Happy End auf Sizilianisch
Widerworte”, fiel sie ihm ins Wort. “Oder willst du etwa erfrieren?”
Nachdem er widerwillig ihre Anweisung befolgt hatte, konnten sie sich auf den mühsamen Rückweg begeben.
In Angies Kopf kreisten eine Vielzahl von Fragen. Wie lange mochte Bernardo schon zu Fuß durch die Nacht geirrt sein? Und was hatte ihn überhaupt bewogen, sich bei diesem Wetter auf den Weg zu machen?
Wohlweislich beschloss sie, ihn später danach zu fragen, denn sie spürte genau, dass er mit seinen Kräften am Ende war.
Der Weg, den sie einschlugen, führte an Angies Haus vorbei, doch als sie die Tür aufschließen wollte, sträubte sich Bernardo. “Ich gehe zu mir”, sagte er barsch.
“Kommt nicht infrage”, widersprach Angie entschieden. “Dein Knöchel muss unbedingt behandelt werden, und zwar in meiner Praxis.”
Bernardo war zu schwach, um zu widersprechen. Doch statt ins Behandlungszimmer führte Angie ihn ins Wohnzimmer, wo sie ihm die Winterjacke auszog und ihn aufforderte, sich aufs Sofa zu legen, während sie ihm ein großes Glas Brandy einschenkte.
“Damit du wieder auftaust”, erklärte sie, während sie ihm den hochprozentigen Schnaps reichte.
Als sie mit einem Frotteebademantel aus dem Schlafzimmer zurückkam, hatte Bernardo das Glas bereits ausgetrunken.
“Es wird höchste Zeit, dass du aus deinen nassen Sachen rauskommst”, forderte Angie ihn unverblümt auf, sich auszuziehen. “Während du dir den Bademantel überziehst, hole ich dir noch einen Brandy aus der Küche.”
Sie ließ sich bewusst mehr Zeit, als sie gebraucht hätte, und als sie ins Wohnzimmer kam, lag Bernardo umgezogen auf dem Sofa. “Wie lange bist du dort draußen herumgeirrt?”, fragte sie, während sie seinen Knöchel untersuchte.
“Ich weiß es nicht genau”, erwiderte Bernardo matt. “Sicherlich mehrere Stunden.”
“Und wann bist du umgeknickt?”
“Schon nach wenigen Metern.”
“Du hast Glück im Unglück gehabt”, sagte Angie. “Der Knöchel ist nur verstaucht. Trotzdem hättest du nicht weiterlaufen dürfen. Warum hast du mit deinem Handy nicht jemanden zu Hilfe gerufen?”
“Ich wollte so schnell wie möglich nach Montedoro”, erwiderte Bernardo gereizt. “Warum, weiß ich selbst nicht mehr”, kam er ihrer Frage zuvor.
“Und woher stammen die Verletzungen im Gesicht?”
“Ich bin gestürzt und konnte mich bei der Glätte nicht halten”, erklärte er und hob seine Hände, die voller Schürfwunden waren.
Augenblicklich begann Angie, Bernardo gründlich zu untersuchen, doch glücklicherweise stellte sich heraus, dass er vergleichsweise glimpflich davongekommen war.
Während sie ihm die Wunden auswusch und desinfizierte, beobachtete sie, dass ihm immer wieder die Augen zufielen, bis er schließlich einschlief.
Leise ging sie in die Küche, um etwas Warmes zu essen zu machen. Während sie am Herd stand, sah sie sich mehrfach um und in Bernardos entspanntes Gesicht. So entschieden er sich jede Nachfrage nach dem Grund seines überstürzten Aufbruchs aus Palermo auch verbeten hatte, stand für Angie zweifelsfrei fest, dass er sie nicht hatte alleinlassen wollen.
Eine andere Erklärung dafür, dass er die Strapazen des Fußmarsches auf sich genommen hatte, anstatt umzukehren und sich von seinen Brüdern abholen zu lassen, gab es nicht, und diese Gewissheit erfüllte Angie mit einem unerwarteten Glücksgefühl.
Es konnte kein Zufall sein, dass in diesem Moment das Telefon klingelte und Baptistas Anruf ihre Annahme indirekt bestätigte.
“Ich versuche die ganze Zeit, Bernardo zu erreichen”, erklärte die Jubilarin aufgeregt. “Als sich heute früh selbst im Tal der Himmel bezog, war er nicht davon abzubringen, nach Montedoro zurückzufahren.”
“Er ist vor einer Stunde bei mir angekommen”, erwiderte Angie und verzichtete bewusst darauf, Baptista die ganze Wahrheit über Bernardos Zustand zu berichten.
“So spät?”, fragte Baptista verwundert.
“Er musste die letzten Kilometer laufen, weil sein Wagen in einer Schneewehe stecken geblieben ist.”
“Hauptsache, ihm ist nichts passiert”, sagte Baptista erleichtert. “Und da ich ihn nun in besten Händen weiß, kann ich endlich schlafen gehen. Gute Nacht, Angie, und viel Erfolg.”
“Gute Nacht, Signora Martelli”, verabschiedete sich Angie. “Und ehe ich es vergesse: herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.”
Lächelnd legte sie den Hörer zurück, als sie Geräusche aus dem Wohnzimmer hörte. Bernardo war aufgewacht und rieb sich
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