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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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versteckte. »Dr. Lecters sechstes Opfer war ein Bogenjäger«, sagte Starling. »Hat er ihn verspeist?« »Nein. Er knüpfte ihn bloß an einer Aufhängeplatte auf. Die vielen verschiedenartigen Wunden erinnerten an eine mittelalterliche medizinische Illustration, den Wundenmann. Lecter hat ein Faible für alles, was mit dem Mittelalter zu tun hat.« Der Pathologe deutete auf die wie Flügel aufgespannte Lunge auf Donnie Barbers Rücken. »Wollen Sie damit sagen, daß das hier ein altes Ritual vorstellt?« »Der Eindruck drängt sich mir auf«, sagte Starling. »Ich weiß nicht, ob Dr. Lecter das getan hat. Falls es auf sein Konto geht, ist die Verstümmelung kein Fetisch - dieses Arrangement geht auf kein zwanghaftes Verhalten seinerseits zurück.« »Und was ist es dann?« »Es ist einfach nur eine Schrulle«, sagte sie und blickte die Männer an, um festzustellen, ob es ihr mit dieser Bemerkung gelang, sie abzuspeisen. »Es ist eine Schrulle, und eben das hat ihn beim letztenmal den Kopf gekostet.«

KAPITEL 59
    Das DNA-Labor war neu, roch neu, und das Personal war jünger als Starling. Das war etwas, woran sie sich würde gewöhnen müssen, dachte sie mit einem leisen Stich - sehr bald schon würde sie wieder ein Jahr älter sein. Eine junge Frau mit A. BENNING auf dem Namensschild quittierte den Empfang der beiden Pfeile, die Starling ablieferte. Der offensichtlichen Erleichterung nach zu urteilen, mit der A. Benning auf die beiden sorgfältig an Starlings Beweis mitteltafel gebundenen Pfeile reagierte, mußte sie in der Vergangenheit mit der Einlieferung von Beweismitteln schlechte Erfahrungen gemacht haben. »Sie können sich gar nicht vorstellen, was ich manchmal so alles zu sehen bekomme, wenn ich die Sachen öffne«, sagte A. Benning. »Haben Sie bitte Verständnis dafür, wenn ich Ihnen, sagen wir, innerhalb der nächsten fünf Minuten nicht mit allem dienen kann -« »Nein«, sagte Starling. »Es gibt keinen Vergleichs-Restriktionsfragment
Längenpolymorphismus, was Dr. Lecter angeht. Seine Flucht liegt zu lange zurück, und die Artefakte sind verunreinigt worden, weil sie durch zu viele Hände gegangen sind.« »Laborzeit ist entschieden zu teuer, um jedes einzelne Sample abzuprüfen, wie zum Beispiel vierzehn Haare aus einem Motelzimmer. Brächten Sie mir ein -« »Hören Sie mir erst einmal zu«, sagte Starling, »und dann dürfen Sie reden. Ich habe die Questura in Italien gebeten, mir die Zahnbürste zu schicken, von der sie glauben, daß sie Dr. Lecter gehörte. Aus der können Sie ein paar Partikel der Mundschleimhaut isolieren. Machen Sie bei denen einen RFLP und kurze Reihenwiederholungen. Der Pfeil der Armbrust war dem Regen ausgesetzt, ich glaube nicht, daß er viel hergeben wird, aber wenn Sie bitte einmal hierher sehen wollen -« »Es tut mir leid, ich wußte nicht, daß Sie sich so gut -« Starling zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. »Nur keine Angst, A. Benning, wir werden schon gut miteinander auskommen. Schauen Sie, beide Pfeile sind gelb. Doch der Pfeil der Armbrust ist gelb, weil ihn jemand mit der Hand gelb angemalt hat. Eigentlich keine schlechte Arbeit, aber leider ein wenig zittrig in der Pinselführung. Und das hier unter der Farbe, wonach sieht das Ihrer Meinung nach aus?« »Könnte ein Pinselhaar sein.« »Könnte. Aber sehen Sie auch, daß es an dem einen Ende gebogen ist und dort eine kleine Verdickung aufweist? Was, wenn es eine Wimper wäre?« »Wenn es noch die Follikel -« »Richtig.« »Schauen Sie, ich kann eine Polymerase-Kettenreaktion samt Mikrosatellit durchführen - drei Farben auf einmal in derselben Linie im Gel - und Ihnen drei DNA -Stellen gleichzeitig liefern. Vor Gericht brauchte man dreizehn Stellen, aber ein paar Tage reichen schon aus, um mit einiger Sicherheit feststellen zu können, ob es sich um ihn handelt.« »A. Benning, ich wußte doch, daß Sie mir weiterhelfen würden.« »Sie sind Starling. Ich meine, Special Agent Starling. Ich wollte Sie nicht auf dem falschen Fuß erwischen. - Ich bekomme es hier teilweise mit wirklich lausigen Polizisten und lausigen Beweismitteln zu tun - es hat nichts mit Ihnen zu tun.« »Ich weiß.« »Irgendwie habe ich gedacht, Sie seien älter. Alle Mädchen - die Frauen wissen Bescheid über Sie, ich meine, eigentlich weiß es jeder, Sie sind -«, A. Benning blickte zur Seite, »etwas Besonderes für uns.« A. Benning hielt ihren kleinen, rundlichen Daumen hoch. »Viel Glück mit dem Anderen, wenn ich mir die

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