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Happy End für Anfänger: Roman (German Edition)

Happy End für Anfänger: Roman (German Edition)

Titel: Happy End für Anfänger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Robinson
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dir zu hören!«, rief sie mit ihrer leisen, freundlichen, trostvollen Stimme. Ich wollte, ich wäre sie. (Wenn ich darüber nachdachte, wäre ich im Grunde gern jede andere Frau gewesen, nur nicht ich selbst.)
    Wir verabredeten uns um zwei im Southbank zum Mittagessen.
    Mit flatternden Nerven machte ich mich fertig, das Michael-förmige Loch in meiner Brust plötzlich ersetzt durch pumpendes Adrenalin. Das war noch viel besser, als Michael eine E-Mail zu schicken! Eine Stunde mit Jenny zu verbringen, die mich mit den allerneuesten Informationen über ihren Bruder versorgen würde – dieser Verlockung konnte ich auf gar keinen Fall widerstehen. Ich bin die Crack-Hure, und sie ist das Crack ,dachte ich und stach mir aus Versehen glatt das Mascara-Bürstchen ins Auge.
    Jenny war schon da, als ich im Southbank eintraf, und sie sah nicht im Mindesten aus wie ein Klumpen Crack. Ihr frisch geföhntes hellbraunes Haar war an einer Seite festgesteckt, und ihr Gesicht strahlte, auch wenn sie nur einen Hauch Lipgloss aufgelegt hatte. Sie trug ein schönes, graues Umstandskleid aus Seide, das ihren wohlproportionierten Bauch elegant umspielte, dazu einen grauen Kaschmir-Cardigan, der so viel gekostet haben musste wie meine komplette Garderobe. Es war kein Gramm Fett an ihr.
    Ich fragte mich kurz, wie ich wohl sein würde, wäre ich schwanger – kotzend, unförmig, bleich –, dann unterbrach ich mich und erinnerte mich daran, dass eine Schwangerschaft in nächster Zeit sehr unwahrscheinlich war. »Wow, Jenny, du siehst toll aus!«, sagte ich und umarmte sie ungeschickt. »Von wem ist das Kleid?«
    »Von Dean LaRonda. Ich hatte das Glück, dass eine Freundin von Dmitri für die Firma PR macht. Sie hat mir alle möglichen Stücke aus der neuen Umstandsmoden-Kollektion geschenkt. Unmengen von schönen, weichen Strickjacken und solchem Zeug, genau das, was man sich wünscht, wenn man schwanger ist!«, erzählte sie fröhlich. Es war unmöglich, sie nicht zu mögen.
    Jenny und Michael waren einander wirklich ähnlich, dachte ich, als ich mich ihr gegenübersetzte.
    Michael.
    »Wie geht es ihm?«, platzte ich heraus, unfähig, die Frage auch nur eine Sekunde länger zurückzuhalten. Sie sah mich mit einer solchen Traurigkeit und Liebenswürdigkeit an, dass ich schon wieder das vertraute Brennen in den Augen verspürte, noch bevor ich Zeit hatte, mich zusammenzunehmen. Warme, salzige Tränen strömten mir über die Wangen, während ich stammelte: »Oh, es tut mir leid, alles in Ordnung, es ist nur so, du weißt schon …«
    Sie ließ mich weinen und bestellte mir ein Tonic-Wasser und ein großes Glas Rotwein. Als meine Schluchzer in schniefende Grunzlaute übergingen, rieb sie sich den Bauch und zuckte leicht zusammen. Es musste nicht gerade angenehm sein, sich quer durch London zu schleppen, wenn man schwanger war.
    »Franny, mein Bruder ist ein Idiot. Ich weiß, dass er wieder zur Besinnung kommt. Wenn er einen tatsächlichen Grund dafür hätte, wäre es etwas anderes, aber er spricht mit niemandem. Ich denke, wir sollten davon ausgehen, dass er einfach übergeschnappt ist«, erklärte sie mit fester Stimme. Ich schluckte und versuchte verzweifelt, mich zusammenzunehmen. »Es ist nur so, ich … ich vermisse ihn so sehr, und ich verstehe nicht, was ich getan habe, aber es muss meine Schuld sein. Ich fühle mich so sterbenselend und unglücklich, und ich …« Ich schluchzte.
    »Ich weiß«, sagte sie, rieb sich den Bauch und verlagerte ihr Gewicht.
    »… ich kann mir nicht vorstellen, ihn nicht mehr zu lieben und mich nicht mehr dafür zu interessieren, wie es ihm geht, was er macht und …«
    »Fran …«
    »… und ich verstehe nicht, warum er sich nicht bei mir gemeldet hat. Ja, ich weiß, dass das so abgemacht war, aber macht er sich gar keine Sorgen?«
    »Natürlich tut er das. Eigentlich wollte ich dir das gar nicht erzählen, aber … Oh Mist, Fran …«
    »… und das Schlimmste von allem, das absolut Schlimmste ist, mir vorzustellen, dass die drei Monate zu Ende gehen und er beschließt, nicht mehr zu mir zurückkehren zu wollen«, jammerte ich dramatisch. Dann sah ich sie an. »Moment mal, was wolltest du mir nicht sagen?«
    Doch Jenny hielt mit einer Hand ihren Bauch umfasst und klammerte sich mit der anderen an der Sofalehne fest. »Fran, ich muss ins Krankenhaus«, sagte sie ruhig. »Ich hatte gerade eine schwache Wehe. Sie rechnen mit Komplikationen und haben mich gebeten, sofort zu kommen, wenn das passiert.

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