Happy End in Seattle (German Edition)
merkte.“
Seine Worte trafen sie wie ein Schlag ins Gesicht. Sie wusste nichts darauf zu erwidern. Und selbst wenn ihr eine Entgegnung eingefallen wäre, hätte sie vermutlich keinen Ton herausgebracht. Steve vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Ich wünsche dir alles Gute, Hallie McCarthy.“
„Ich dir auch, Steve Marris“, sagte sie leise, und ihre eigene Stimme klang ihr fremd in den Ohren.
Er nickte ihr kurz zu, wandte sich ab und ging.
32. KAPITEL
T agträume
7. September
Ich kann nicht glauben, dass der Sommer schon fast vorüber ist. Als ich mir neulich mein Tagebuch vornahm und meine Zielsetzungen durchlas, bin ich richtig erschrocken. Fast neun Monate sind von diesem Jahr vergangen, und noch immer ist weit und breit kein Ehemann in Sicht. So traurig es ist, inzwischen ist es mir fast egal – was vermutlich mit meinem Selbsterhaltungstrieb zu tun hat.
Ich versuche mir immer wieder Donnalees Beispiel vor Augen zu halten. Sanford schien so gut zu ihr zu passen. Was hat sie sich für Vorwürfe von ihren so genannten Freunden anhören müssen, als sie die Verlobung löste. Aber ihre Entscheidung war richtig gewesen, denn jetzt ist sie wirklich glücklich. Sie hat eine schwere Zeit durchmachen müssen, aber am Ende hat sie den Mann gefunden, den sie für den Rest ihres Lebens lieben kann. Einen Mann, der dieselben Erwartungen an die Ehe stellt, dieselben Zukunftspläne hat wie sie. Hätte sie Sanford geheiratet, hätte sie an keinem Kinderwagen vorbeigehen können, ohne sich nach einem eigenen Kind zu sehnen. Mit der Zeit hätte sich Unzufriedenheit aus dieser Sehnsucht entwickelt, und daran wäre ihre Beziehung wahrscheinlich zerbrochen.
Ich glaube, dass ich mit Steve gerade dasselbe durchmache wie Donnalee damals mit Sanford, dass ich mir eine Menge Kummer erspare, wenn ich mich jetzt von ihm zurückziehe. Er liebt Mary Lynn, das hat er nie bestritten. Und welche Chance hätte ich gegen seine erste Liebe? Aber es ist schwer, verdammt schwer, vor allem jetzt, solange wir noch nebeneinander wohnen und uns fast jeden Tag sehen.
Gestern Nachmittag ist mir etwas furchtbar Peinliches passiert. Ich stand in der Schlange vor dem Bankschalter, als mir plötzlich ohne jeden ersichtlichen Grund Tränen in die Augen schossen. Ich konnte nichts dagegen machen. Ich hätte mich fast zu Tode geschämt. Erst dachte ich, es hätte etwas mit meinem Vater zu tun, der mir noch immer wahnsinnig fehlt. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht an Dad denken muss. Trotzdem glaube ich, dass ich mich inzwischen mit seinem Tod abgefunden habe. Nein, meine Vermutung ist, dass diese Tränen etwas mit Steve zu tun hatten. Es ist nicht leicht, die Liebe zu einem anderen Menschen abzutöten. Immerhin vermag ich aus dieser Erkenntnis ein gewisses Maß an Verständnis für Steves verwickelte Beziehung zu seiner ersten Frau abzuleiten.
Es wird alles einfacher werden, wenn ich erst einmal umgezogen bin. Ich war so überrascht – und so dankbar -, als Gabby mir einen Käufer für mein Haus präsentierte. Erst sagte sie mir, es könne bis zu einem halben Jahr dauern. Und dann bekam sie schon in der ersten Woche ein Angebot. Jetzt kann ich es kaum abwarten, hier auszuziehen und wieder mein gewohntes Leben aufzunehmen. Noch eine Woche, dann sollte der Papierkram erledigt sein.
Eine Woche werde ich es wohl noch aushalten, Tür an Tür mit Steve zu wohnen. Mehr Sorgen bereitet es mir, bei Donnalees Hochzeit im Oktober an seiner Seite zu stehen. Denn er ist als Trauzeuge vorgesehen, und ich soll Brautjungfer sein. Ich kann nur beten, dass sich die peinliche Szene aus der Bank nicht wiederholt.
Donnalee saß in einem Schaukelstuhl auf der Veranda von Todds Sommerhaus. Schweißperlen rannen ihr über den nackten Bauch. Sie liebte es, nachmittags dort draußen im Schatten zu sitzen und aufs Wasser hinauszublicken. Oft zog sie sich mit einem Buch hierher zurück, während Todd angeln ging oder auf dem Grundstück arbeitete.
Sie trug Shorts und hatte ihre ärmellose Bluse unter der Brust zusammengeknotet. Mit geschlossen Augen in der Hitze dösend, hatte sie ein Bein über die Armlehne des Schaukelstuhls gelegt. Sie war sicher, niemand aus dem Büro würde sie so erkennen. Nicht ohne Make-up und elegantes Designer-Kostüm. Nicht mit nacktem Bauch und Pferdeschwanz.
Donnalee war glücklich, so glücklich wie seit ihrer Kindheit nicht mehr. Denn sie war verliebt. In weniger als einem Monat würde sie heiraten. Sie konnte es noch immer
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