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Happy End für Anfänger: Roman (German Edition)

Happy End für Anfänger: Roman (German Edition)

Titel: Happy End für Anfänger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Robinson
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schnellen Kuss, als ich mit Mum am Arm an ihm vorbeischwankte. »Tschüs, Leute«, nuschelte ich, als wir davonstaksten.
    Dave lehnte sich zurück. »Mach’s gut, Fran«, sagte er. Er wirkte nicht eben begeistert. Egal. Mein Freund versteht das, dachte ich, auch wenn Dave das nicht tut.
    Stefania blickte zur Seite: Sie hatte Mums Trinkerei immer missbilligt.
    Sobald ich Mum in einen Zug nach Cheam verfrachtet hatte, setzte ich mich in der verlassenen Victoria Station auf eine Bank und starrte das Foto von Mum und Dad an, das ich in meiner Brieftasche verwahrte. Sie saßen zusammen an einem Strand in Devon, Mum mit langen Haaren, einem Hippie-Stirnband und einem Poncho, Dad mit einer Frisur wie ein Wischmopp und eng anliegender Badehose. Sie umarmten einander, und Mum vollführte mit ihrem linken Bein eine Art Ballett. Beide lächelten. Im Hintergrund war ich, knuffig, einen festgeklopften Sandhügel vor mir, ein Stoffhütchen auf dem Kopf.
    Ich hatte immer noch keinen Schimmer, wie oder warum es angefangen hatte. Mum und Dad liebten sich, hatten ein Kind zusammen, in das sie ganz vernarrt waren, und – wie Mum zu ihrer eigenen Mutter am Telefon zu sagen pflegte – »genug Geld, um sich einmal die Woche eine Reinigungsfrau leisten zu können«. Mum schien immer so glücklich zu sein – ich erinnerte mich, wie sie leise in der Küche vor sich hin sang und mich in ihren Rock wickelte, mich umarmte und kitzelte, bis ich um Gnade flehte. Ja, es hatte zum Abendessen immer Wein gegeben, aber die versteckten Whisky-Flaschen und die Trinkerstimme, die ich als Teenager zu fürchten gelernt hatte, kamen erst später.
    »Diese Krankheit kann jeden betreffen, ganz gleich, wie viel Geld er verdient«, sagte der Mann von den Anonymen Alkoholikern, den ich telefonisch um Rat gebeten hatte, als ich fünfundzwanzig war. »Bringen Sie sie dazu, mal bei uns vorbeizuschauen. Sie können gerne mitkommen, wenn Sie möchten«, hatte er hinzugefügt, da ich zu schockiert war, um etwas zu erwidern.
    Drei Jahre später war ich meinem Vorhaben, sie zu den Anonymen Alkoholikern zu bringen, noch keinen Schritt näher gekommen. Beim ersten Mal, als ich das Thema angeschnitten hatte, hatte sie mir ins Gesicht gelacht, beim zweiten Mal war sie in Tränen ausgebrochen und hatte mir mitgeteilt, sie sei schockiert über meine Illoyalität, und beim dritten Mal hatte sie mich aus dem Haus geworfen, zehn Minuten, nachdem der letzte Zug nach London abgefahren war. Danach hatte ich es aufgegeben. Sie würde einfach nicht mitziehen. Ich wusste, dass ich Unterstützung brauchte, aber welcher Art?
    »Sie wird herkommen, wenn sie so weit ist«, sagte der Mann von den Anonymen Alkoholikern, als ich ihn zwei Jahre später erneut anrief. »Vorher nicht. Sorgen Sie nur dafür, dass sie weiß, dass es uns gibt.«
    Ich steckte das Foto zurück in meine Brieftasche, beobachtete einen einsamen Stadtstreicher, der eine Mülltonne durchwühlte, und kämpfte mit den Tränen, die mir in die Augen stiegen.
    Nach mehreren Jahren, in denen er Mum immer wieder aufgerichtet, sich immer wieder hatte anschreien und beleidigen lassen, war Dad schließlich mit Gloria durchgebrannt, der Einmal-die-Woche-Reinigungskraft, auf die Mum so stolz gewesen war. Sie lebten jetzt an der Costa del Sol, und er hatte sich in einen rundlichen, aber äußerst jovialen Mann mit brauner Lederhaut und einer Reihe schrecklich vornehmer Frühstückscafés in den gehobenen Ferienorten verwandelt. Leonie und ich besuchten ihn in regelmäßigen Abständen, und noch bevor er mich richtig begrüßt hatte, erkundigte er sich jedes Mal danach, ob Mum nach wie vor trank. Seine Enttäuschung, wenn ich nickte, war offensichtlich.
    Unterdessen hatte Mum ihre Affäre begonnen, in deren Verlauf sie sich in eine Person verwandelt hatte, die ich kaum wiedererkannte. Nur wenn sie bewusstlos im Bett lag und ich hereinkam, um mich zu vergewissern, dass sie noch atmete, war sie die Mum meiner Kindheit. Mit welligen Haaren, hübsch, verletzlich. Ich betrachtete sie im Schlaf und ergab mich einsamen Fantasien, in denen ich ihre »Power-Staffage«, die Hosenanzugkollektion mit den üppigen Schulterpolstern, in Brand setzte und sie zu einer abgeschiedenen Hippie-Kommune verschleppte, wo sie über ihre Trinkerei hinwegkommen und wieder meine Mum werden würde. Ich wollte sie zurückhaben.
    Michael schlief, als ich heimkam, warm und zusammengekauert wie eine Krabbe in meinem Bett. Ich kroch so leise zu ihm, wie ich

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