Happy birthday, Türke!
die Quere? Die Aktenhengste der Türkischen Botschaft würden kaum in vollendeter Gangstermanier einen halben Abend im Auto rumgammeln, nur um mir dann einen saftigen Schrecken einzujagen.
Oder vielleicht doch?
Um mir darüber klarzuwerden, mußte ich endlich wissen, ob Ahmed Hamul irgendwie politisch aktiv gewesen war. Ich trank den Kaffee aus und lief hinüber zu den rausgerissenen Klingelknöpfen.
Mutter Ergün öffnete mir die Tür im grün-braun gestreiften Frotteebademantel, unter dem zwei schwammige, gelbe Füße hervorschauten. Die Zehennägel hatten eine eitrige Farbe. Sie war so überrascht wie erwartet, entschuldigte sich für ihre häusliche Aufmachung und bat mich offensichtlich nur ungern in die Wohnung.
Es roch nach aufgebackenen Brötchen, und irgendwo blubberte eine Dusche. Sie führte mich in die Küche. Zwei saubere Teller warteten aufs Frühstück.
»Yilmaz ist schon arbeiten gegangen, und Ilter ist auf dem Amt, wegen der Beerdigung. Ich wollte gerade mit Ayse frühstücken. Möchten Sie einen Kaffee?«
Und wie ich mochte! Noch mehr hoffte ich, sie würde mir auch eins der dampfenden Brötchen anbieten. Um diesen Wunsch dezent zu äußern, hätte ich am liebsten mit dem Magen geknurrt. Statt dessen fragte ich: »Könnte ich bei der Gelegenheit einen Moment mit Ihrer Tochter Ayse sprechen?«
Yilmaz Ergün hatte mir zwar deutlich zu verstehen gegeben, ich könne das bis auf weiteres nicht, aber er war weg, und seine resoluten Sprüche wurden, soweit ich das einschätzen konnte, ohnehin vom Rest der Familie nicht getragen.
Trotzdem war ihr die Antwort sichtlich unangenehm. Ihre Worte schleppten sich nur mühsam von den Lippen.
»Ja, wenn sie kommt… können Sie mit ihr reden.« Langsam gewann ich die Überzeugung, die arme Ayse mußte Syphilis haben. Die Mutter goß mir Kaffee ein und setzte sich gegenüber an den Tisch.
»Mir sind seit gestern noch eine Menge Fragen eingefallen, deshalb platze ich schon so früh herein. Ehrlich gesagt, ich habe noch nicht viel über ihren Schwiegersohn herausbringen können. Bisher sind alles nur Vermutungen, doch vielleicht können Sie mir weiterhelfen.«
Mein sehnsüchtiger Blick hing schon eine Weile am duftenden, goldgelben Brötchenkorb. Sie mußte es gemerkt haben, denn als ich verstummte, sagte sie schnell: »Wenn Sie essen wollen, bitte.«
Ich legte ein bißchen Höflichkeit vor und meinte: »Nein, nein, ich werde Ihnen doch nicht das Frühstück wegessen.«
»Bitte, nehmen Sie. Es ist genug da.«
»Na ja, dann schmier ich mir mal was.«
Ich schnitt die knusprige Semmel in zwei Teile, ließ Butter und Marmelade darüber fließen und versuchte, ohne Gier zu kauen. Langsam breitete sich die Semmel wohligwarm in meinem Magen aus.
»In erster Linie interessieren mich Sachen aus Ahmeds Vergangenheit. Ob er politisch in irgendeiner Richtung aktiv gewesen ist, ob er als Mitglied bei einer Partei oder Gruppierung gearbeitet hat. Wenn, müßte ich wissen, was er in diesem Zusammenhang alles gemacht hat.«
Sie war einigermaßen überrascht.
»Aber Ahmed hat nie etwas mit Politik gemacht.«
Jetzt erst merkte ich, wieviel Hoffnung ich in diese Vermutung gesetzt hatte, ohne den kleinsten Anhaltspunkt zu besitzen. Wie wenn man den ganzen Abend lang in der Kneipe sitzt und an einem genau konstruierten Bierdeckelhaus baut; gerade wenn man den letzten Pappdeckel drauflegen will, kommt irgendein Fettwanst, torkelt gegen den Tisch und grummelt eine Entschuldigung. Man sitzt vor dem zusammengestürzten Haufen und möchte dem Trottel den Kiefer brechen.
»Ah, ja, das dachte ich mir schon.«
Es ist keine gute Reklame für einen Privatdetektiv, wenn er zugibt, seine analytischen Fähigkeiten seien mehr oder weniger unterentwickelt. Jetzt blieb nur noch der Dealer übrig.
»Sie haben gestern erzählt, Ahmeds ungeregeltes Leben begann etwa vor zwei Jahren. Können Sie sich an einen besonderen Vorfall seit dieser Zeit erinnern? Zum Beispiel ein überraschender Besuch oder ungewöhnlich viel Post für Ahmed aus der Türkei?«
Sie schlürfte ihren Kaffee und sagte nichts.
»Wissen Sie, daß Ihr Schwiegersohn mit Heroin gehandelt hat?«
Sie nickte stumm. Still war es in der Küche. Die ersten Sonnenstrahlen glitten durch die Scheibe und warfen dunkle Schatten auf das Gesicht der Mutter. Nach einem kräftigen Schluck Kaffee räusperte sie sich und begann zu erzählen.
»Natürlich wußte ich es. Alle wußten es. Nur Ilter hat den Lügen von Ahmed
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