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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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schmeckte das Salz auf seinen Lippen. Der Sternenhimmel leuchtete über ihnen. Ein erhebender Anblick, der allerdings jäh von einem erneuten Würgen gestört wurde, denn neben ihm übergab sich ein Kaufmann geräuschvoll ins Meer. Die Gestalt kam ihm bekannt vor, aber er erkannte nicht, wer es war. Simon ging zu Claas, und gemeinsam spülten sie die letzten Holzschalen, dann erlaubte der Koch ihnen, schlafen zu gehen.
    Seite an Seite breiteten sie bei der Mannschaft unter dem Mast ihren Hudevat aus und schlüpften hinein. Simon spürte seine geschwollene Lippe und das Stechen in seiner Seite, wo Nikolas’ Tritt ihn getroffen hatte, und war dennoch seltsam glücklich.
    Er schloss die Augen und ließ sich langsam davontreiben, lauschte dem Singen der Seeleute, dem Lachen der Kaufmänner, dem leisen Zirpen einer Maultrommel, dem Schnarchen, demWind und dem sanften Schlagen der Wellen gegen den Kiel. Das Abenteuer hatte begonnen.
    ~~~
    Etwas tropfte ihm auf die Nase. Simon rieb sich die Augen, schob den Kopf ganz aus dem Hudevat   – Regen schlug ihm ins Gesicht. Es schauderte ihn, glücklicherweise hatte das Fell kein Wasser durchgelassen. Henrike hatte gute Arbeit geleistet. Schnell schlüpfte er heraus, rollte den Hudevat ein und verstaute ihn. Das Schiff schlingerte heftig. Breitbeinig ging er zum Herd, um nicht zu fallen. Claas hing über der Bordwand, aber er war nicht der Einzige, dem der Seegang zu schaffen machte.
    »Lass ihn, ist schon gut, wir schaffen das heute Morgen auch zu zweit. Musst immer den Horizont im Blick haben, dann wird dir auch nicht schlecht«, meinte der Koch und sah ihn aus rot geränderten Augen müde an.
    Gemeinsam mühten sie sich, das Feuer trotz des Regens in Gang zu halten und die erste Mahlzeit zu bereiten. Beim Austeilen war Claas wieder halbwegs einsatzfähig.
    Wer es sich leisten konnte, blieb jetzt unter Deck des Achterkastells, rare Plätze, die der Schiffer wohl an die Meistbietenden verkauft hatte. Auch Nikolas war darunter. Vermutlich hatte er diesen warmen und trockenen Platz von Simons Erbe bezahlt, während er selbst an Deck bleiben musste! Simon ging nur zu den Achtergästen, wenn er Nikolas sein Essen und Trinken bringen musste. In dem kleinen Raum war es stickig, die Stimmung angespannt. Sein Vetter saß mit einigen anderen an einem Tisch und würfelte. Nikolas sprach mit einem ihm wohlbekannten jungen Mann. Beinahe hätte er laut ausgerufen   – Liv! Was machte der denn hier? Adrian Vanderens Gehilfe trug ein feines Wams, wirkte jedoch blass um die Nase. Er war die Gestalt an der Reling gewesen, die Simon gestern Abend so bekannt vorgekommen war! Als er Simon bemerkte, wandte er demonstrativ seinen Blick ab, als würden die beiden sich nicht kennen. Was sollte das? Und warum gab er sich mit Nikolas ab? Wusste er denn nicht, was für ein Scheusal sein Vetter war? Er musste ihn unbedingt warnen.
    Es ergab sich allerdings keine Gelegenheit, mit Liv alleine zu sprechen, denn den Kaufleuten schien das schlechte Wetter auf das Gemüt zu schlagen. Während sie das Essen ausgaben, wurden die Jungen angeherrscht. Die etwas älteren Lehrjungen versuchten wiederholt, ihnen ein Bein zu stellen, und einmal fiel Claas tatsächlich der Länge nach hin. Schon war sein Herr über ihm, hieb ihm wieder mit dem Stock in die Seite, brüllte ihn an, dass er aufstehen solle. Simon bemerkte, wie sein Vetter den alten Kaufmann beifällig ansah. Doch dieses Mal trat der Kapitän dazwischen. Unnötige Grausamkeit würde bestraft, ließ er die Versammelten wissen, und wer sich nicht an die Regeln an Bord halte, den könne er ohne Weiteres beim nächsten Landgang aussetzen   – das gelte auch für Kaufleute, fügte er in aller Deutlichkeit hinzu. Simon hoffte, dass dieses Machtwort ihnen in den nächsten Wochen das Leben etwas leichter machen würde.
    Im Verlauf des Tages waren Claas und er mit Küchenaufgaben vollends ausgelastet. Gemüse putzen, Fleisch bereit machen, Holz und Wasser holen, auftragen, abtragen, abspülen. Immer, wenn Simon einen Moment Ruhe hatte, sah er den Seeleuten zu, beobachtete, wie das Lot ins Wasser gelassen und wieder herausgezogen wurde, wie der Rudergänger das Steuerruder bediente. Das schlechte Wetter machte ihm nichts aus. Während andere bereits husteten, fühlte er sich noch gesund. Die Seeluft schien seinem Körper gutzutun.
    Endlich, am Abend, sah er, wie Liv an die Bordwand ging, um seine Notdurft zu verrichten. Er tat es ihm nach, setzte sich neben ihn

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