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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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prüfend an, rang sich dann aber zu einer Zustimmung durch.
    Sie machten einen Bogen um die Menschen vor dem Krug, in dem das Bier aus der Spitalbrauerei ausgeschenkt wurde, gingen an der Front der Kirche vorbei und bogen nach den angrenzenden Kornhäusern ab. Der Weg senkte sich Richtung Wakenitz und verlief ein ganzes Stück parallel zu dem weitläufigen Gebäudekomplex. Schließlich hatten sie das Ochsentor erreicht. Hier waren der Eingang zum Krankentrakt und der Pilgerherberge. Sie fragten sich durch und wurden schließlich zum Meister gebracht. Der führte sie durch eine Halle. In der Mitte bildeten Holzwände schmale Nischen. Leises Stöhnen und Beten waren zu hören. Es roch nach menschlichen Ausscheidungen und Weihrauch. Der Meister ging so zügig, dass sie sich eilen mussten, ihn nicht zu verlieren. Im Vorbeigehen spähte Henrikein Nischen, in denen Alte und Kranke lagen. Sie wurden von Beginen aus dem benachbarten Konvent versorgt. Am Rande des Saales schüttete das Hausgesinde Stroh auf.
    »Der Strom des Hilfsbedürftigen reißt nicht ab. Wir werden in den nächsten Tagen mehr zu tun bekommen, als uns lieb ist«, sagte der Meister.
    »Alle kommen, um den Kaiser zu sehen?«, fragte Simon. Der Meister sah ihn mit einem Anflug von Abscheu an.
    »Wenn es nur das wäre!«, knurrte er. »Sie kommen, um sich gottlos zu gebärden. Sie wollen die Spielleute bei ihren Possen begaffen, die hohen Herren bei dem Turnier. Saufen, Raufen und Schlimmeres. Verletzt und krank vom Suff landen sie in der Gosse   – und schließlich in den Spitälern der Stadt. Der Herr verzeih mir, aber ich bin froh, wenn diese Festivitäten vorbei sind!« Sie hatten einen Gang erreicht, in dem sich Tür an Tür reihte. Als er weitersprach, hatte sich der Meister wieder im Zaum.
    »Euer Mann ist hier untergebracht und nicht in einer der Kojen. Das habt Ihr dem verehrten Herrn Vresdorp und seinen Verbindungen zu Jacob Plescow, dem Bürgermeister und Vorsteher des Heiligen-Geist-Hospitals zu verdanken, Eurem Fürsprecher«, sagte er und machte sich davon.
    Adrian öffnete eine schmale, schlichte Kammer. Auf einer Bettstatt lag ein Mann. Alles an ihm schien die Farbe verloren zu haben. Die obere Hälfte seines Gesichtes war von einem Verband verdeckt, sein weißes Haar ragte an den wenigen frei gebliebenen Stellen heraus. Die Haut war totenbleich. Adrian Vanderen trat an sein Lager. Das unversehrte Auge des Kranken ging auf, es schimmerte wässrig.
    »Habt Dank, Ihr habt mir das Leben gerettet«, sagte Bosse Matys mit schwacher Stimme. Der Kaufmann murmelte etwas, das Henrike nicht verstehen konnte. Der Alte griff nach seiner Hand, zog ihn näher. »Wenn der Herr mich holt, bin ich bereit. Ich habe meine Sünden gebüßt. Betet dreißig Paternosteram Tag, wie es hier Sitte ist. Denn Gott hat mich bestraft.« Er schluckte schwer, Adrian reichte ihm einen Becher mit Wasser. »Die anderen haben recht«, fuhr er fort. »Der Tod wäre eine Gnade für mich. Ich bin ein Greis. Ich habe mein Auge verloren. Nie mehr werde ich Schiffer sein können.« Adrian Vanderen sprach auf den Verwundeten ein, aber die jungen Leute konnten seine Worte nicht verstehen.
    Die Geschwister zogen sich zurück. Sie sollten nicht hier sein, diese Angelegenheit ging sie nichts an. Sie setzten sich auf eine abgewetzte Bank im Gang. Henrike schwieg betroffen, Simon sah seinen Beinen beim Baumeln zu. Es dauerte eine Weile, bis Adrian die Kammer wieder verließ. Henrike hatte erwartet, dass er niedergeschlagen sein würde, doch stattdessen machte er einen aufgeräumten Eindruck.
    »Mein Koch ist woanders untergebracht, einige der Matrosen konnten das Hospital schon wieder verlassen. Ich werde sie später ausfindig machen«, sagte er.
    »Aber Euer Schiffer   ...«, begann Henrike.
    »Ich habe ihm gesagt, dass er mit Leib und Seele Kapitän ist   – ob mit einem Auge oder zweien. Solange er noch so kräftig ist, ist er kein Greis! Bosse wird wieder gesund werden. Danach wird er die Cruceborch zurück nach Brügge bringen, oder dorthin, wo sie gebraucht wird. Außerdem schuldet er mir noch eine Geschichte«, sagte er lächelnd. Ernster fügte er hinzu: »Ich würde nun gern ein Dankgebet sprechen.«
    Henrike und Simon gingen mit ihm in die Kirche, die zu dem Hospital gehörte. Das dreischiffige, lichte Gebäude wurde von imposanten Wandgemälden bestimmt. An der Nordseite waren Christus auf seinem Thron mit der heiligen Maria zu sehen sowie kreisförmige Bilder mit den

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