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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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Gesichtern der Gründer des Hospitals. Henrike suchte das Abbild des Ratsherrn Bertram Morneweg, des ersten Stifters des Hospitals. Sie wusste, dass auch ihr Vater darüber nachdachte, seinen Reichtum für eineKirchen- oder Armenstiftung einzusetzen, auch liebäugelte er mit einer Pilgerfahrt. Eine Entscheidung hatte er jedoch noch nicht gefällt. Er hatte ja auch noch Zeit genug, stand in der Blüte seiner Jahre, wie sie fand. Adrian Vanderen kniete sich auf die Erde, faltete die Hände und senkte sein Haupt. Henrike und Simon taten es ihm gleich. Es gab vieles, wofür auch sie dankbar sein konnten.
    ~~~
    »Allerdurchlauchtigster großmächtigster Kaiser, allergnädigster Herr   ... Eure Untertanen zu Lübeck sind hoch erfreut   ... Euer kaiserliche Majestät   ... unseren allergnädigsten Herrn   ... in aller Untertänigkeit   ... demütig   ... empfangen   ...«
    »Johan, etwas flüssiger, bitte! Hartwig, der Baldachin hängt schon wieder auf deiner Seite!«
    »Aber   ... ich   ...«
    »Obacht!«
    Es krachte und schepperte. Einen Moment war Stille. Henrike ließ ihre Zurückhaltung fahren und trat aus dem Windfang in die hohe Diele. Hatte ihr Vater nicht gesagt, er bekomme außer Herrn Vanderen noch weiteren wichtigen Besuch? Was war stattdessen los? Die Katzen drängten sich fluchtartig zwischen ihren Füßen hindurch, hinaus aus dem Zimmer und weg von seinem Lärm.
    Die hohe Diele bot ein ungewohntes Bild. In der Mitte des Raumes lag ein breites, golddurchwirktes Tuch. Darunter waberte und zuckte es, Holzstöcke standen ab wie staksige Beine von Spinnen. Aus mehreren Kehlen war erbittertes Schimpfen zu hören. Der Oberkörper ihres Vaters war halb unter dem schweren Tuch verborgen, nur sein Hinterteil ragte heraus. Ein alter, zierlicher Herr mühte sich vergeblich, das Tuch zu heben; es war Ratsherr Lange. Adrian Vanderen, der inzwischenneben Henrike getreten war, räusperte sich vernehmlich. Ihr Vater befreite sich von dem Tuch und half Lange, wieder auf die Beine zu kommen. Ein weiterer Mann   – Ratsherr Hermanus von Osenbrügghe   – und ihr Onkel Hartwig krochen nun auch unter dem Tuch hervor. Der stellvertretende Bürgermeister Johan Perceval stand etwas abseits, war aber offenbar auch von dem Baldachin gestreift worden   – zumindest fluchte er heftig, während er seine Kleidung zurechtrückte. Sie war aus hellgelbem und gemustertem Stoff gefertigt und wirkte auf Henrike übertrieben bunt, obwohl sie sicher teuer gewesen war. Auch die anderen, sonst so würdigen Herren wirkten zerzaust. Ihr Haar war verstrubbelt, die Kleidung saß schief, Hemdzipfel hingen aus ihren Hosen. Simon kicherte, und auch Henrike zog ein Lächeln über das Gesicht. Sie warf Adrian einen schnellen Blick zu, der ebenfalls erheitert wirkte, dann biss sie sich auf die Lippen. Die Patrizier blickten sie ebenso überrascht wie ungehalten an.
    »Wieso seid ihr schon hier?«, fragte ihr Vater. »War denn die Tür nicht zugesperrt?«
    »Wir sind gerade aus dem Hospital zurück. Ich habe merkwürdige Geräusche gehört und wollte nur nachschauen   – ich konnte ja nicht ahnen   ...«, sagte Henrike und versuchte erneut ein Kichern zu unterdrücken. Es war zu komisch, die ehrwürdigen Herren so zu sehen. Ihr Vater zuckte unbeholfen mit den Schultern.
    »Das war nicht so geplant. Nun ja, es ist, wie es ist. Wir üben für die Prozession, aber dieser verdammte   – entschuldigt   –, dieser Baldachin ist wirklich zu unhandlich! Wenn ich mir vorstelle, dass der Kaiser und die Kaiserin unter diesen Baldachinen reiten sollen! Wie sollen wir ihn nur halten, ohne dass er ihnen auf den Kopf fällt?«
    Henrikes Mundwinkel hoben sich wieder. Der Mann, der erfolgreichen Handel mit zig Geschäftspartnern in zahlreichen Ländern trieb, der mit unterschiedlichen Währungen und Gewichten jonglieren konnte, kam mit einem einfachen Baldachin nicht klar!
    Konrad Vresdorp stützte die Hände in die Hüften. »Also, noch mal«, forderte er seine Mitstreiter auf.
    »Können wir helfen?«, fragte Henrike. Ihr Vater überlegte nur kurz.
    »Nun gut, helft, den Baldachin wieder aufzurichten, dann sehen wir weiter.« Die anderen Männer stimmten zu. Solange sie sich einen Moment lang nicht mit dem Baldachin plagen mussten, schien ihnen alles recht zu sein.
    Während Henrike und Simon sich daranmachten, den Haufen zu entwirren, stellte Konrad Vresdorp seinen Gast den anderen Patriziern vor. Die Männer griffen zu Knapknoken, kleinen Knabbereien,

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