Happy End in Seattle (German Edition)
Nachdem er sich Kaffee eingegossen hatte, wandte er sich zu Hallie um, die ihm gefolgt war. „Ich kann mir vorstellen, was du denkst.“
„Das bezweifle ich.“ Die Arme vor der Brust verschränkt, stand sie am anderen Ende des Raumes. Ihre Haltung verriet deutlich, wie sehr sie auf Distanz zu ihm bedacht war.
„Mary Lynn hat eine unangenehme Sache über Kip herausgefunden“, fuhr Steve fort. „Ich habe sie noch nie so aufgewühlt gesehen.“
„Und da hast du die Nacht mit ihr verbracht.“ Hallie sah keine Veranlassung, um die Sache herumzureden. „Du hast mit ihr geschlafen.“ Er hatte es ja praktisch selbst zugegeben.
„Nein!“ widersprach er ihr so heftig, dass sie sekundenlang versucht war, ihm zu glauben. „Ich habe bei ihr geschlafen, aber nicht mit ihr.“ Er hielt inne. Verärgert schüttelte er den Kopf. „Okay, wir waren im selben Bett, aber …“
„Bitte, erspare mir die Details.“ Sie war nicht in der Verfassung, sich eine langatmige Erklärung anzuhören, so plausibel sie auch klingen mochte. Er hatte die Nacht mit seiner Ex-Frau verbracht. Der Grund dafür spielte keine Rolle. Er war mit Mary Lynn zusammen gewesen, nicht mit ihr, und das tat verdammt weh.
Mit eindringlichem Blick sah er sie an. „Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.“
„Vielleicht nicht.“ Hallie zwang sich zu einem Lächeln. Sie war nicht sicher, ob es überzeugend ausfiel. „Wenn du mich fragst, dann hat uns diese Sache davor bewahrt, einen schwerwiegenden Fehler zu machen.“
„Einen Fehler?“
An ihrem Kaffee nippend, betete sie, dass sie es durchziehen konnte. „Ja. Es heißt nicht umsonst, dass Sex jede Freundschaft zerstört. Es wäre nicht gut gegangen mit uns beiden, Steve. Du kennst mich zu gut, und …“
Er kniff die Augen zusammen. „Warum wäre es nicht gut gegangen?“
Hallie sah, dass er den Kaffeebecher so fest umklammerte, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. „Du liebst Mary Lynn. Du hast nie ein Geheimnis daraus gemacht.“
„Ich liebe dich.“
Es entging ihr nicht, dass er darauf verzichtete, ihre Behauptung abzustreiten. „Ich weiß“, sagte sie leichthin. „Ich liebe dich auch. Das ist normal bei Freunden – guten Freunden.“
„Wir sind mehr als Freunde.“
Sie schaffte es nicht, das aufgesetzte Lächeln beizubehalten. „Mag sein, dass es einen Zeitpunkt gab, wo sich mehr aus unserer Freundschaft hätte entwickeln können. Aber der ist jetzt verpasst.“
Steve stellte seinen Becher so hart auf dem Tisch ab, dass der Kaffee überschwappte und auf den Boden lief. „Soll das heißen, du willst mich nicht mehr?“
Hallie hatte noch nie gut lügen können. „Versteh mich nicht falsch, Steve. Ich bin Mary Lynn dankbar. Sie hat uns vor einer großen Dummheit bewahrt.“
„Blödsinn!“
„Ich sehe deutlich vor mir, was auf mich zugekommen wäre. Du liebst sie …“
„Ich war lange Zeit mit ihr verheiratet. Ich kann meine Gefühle nicht abstellen wie einen Wasserhahn. Sie war außer sich, und ich versuchte sie zu beruhigen. Ich habe sie in den Arm genommen, das war alles. Wenn du mich dafür kreuzigen willst, dann bitte.“
„Ich weiß, was du für Mary Lynn empfindest.“ Hallie begegnete seiner Erregung mit ruhiger Gelassenheit. „Sie war deine erste Liebe. Es ist doch ganz klar, dass sie immer einen besonderen Platz in deinem Herzen einnehmen wird.“
Sein Blick schien sie förmlich zu durchbohren. „Ich liebe dich.“
Die Kehle schnürte sich ihr zusammen. Wie überzeugend er klang, wie aufrichtig. „Aber ich weiß jetzt, dass Mary Lynn in deinem Denken – und in deinem Herzen – immer an erster Stelle stehen wird.“
„Wenn du mir doch bloß Gelegenheit geben würdest …“
Sie ließ ihn nicht ausreden. „Was auch zwischen uns geschehen mag, sie wird immer die wichtigste Person für dich sein.“
„Was hätte ich denn tun sollen?“ rief er. „Meagan war völlig verzweifelt am Telefon. Sie ist doch noch ein Kind. Sie wusste nicht, wie sie ihrer Mutter helfen sollte. Mary Lynn hatte einen hysterischen Anfall.“
Genau, dachte Hallie. „Und da bist du ihr zu Hilfe geeilt.“
Es fiel ihr schwer, Mary Lynn nicht zu unterstellen, dass sie ihn manipulierte – und Steve keinen Vorwurf daraus zu machen, dass er darauf hereinfiel. Hallie kam richtig in Rage, wenn sie darüber nachdachte. Sie liebte Steve und die Kinder, und sie hasste die Emotionen, die jedes Mal hochkamen, wenn Mary Lynns Name fiel. Eifersucht und Missgunst waren ihr
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