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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Mittagszeit, begannen sich sämtliche
Ermittlungsbemühungen auf ihn zu konzentrieren. In der Questura erinnerte man sich daran, daß Pazzi den Auftrag gehabt hatte, das Verschwinden von Fells Vorgänger zu untersuchen. Ein Angestellter der Questura berichtete, daß Pazzi wenige Tage zuvor eine permesso di soggiorno geprüft hatte. Fells Akte, einschließlich der Fotos, der angehängten Negative und Fingerabdrücke, war unter falschem Namen ausgetragen worden. Die Handschrift schien die von Pazzi zu sein. Italien hatte bisher seine Aktenbestände noch nicht landesweit digitalisiert, und permessos wurden noch immer auf lokaler Ebene verwahrt. Die Akten der Einwanderungsbehörde lieferten Fells Paßnummer, was in Brasilien sämtliche
Alarmglocken schrillen ließ. Aber noch immer kam die Polizei nicht auf Dr. Fells wahre Identität. Sie nahm Fingerabdrücke von den Windungen des Strangs, vom Pult, der Sackkarre und der Küche des Palazzo Capponi. Da ihr jede Menge Künstler zur Verfügung standen, war im Handumdrehen eine Phantomzeichnung von Dr. Fell angefertigt. Am Sonntagmorgen, italienischer Zeit, hatte ein Fingerabdruck-Experte in Florenz minutiös Punkt für Punkt ermittelt, daß die Fingerabdrücke auf dem Pult, dem Strang und auf Dr. Fells Küchengerätschaften im Palazzo Capponi von ein und derselben Person stammten. Der Daumenabdruck Hannibal Lecters auf dem Plakat, das im Hauptquartier der Questura an der Wand hing, blieb unbeachtet. Die Fingerabdrücke vom Tatort gingen Sonntagnacht an Interpol und erreichten zusammen mit siebentausend anderen Sets routinemäßig auch das FBIHauptquartier in Washington, D.C. Eingespeist in das automatische System zur Klassifikation von Fingerabdrücken, landeten die aus Florenz kommenden Daten einen Treffer von solcher
Größenordnung, daß im Büro des stellvertretenden Direktors des Erkennungsdienstes sofort eine Alarmglocke losschrillte. Der diensthabende Officer der Nachtschicht wurde Zeuge, als der Drucker das Konterfei und die Fingerabdrücke von Hannibal Lecter ausspuckte. Er verständigte sofort den stellvertretenden Direktor zu Hause, der wiederum den Direktor und dann Krendler im Justizministerium anrief. Mason Vergers Telefon klingelte um 1.30 Uhr. Er zeigte sich überrascht und interessiert. Jack Crawfords Telefon klingelte um 1.35 Uhr. Er stöhnte einige Male und rollte sich dann auf die quälend leere Seite des Ehebetts, wo seine verstorbene Frau Bella gelegen hatte. Dort war es kühl, und ihm schien, daß er da besser denken konnte. Starling war die letzte, die erfuhr, daß Dr. Lecter wieder gemordet hatte. Nach dem Ende des Gesprächs lag sie wach in der Dunkelheit. Aus für sie
unerfindlichen Gründen brannten ihr die Augen. Sie weinte aber nicht. Sie konnte sein Gesicht in der Dunkelheit sehen. Dr. Lecters früheres Gesicht, selbstverständlich.

KAPITEL 40
    Der Pilot des Rettungsflugzeugs weigerte sich, bei Dunkelheit auf dem kleinen, nicht gesicherten Flugplatz von Arbatax
runterzugehen. Sie landeten in Cagliari, tankten auf, warteten bis Tagesanbruch und flogen dann in einem atemberaubenden Sonnenaufgang entlang der Küste in Richtung Norden. Das Licht gab Matteos totem Gesicht einen falschen rosa Farbton. Ein Lastwagen mit einem Sarg wartete neben der behelfsmäßigen Landebahn. Der Pilot stritt um Geld. Tommaso schritt ein, bevor Carlo ihm ins Gesicht schlug. Drei Stunden in die Berge hinein, und sie waren zu Hause. Carlo wanderte allein zu der
grobgezimmerten Hütte, die er zusammen mit Matteo erbaut hatte. Alles war bereit. Die Kameras aufgebaut, um Lecters Tod zu filmen. Carlo stand unter dem Dach, das Matteo allein aufgesetzt hatte, und betrachtete sich selbst im großen Rokoko -Spiegel über dem Tierpferch. Er schaute auf die Holzbalken, die sie gemeinsam gesägt hatten. Er dachte an Matteos riesige Hände, wie sie die Säge gehalten hatten, und ein Schrei entrang sich seiner Brust, ein Schrei aus seinem gepeinigten Herzen, so laut, daß er von den Bäumen widerhallte. Mit Fangzähnen bewaffnete Fratzen tauchten zwischen dem Strauchwerk der Bergwiese auf. Piero und Tommaso, ebenfalls Brüder, ließen ihn allein. Vögel zwitscherten über der Wiese. Oreste Pini trat aus dem Haus. Mit der einen Hand knöpfte er sich den Hosenschlitz zu, in der anderen schwenkte er sein Handy. »Lecter ist euch durch die Lappen gegangen. So ein Pech aber auch.« Carlo tat so, als hätte er ihn nicht gehört. »Noch ist nicht alles verloren. Es kann noch immer

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