Happy End für Anfänger: Roman (German Edition)
Rücken, die in meine Haut stachen. Ich fror, meine Zähne klapperten, doch ich konnte nicht aufhören zu gehen, am Oxo Tower entlang, dann am Globe Theatre, wo mich ein lächelndes Paar aus Korea bat, ein Foto zu machen.
Nellie. Nellie. Nellie. Der Regen wurde noch stärker, prasselte mir direkt ins Gesicht. Die Themse schien Hochwasser zu führen, war braun und untypisch aufgewühlt und wirkte tödlich, wie sie so schnell und geräuschlos unter der London Bridge hindurchfloss. Woher um alles in der Welt nahmen Selbstmörder den Mut, sich in diese Fluten zu stürzen?, fragte ich mich. (Und warum zählte ich nicht zu ihnen?)
Wer in Gottes Namen war Nellie? Hatte mich Michael für eine andere Frau verlassen? War diese Trennung eine Auszeit, damit er losziehen und sich mit einer anderen vergnügen konnte, bevor er die entscheidende Frage stellte? Oder, schlimmer noch, hatte er mich schlicht und einfach ihretwegen verlassen und war zu feige, es mir zu gestehen? Nein, das konnte nicht sein. Wir hatten zusammengelebt; er hatte mir immer gesagt, wohin er ging. Ich hätte gewusst ,wenn es eine andere Frau gegeben hätte. Das war unmöglich.
Nein, das ist es nicht ,flüsterte eine Stimme in mir. Das passiert doch andauernd.
HAU AB !, brüllte ich die Stimme in meinem Kopf an, doch sie war so heimtückisch leise und grausam und wollte nicht verschwinden. Ich wischte mir die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht und ging die Rampe zur London Bridge Station hinauf. Die Vorstellung, dass ich mich womöglich noch verschmähter, noch weniger liebenswert fühlen würde, als ich es bereits tat, verursachte mir Schwindel.
Ein paar Minuten später saß ich in der Northern Line, das Bild einer lächelnden Fremden im Wartezimmer von St. Thomas’ vor Augen, die ihre schmale, behandschuhte Hand in die von Michael gelegt hatte.
Kapitel dreizehn
»Wärr zur Hölle heißt schon Nällie? Das ist ein Name für einen Ällefant, kein Name für ein Mädchen. Seit Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hat keine Mutter ihre Tochter Nällie genannt, Frances. Sie wird grottenhässlich sein. Aber wie dem auch sei: Nichts, was du mir arrzählt hast, deutet darauf hin, dass Michael mit ihr ins Bätt gäht.«
Schweigen. Ich saß im Bett, starrte Stefania an, die erneut in mein Haus gestürmt war, auch wenn sie diesmal nicht die Tür eingetreten hatte. Sie hatte ihr unbändiges Haar auf dem Kopf aufgetürmt und ihre zarte, knabenhafte Figur in einen Lederminirock und ein Take-That-T-Shirt gehüllt – eine Kombination, die einem die Augen übergehen ließ. Es war Samstag. Gleich nachdem ich gestern aus dem Krankenhaus gekommen war, hatte ich mir meinen Trainingsanzug angezogen und mich wieder ins Bett verkrochen, wo ich daran arbeitete, mich in menschlichen Kompost zu verwandeln. Ich trank Brandy und stellte mir vor, wie Mario Testino große, trostlose Fotos von mir allein in meinem Bett machte.
Stefania fing an, die Fenster aufzureißen. »So, Frances. Du hast zwei Möglichkeiten. Du fragst Jänny, wer dieser Nällie-Ällefant ist, oder du vergisst das Ganze. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, kapiert? Solange du nicht die handfässten Fakten kännst, solltest du hier nicht sinnlos gründeln.«
Ich kicherte und nahm einen weiteren Schluck Brandy. »Grübeln?«
»Wie auch immer«, erwiderte Stefania schnippisch. »Du darfst dir das nicht antun. Oder mir«, fügte sie hinzu, stand auf und fing an, Duke Ellingtons Napf zu säubern, der in letzter Zeit leicht verkrustet war. »Und hör auf, dieses äkkelhafte Zeug in dich reinzuschütten«, befahl sie. »Willst du dich etwa in eine Säuferin verwandeln?« Wie deine Mutter? hing unausgesprochen in der Luft.
Duke Ellington kam mit Höchstgeschwindigkeit durch die Tür geschossen und sauste auf Stefania zu, als wäre sie das letzte menschliche Wesen, das nach der Apokalypse auf der Erde verblieben war. Der Kater konnte eine verlässliche Futterquelle selbst in meilenweiter Entfernung ausmachen.
Sie drehte sich zu mir um. »Wofür entscheidest du dich, Fran? Option eins oder zwei?« Sie servierte Duke Ellington ein spätes Frühstück, und er strich schnurrend um ihre Beine, tat so, als wäre er ein ganz normaler, gut erzogener Kater. Dieser kleine Mistkerl.
»Ich habe mich für Möglichkeit drei entschieden«, sagte ich. »Ich werde sie ausspionieren.« Ich öffnete meinen Laptop und loggte mich bei Facebook ein, wobei ich mir noch ein Schlückchen Brandy genehmigte. Der Alkohol zeigte langsam
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