Hansetochter
Waidpflanze, die im niederrheinischen Gebiet und in Thüringen angebaut wurde und die für den schönen blauen Farbton sorgte.
»Was für ein Motiv soll es auf diesem Gürtel werden?«, fragte sie, als sie geendet hatte.
Katrine lächelte. »Das wirst du noch früh genug sehen. Sei nicht so neugierig!«
Da krachte die Tür ins Schloss. Katrine zuckte derart zusammen, dass der Stickrahmen zu Boden fiel. Es waren jedoch nur die Mägde, die lachend und polternd große Holzdauben hereinbrachten. Das Schlachtfest wurde vorbereitet, und im Gutshaus ging es fröhlich zu. Alle kümmerten sich fürsorglich um Katrine. Jeder hoffte, dass die Vergewaltigung keine Folgen haben würde, aber es würde noch eine Weile dauern, bis sie Gewissheit hatten. Man sah Katrine nichts an, ihre Verletzungen waren seelischer Art. Am wohlsten fühlte sie sich in der vertrauten Gesellschaft des Hofgesindes, und die Mägde hielten ihr, egal, wie viel zu tunwar, überall einen Platz frei. Nun kamen auch Sasse und Hem herein, verschlossen die Türen und Fensterläden. Ihr Verhalten mahnte daran, dass die Welt draußen nicht so friedlich war wie im Gutshaus.
Henrike reichte der Freundin den Stickrahmen. »Es ist alles gut. Wir sind bei Asta sicher«, sagte Henrike.
Katrine nahm die Stickarbeit wieder auf, aber die Nadel zitterte zwischen ihren Fingern derart, dass sie keinen Stich setzen konnte.
»Ich weiß«, sagte sie mit dünner Stimme.
~~~
Ein schrilles, fast menschenähnliches Schreien. Ein Platschen. Das Blut des Schweins pumpte auf die Wiese, wischte dampfend den Raureif von den Halmen, tunkte grüne Büschel in einen roten See. Eine Magd schob einen Eimer unter die klaffende Wunde im Hals des Schweines, um das Blut aufzufangen. Zwei Knechte hängten das Tier zum Ausbluten auf, während Hem mit einer Fackel die Borsten absengte. Sogleich wurden die Eimer in die Küche getragen, wo die Köchin das Blut verarbeiten würde. Die Mägde machten die Pökellake bereit. Henrike und Katrine mischten Gewürze, Salz und Honig, mit dem die Schinken eingerieben werden sollten. Henrike war froh, dass sie inzwischen wieder leichte Arbeiten übernehmen konnte, auch wenn ihre Brüche und Prellungen noch immer nicht verheilt waren.
Gerade wurde das Messer erneut gewetzt, um das Schwein zu zerteilen, als ein Reiter auf den Hof preschte. Katrine wurde kalkweiß und drückte sich ängstlich näher an Henrike heran. Angespannt und mit wild klopfendem Herzen beobachtete diese, was vor sich ging. Mit einem Sprung saß der Reiter ab.
»Kümmere dich um das Pferd!«, forderte er Hem harsch auf. Als es ihm nicht schnell genug ging, versetzte er dem untersetzten Knecht und Schreiber einen Schlag mit seiner Peitsche. Asta gebot dem Mann mit einem scharfen Ruf Einhalt. Knurrend schossen die Hunde auf ihn zu.
»Was fällt Euch ein? Was wollt Ihr hier?«, verlangte Henrikes Tante zu wissen.
Der Mann warf den Hunden einen kurzen Blick zu, zog die Peitsche langsam über seine Handfläche. Er trug die feine Kleidung der Städter und einen gefährlichen Ausdruck in seinem pockennarbigen Gesicht.
An Asta, die trotz der Kälte nur ein einfaches Kleid und keine Schuhe trug, blickte er abfällig herab und sagte: »Ich bin Dietrich Grapengeter, der neue Verwalter dieses Gutes. Und Ihr werdet diesen Hof sofort verlassen.«
Unbeeindruckt sah die Gutsherrin ihn an. »Das werde ich nicht. Ihr habt kein Recht, mich abzulösen.«
Der Mann zog einen aufgerollten Brief aus dem Wams und hielt ihn ihr hin. Als Asta langsam näher kam und schließlich danach greifen wollte, ließ er ihn einfach auf den Boden fallen.
»Wollt Ihr ihn nicht aufheben? Es ist ein Brief von Hartwig Vresdorp, Eurem neuen Herrn«, sagte er und entblößte seine Zähne triumphierend.
Asta legte die Hände damenhaft zusammen und lächelte fein. »Ihr irrt. Hartwig Vresdorp ist nicht mein neuer Herr. Zufällig kenne ich das Testament Konrad Vresdorps. Er hat verfügt, dass ich den Hof führen werde, bis seine Erben volljährig sind und einen neuen Verwalter bestimmen. Bis dahin ist es noch weit.«
Der Mann trat auf Asta zu, seine Peitsche zornig gegen die Oberschenkel schlagend. Henrike spürte, wie Katrine sich zurückziehen wollte, und nahm ihre Hand. Noch waren sie in Sicherheit. Die Knechte würden nicht zulassen, dass ihrer Herrin etwas geschah. Sie bildeten einen Halbkreis um die beiden, auch ihre Hunde scharten sich um sie, die Rute aufgerichtet, das buschige Nackenfell gesträubt.
»Hartwig
Weitere Kostenlose Bücher