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Happy birthday, Türke!

Happy birthday, Türke!

Titel: Happy birthday, Türke! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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nicht.
    Ich steckte Geld in den schmalen Schlitz, drückte einen roten Knopf und drehte mich um. Der Flipper polterte ›oh, yes‹. Das Mädchen mit dem Teller voll Huhn sah kurz auf und warf einen ungläubigen Blick durch den Saal. Ich schoß die Kugel in das blinkende Lichtermeer, sie bollerte durch Gummi und Plastik. Ich ließ sie rollen und ging zu dem Mädchen ohne Appetit.
    »Tschuldigung, darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    Sie schaute mich an, als hätte ich Mundgeruch: »Muß das sein?«
    »Nur kurz, ich habe für Sie eine Nachricht von Ahmed… er ist nicht tot«, flüsterte ich.
    Es war mit verbundenen Augen ins Schwarze getroffen.
    Man hätte eine mittelgroße Wassermelone in ihren aufgerissenen Mund schieben können. Ich fühlte mich wie ein Lottoschein mit sieben Richtigen.
    »Ja… ja… setzen Sie sich bitte…«, stotterte sie und rückte mir einen Stuhl zurecht.
    »Wer sind Sie? Und… was reden Sie da?«
    Ich setzte mich umständlich und überlegte fieberhaft, was nun folgen könnte.
    »Ich bin ein Freund von Ahmed. Er hat mich gebeten, Ihnen etwas zu überbringen.«
    Ich schaute mich um. Zum Glück saß jemand am Nebentisch.
    »Ich erkläre Ihnen alles, aber nicht hier. Wissen Sie einen Ort, wo wir ungestört sind?«
    »Natürlich, ja… wir können zu mir gehen, das ist nicht weit, aber… gut, gehen wir, ich bin ein bißchen durcheinander… wissen Sie, es ist…«
    »Schon gut«, unterbrach ich sie, »zahlen wir und gehen.«
    Ich winkte dem Kellner, verlangte die Rechnung und erinnerte mich, ich hatte meine letzten zwei Mark in den Flipper geworfen.
    »Tschuldigen Sie, ich habe mein Geld vergessen, könnten Sie mir Kaffee und Scotch auslegen?«
    »Natürlich.«
    Während der Kellner die Rechnung brachte, suchte sie nervös in einem Stück Krokodil nach ihrem Geldbeutel. Sicherlich wäre der Kellner gerne ein »Hat es Ihnen geschmeckt« losgeworden. Statt dessen betrachtete er kummervoll den unberührten Teller und ließ den Eindruck entstehen, er sei persönlich getroffen. Natürlich war es ihm schnurzegal. Seinem mageren Körper nach zu urteilen, mochte er die triefenden Hühnerkeulen selbst nicht besonders. Endlich fand sie ihr Geld und fischte mit zittriger Hand einen Zwanzigmarkschein aus der Börse.
    »Mein Kaffee mit Scotch kommt noch dazu.«
    Kurz huschte Verwunderung über seine Augen. Er hielt mich ohne Zweifel für einen Freier und war erstaunt über eine Dirne, die ihre Kundschaft zum Kaffee einlud.
    Während er das Geld wechselte, holte ich meine Zigaretten und schüttete den inzwischen lauwarmen Whisky hinunter. Als ich zurückkam, steckte sie gerade Münzen und Scheine in die Börse. Ich hatte Ahmed Hamuls Freundin in kürzester Zeit ohne Hilfe gefunden und kam mir gut vor. Daran muß es wohl gelegen haben. Ich sah ohne Erstaunen zu, wie sie vierzehn Mark Wechselgeld einstrich.
    Die Tür von HEINIS HÜHNERPFANNE fiel zu, und wir standen auf der Straße. »Ich wohn hier im Haus«, meinte sie und stieß zwei Meter weiter eine vergammelte Haustür auf. Eine flackernde Neonröhre beleuchtete schwach das Treppenhaus. Stumm ging sie vor mir die Stufen hinauf. Wahrscheinlich beschäftigten sie viele Fragen, und sie wußte nicht, wo und wie sie anfangen sollte. Mir war das nur recht. Ich hätte sowieso keine Antwort gewußt.
    Im zweiten Stock angelangt, erfuhr ich ihren Namen. Er stand in handgeschriebenen Druckbuchstaben über dem Klingelknopf. HANNA HECHT . Hanna Hecht schloß die Tür auf und knipste das Licht an. Wir standen in einem winzigen Vorzimmer auf weißem Flokati. Abgesehen von einem blauen Telefon stand das Zimmer leer. Der rosa Lampion an der Decke schaffte schummeriges Halbdunkel. Man hatte das Gefühl, in lauwarmem Kakao zu schwimmen.
    Es gab zwei Türen. Eine mußte in den Schlaf- und Arbeitsraum von Hanna Hecht führen. Sie öffnete die andere, die private.
    Vier Mauern, an denen sich Kochecke, Spüle und Ikeamöbel reihten. An der Tapete hingen Pferdebilder, ein rosa-beiges Plakat mit Herzchen und tanzenden Kindern und die sauberen Köpfe irgendeiner Popgruppe. Das Regal in der Ecke war gefüllt mit Setzkastenkleinkram, Pferdebüchern und einem Radiowecker. Alles Habseligkeiten eines Cola gurgelnden Teenagers, weniger die einer fixenden Dirne.
    »Setzen Sie sich. Wollen Sie was trinken?«
    »Gerne.«
    »Ich hab Martini und Wodka.«
    »Ein Wodka war schön.«
    »Eis?«
    »Gerne.«
    Während sie den Kühlschrank aufmachte und Eis klopfte, konnte ich sie genauer

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