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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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besser werfen kannst als fangen.« Henrike schmiss ihm den Ziegel in hohem Bogen zu, Adrian musste sich recken, um ihn aufzufangen.
    Der Meister grinste erneut, ging aber auf Henrike zu und packte sie mit rauer Hand im Nacken. »Na, ich glaub, dem müsst Ihr noch Einiges beibringen. Halsmuskeln wie ein Weib hat er. Hier würde er was lernen, das Bürschchen«, sagte er und rüttelte ihren Kopf hin und her.
    Wie lange wollte Adrian sich das noch anschauen? Andererseits hatte sie es ja nicht anders gewollt. Henrike biss die Zähne zusammen; da wandte sich der Kaufmann seinem Pferd zu, und der Meister ließ von ihr ab.
    »Ich werde erst einmal sehen, was ich selbst ausrichten kann. Zur Not kann ich ihn ja immer noch zu Euch schicken. Und jetzt komm, Liv, wir müssen weiter!«
    Henrike ließ sich nicht weiter bitten und ging hastig zu ihrem Pferd.
    »Der geht ja, als ob er ’nen Schiss in der Hose hat«, hörte sie eine junge Stimme hinter sich.
    Als sie einen finsteren Blick über die Schulter warf, sah sie, wie sich der Lehrjunge für die freche Bemerkung von einem gutmütig lachenden Gesellen eine Ohrfeige einfing.
    Henrike suchte sich einen Felsbrocken als Trittstein und stieg auf den Rücken des Pferdes, dann ritten sie davon. Das erste Stück des Weges schwieg sie wütend. Sobald sie außer Sichtweite war, drückte sie ihrem Pferd die Hacken in die Flanken und preschte davon. Schnell verdrängten die Glücksgefühle beim Reiten ihren Ärger. Überrascht stellte sie fest, dass sie das Pferd zu einer sanften Biegung des Flusses geführt hatte, an der sie oft mit Simon gewesen war, und saß ab. Adrian tat es ihr nach und band einen Beutel vom Sattel.
    Henrike riss unbeherrscht einige Schilfblätter ab. »Ihr hättet mich ruhig etwas beherzter verteidigen können«, sagte sie vorwurfsvoll.
    Adrian lachte und knüpfte den Beutel auf. Obgleich Margarete mit ihrem Ausflug nicht einverstanden gewesen war, hatte sie ihnen offenbar eine Brotzeit eingepackt. Henrikes Blick blieb daran hängen. Sie spürte ein nagendes Gefühl in ihrem Magen, denn sie hatte seit dem frühen Morgen nichts mehr gegessen. Der Kaufmann reichte ihr einen Wasserschlauch. Henrike trank gierig, fühlte, wie das Nass über ihr Gesicht rann, und machte sich nichts daraus. Heute war alles anders, heute war sie frei. Adrian betrachtete sie und strich ihr dann zart mit der Hand die Wassertropfen vom Kinn. Henrike brachte diese Berührung völlig durcheinander. Sie wusste nichts zu sagen, spürte nur dasHämmern ihres Herzens. Dort, wo seine Hand ihr Gesicht berührt hatte, schien ihre Haut zu glühen. Adrian hatte seine Mütze abgesetzt, seine Haare glänzten schwarz im Sonnenlicht, seine Wangen und Lippen waren gerötet.
    »Wenn ich Euch verteidigt hätte, wäre Eure Verkleidung gleich aufgeflogen. Nein, wenn Ihr Euch in der Männerwelt bewegen wollt, müsst Ihr auch nach ihren Regeln spielen«, sagte er.
    Henrike strich sich durch die Haare. Aus ihrem Zopf hatten sich zahlreiche Strähnen gelöst. Sie musste wild aussehen.
    »Die Regeln der Männerwelt gefallen mir manchmal nicht besonders«, gab sie zurück.
    Adrian lachte leise. »Das ist doch eigentlich eine gute Nachricht, schließlich seid Ihr eine Frau.«
    Er setzte sich auf einen Findling. Die Wiese war, obwohl es ein sehr warmer Frühlingstag war, noch feucht. Adrian zückte seinen Dolch und schnitt Scheiben von Brot, Käse und Wurst ab. Auch Henrike ließ sich auf einen Stein sinken und bediente sich. Eine Weile aßen sie schweigend, beobachteten die Bachstelzen, die über das Wasser glitten, und die ersten Libellen. Sie überlegte, ob sie etwas sagen sollte, aber sie lauschte gerne den Lauten der Natur, und Adrian schien es ebenso zu gehen. Es war selten, dass man einen Menschen traf, mit dem man genauso gut reden wie schweigen konnte. Auch, wenn sie natürlich neugierig war, was Adrian anging. Henrike stand auf und pflückte Gänse- und Leberblümchen. Als sie sich wieder zu ihm setzte, begann sie, Schilfblätter und Blumen ineinanderzuflechten.
    »Woher wusste Tale von Bardewich so viel über Euch und Eure Familie?«
    »Ihr Kaufmannsgehilfe Amelius muss ihr von meinen Schwestern erzählt haben. Das ist eigentlich typisch. Wir Kaufleute handeln nicht nur, wir sammeln auch beständig Informationen. Je mehr wir über unsere Geschäftsfreunde wissen, umso besserkönnen wir sie einschätzen und umso besser gelingen die Geschäfte.«
    Henrike überlegte. »Letztlich geht es also unter Kaufleuten

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