Happy End auf Sizilianisch
die Augen. “Ich werde jetzt lieber nach Hause gehen.”
“Hier geblieben”, widersprach Angie bestimmt. “Ich habe dir eine Suppe gekocht.”
Ohne Widerworte nahm er den Teller, den Angie ihm aus der Küche holte, und aß die Suppe mit großem Appetit. Was Angie nicht wunderte, denn sie wusste mittlerweile, dass er seit dem Frühstück keine Mahlzeit mehr zu sich genommen hatte.
Genauso wenig wunderte es sie, dass er in der kurzen Zeit, in der sie den Abwasch machte, eingeschlafen war. Sie holte eine Decke aus dem Schlafzimmer, die sie über ihm ausbreitete, bevor sie selbst ins Bett ging. Vorsichtshalber ließ sie jedoch die Tür offen, und als sie im Dunkeln unter ihrer Decke lag, konnte sie hören, dass sein Atem ruhig und gleichmäßig ging.
Mitten in der Nacht wurde Angie durch ein eigentümliches Geräusch geweckt. Ohne das Licht einzuschalten, stand sie auf und ging ins Wohnzimmer. Sie ahnte in der Dunkelheit, dass jemand im Raum herumirrte.
Als sie nach dem Lichtschalter tastete, spürte sie unvermittelt eine Hand, die sich um ihren Nacken legte, dann einen muskulösen Körper, der sich an sie lehnte, als suche er Halt.
“Was machst du in meinem Haus?”, fragte Bernardo verwirrt. “Und warum kann ich mein verdammtes Bett nicht finden?”
“Ich bringe dich hin”, sagte Angie leise und führte ihn in ihr Schlafzimmer. Im Halbschlaf schien er es für das Normalste von der Welt zu halten, sich in ihr Bett zu legen und von ihr zudecken zu lassen.
Erst als sie sich sicher sein konnte, dass er wieder schlief, legte sich Angie selbst hin. Das Bett war riesig und die Decke groß genug, dass zwei Personen darunter Platz fanden, ohne sich zu berühren. Trotzdem zögerte sie einen Moment, bis sie schweren Herzens der Versuchung widerstand, Bernardo zu umarmen und sich an ihn zu schmiegen.
Noch ist es nicht so weit, tröstete sie sich und schlief in der Gewissheit ein, dass der Tag nicht mehr fern war, an dem ihr Wunsch in Erfüllung gehen würde.
Bernardo hatte zu ihr zurückgefunden, und dieses Mal würde sie sich nicht wieder fortschicken lassen.
8. KAPITEL
A ls Bernardo aufwachte, sah er sich vor ein unlösbares Rätsel gestellt.
Seine letzte Erinnerung war, dass er sich erschöpft an den Straßenrand gesetzt hatte und in ihm die schneidende Kälte emporkroch.
Nun lag er in einem Raum, der ihm völlig fremd war, unter einer warmen Decke in einem großen, gemütlichen Bett. Wie er hierhergekommen war, wusste er nicht. Umso besser wusste er, dass ihn nichts wieder von hier vertreiben würde.
Erst als er neben sich sah und bemerkte, dass das zweite Kopfkissen benutzt worden war, fielen ihm allmählich einzelne Geschehnisse des vergangenen Tages ein: der unbändige Wunsch, nach Montedoro zu fahren, um in Angies Nähe zu sein, wenn das Unwetter tobte, der Fußmarsch, der in einem wahren Albtraum geendet wäre, hätte sich nicht unvermittelt eine Gestalt aus der Dunkelheit gelöst und ihn vor dem sicheren Tod bewahrt. Angie hatte ihn zu sich nach Hause gebracht, seine Wunden versorgt und ihm zu essen gegeben, bis er schließlich auf ihrem Sofa eingeschlafen war.
Daran erinnerte er sich jetzt. Doch das erklärte nicht, warum er einen viel zu kleinen Bademantel trug und in Angies Bett lag. Verzweifelt fragte er sich, ob das Bild, das er vor Augen hatte, tatsächlich der Wirklichkeit entsprach.
Als er sah, dass die Türklinke heruntergedrückt wurde, zog er sich unwillkürlich die Bettdecke bis zum Kinn – gerade rechtzeitig, bevor Angie leise das Schlafzimmer betrat und seine Sachen auf einen Stuhl neben dem Bett legte.
“Guten Morgen”, sagte sie, nachdem sie bemerkt hatte, dass Bernardo wach war. “Wie wär's mit einer kleinen Stärkung?”
“Guten Morgen”, erwiderte er unsicher, denn wie ihre Frage ließ auch ihr Lächeln alle Möglichkeiten offen. “Eine Tasse Kaffee könnte nicht schaden. Du kannst ja schon mal in die Küche gehen. Ich komme nach, sobald ich mich angezogen …”
“Das wirst du schön bleiben lassen”, entgegnete Angie bestimmt. “Du hast schwere Erfrierungen erlitten, und als deine Ärztin verordne ich dir strenge Bettruhe, die ich höchstpersönlich überwachen werde.”
“Musst du denn nicht in die Praxis?”, fragte Bernardo überrascht.
“Heute ist doch Sonntag.” Angie war alarmiert, weil sie es nicht für ausgeschlossen hielt, dass Bernardo unter Gedächtnisverlust litt. “Weißt du das denn nicht?”
“Doch, doch”, erwiderte er nachdenklich.
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