die den Duft der Mimosen mit sich trug, die in einer Ecke des Gartens blühten. Sie schlug die Decke zurück, um den zarten Lufthauch an ihren Armen und Füßen spüren zu können. Lady Murasaki blickte an die dunkle Zimmerdecke. Wenn sie blinzelte, konnte sie das leichte Klicken ihrer Augenlider hören.
    Unten im Garten regte sich die alte Dogge im Schlaf, ihre Nasenlöcher weiteten sich, und sie holte tief Luft. Auf ihrer Stirn bildeten sich ein paar Falten, doch dann entspannte sie sich wieder und gab sich angenehmen Träumen von einer Hetzjagd und Blut in ihrem Maul hin.
    In der Dunkelheit über Lady Murasaki knarrte die Dachbodentür. Sie hörte jemanden auf den Bodenbrettern gehen, zu schwer für eine Maus. Lady Murasaki holte tief Luft, richtete sich im Bett auf und setzte die Füße auf den kalten Steinboden des Schlafzimmers. Sie schlüpfte in ihren leichten Kimono, zupfte ihr Haar zurecht, nahm aus einer Vase im Flur mehrere Blumen und stieg mit einem Kerzenhalter die Dachbodentreppe hinauf.
    Die geschnitzte Maske im Türblatt der Dachbodentür lächelte sie an. Sie straffte sich in den Schultern, legte die Hand auf das geschnitzte Gesicht und drückte die Tür auf. Sie spürte, wie der Luftzug den Stoff des Kimonos ganz kurz und kaum merklich gegen ihren Rücken drückte, und weit, weit hinten in dem dunklen Dachboden sah sie ein kleines Licht flackern. Der Schein ihrer Kerze streifte über die No-Masken, Die von einer langen Stange hängenden Marionetten gestikulierten im Lufthauch ihres Vorüberschreitens. Vorbei an Korbtruhen und Koffern mit Hotelaufklebern aus ihrer Zeit mit Robert Lecter schritt sie auf den Familienschrein und die Rüstung zu, dorthin, wo die Kerzen brannten.
    Auf dem Altar neben der Rüstung stand ein dunkler Gegenstand. Lady Murasaki konnte nur seinen Umriss erkennen. Sie stellte ihren Kerzenhalter neben dem Altar auf eine Kiste und blickte unverwandt auf den Kopf Paul Momunds, der in einer flachen Suiban-Blütenschale stand. Das Gesicht des Metzgers war sauber und blass, seine Lippen unversehrt, nur die Backen fehlten. Aus seinem Mund war etwas Blut in die Blütenschale getropft und hatte sich dort gesammelt wie Wasser unter einem Blumengesteck. An Momunds Haar war ein Schild befestigt, auf dem in gestochener Schrift stand: »Paul Momund – Fleisch und Geflügel«.
    Das Gesicht des Metzgers war der Rüstung zugewandt, die Augen zu der Samurai-Maske hinaufgerichtet. Auch Lady Murasaki hob den Kopf zu ihr und begann auf Japanisch zu sprechen.
    »Ich wünsche Euch einen guten Abend, hochverehrter Vorfahre. Bitte entschuldigt dieses unangemessene Gesteck. Bei allem gebührenden Respekt – dies ist nicht die Art von Hilfe, die ich im Sinn hatte.«
    Ihre Augen waren ständig in Bewegung, während sie nebenbei wie automatisch eine verwelkte Blume und ein Seidenband vom Boden aufhob und in ihren Ärmel steckte. Das Langschwert war an seinem Platz und die Streitaxt ebenfalls. Das Kurzschwert fehlte.
    Lady Murasaki machte einen Schritt zurück, ging zum Dachfenster und öffnete es. Sie holte tief Luft. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Der Luftzug fuhr in ihr Gewand und in die Flammen der Kerzen.
    Von einer Stelle hinter den No-Kostümen ertönte ein leises Klappern. Eine der Masken hatte Augen, die sie beobachteten.
    Sie sagte auf Japanisch: »Guten Abend, Hannibal.«
    Aus dem Dunkeln kam auf Japanisch die Antwort: »Guten Abend, meine Dame.«
    »Können wir die Unterhaltung auf Englisch fortsetzen, Hannibal? Es gibt Dinge, die ich meinem Ahnen lieber vorenthalten möchte.«
    »Ganz, wie Sie wünschen, Mylady. Das war eben ohnehin schon mein ganzes Japanisch.«
    Daraufhin trat Hannibal mit dem Kurzschwert und einem Tuch ins Licht der Kerze. Sie ging auf ihn zu. Das Langschwert befand sich auf dem Ständer vor der Rüstung in Reichweite, falls sie es brauchen sollte.
    »Ich hätte natürlich auch das Messer des Metzgers verwenden können«, sagte Hannibal. »Aber stattdessen habe ich Masamunedonos Schwert genommen, weil mir das angemessener erschien. Ich hoffe, es stört

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