Happy End in Virgin River
Ron kamen jedes Mal. Sie waren die Tante und der Onkel von Ricks Teenagerfreundin und immer gespannt auf die Neuigkeiten. Doc Mullins war besorgt wie jeder andere, ebenso Mel und Paige. Die Carpenters, Bristols, Hope McCrea … alle vermissten Ricky.
„Mit einem dreißig Pfund schweren Rucksack auf dem Buckel haben sie uns meilenweit durch den Regen und den Schlamm gejagt, uns angebrüllt und geschrien, dass wir hart an uns arbeiten müssen, uns abhärten müssen … und mich hat es fast zum Lachen gebracht“, schrieb Rick. „Ständig muss ich denken, Junge, das ist doch gar nichts. In Virgin River habe ich hart an mir gearbeitet …“
Ricky und seine junge Freundin Liz hatten vor sechs Monaten ein Baby bekommen. Ein Baby, das tot geboren wurde. Erst einmal waren sie zu jung und zerbrechlich gewesen, um überhaupt ein Baby zu haben, und dann zu jung und zerbrechlich für eine solche Tragödie. Jack, der selbst Vater war, konnte sich problemlos vorstellen, dass die Strapazen des Corps im Vergleich dazu wie ein Kinderspiel erscheinen konnten.
Jack vermisste den Jungen. Vermisste ihn, wie ein Vater seinen Sohn vermisst.
Mike rief Brie nun häufiger an, beinahe täglich, und es erinnerte ihn daran, wie er sich als Junge zum ersten Mal verliebt hatte. So viel Zeit am Telefon. So viele Stunden müßiger Plauderei über das Tagesgeschehen, die Aktivitäten, die Familie. Hin und wieder gerieten sie in gefährliches Fahrwasser, wenn es um Religion und Politik ging. Irgendwann fragte Mike, ob sie schon wieder Auto fahre, und sie sagte ihm, dass sie manchmal zu ihren Schwestern fuhr, gelegentlich in ein Geschäft, alles sehr schnell und nicht sehr oft. „Und wie fühlst du dich dabei?“
„Mit dem Fahren habe ich kein Problem. Erst wenn ich am Ziel bin, fühle ich mich angreifbar. Unsicher. Ich habe jetzt eine neue Waffe“, informierte sie ihn. „Der Ersatz für die, die ich damals verloren habe.“
Einen Moment lang schwieg er. „Ach Brie … ich hoffe nur, dass dein Vertrauen ins Auto nicht daher rührt, dass du vorhast, auf den ersten guten Samariter zu schießen, der anhält, um dir bei einem Reifenwechsel zu helfen.“
„Das wollte ich damit nicht unbedingt sagen. Aber …“
„Schon gut. Mehr will ich gar nicht wissen.“
Sie lachte ihn aus, und wie es schien, klang ihr Lachen in letzter Zeit etwas gelöster, jedenfalls im Kontakt mit ihm. „Ich fühle mich damit einfach sicherer, auch wenn mir das damals wenig geholfen hat.“
„Ich hatte mir überlegt … wollen wir noch einmal miteinander essen gehen? Wir könnten uns irgendwo treffen? Vorausgesetzt, dass du nicht allzu weit fahren musst und die Waffe zu Hause lässt …“
„Wo?“, fragte sie.
„Vielleicht in Santa Rosa?“, schlug er vor. „Ich komme auch gern nach Sacramento, aber vielleicht wäre es gut für dich, einmal an einen Ort zu fahren, der nicht gleich um die Ecke liegt.“
„Ein weiter Weg für ein Mittagessen“, stellte sie fest.
„Eine Übung“, wandte er ein. „Eine Erweiterung deiner Grenzen. Fahr mal raus aus der Stadt.“
„Aber was hast du davon?“, fragte sie leise.
„Ich dachte, das wäre klar. Es gibt hundert Gründe dafür, dass ich dir bei deiner Genesung helfen will, nicht zuletzt der, dass ich dich mag. Und … ich habe etwas Ähnliches erlebt.“
Es funktionierte. Sie trafen sich zum Essen in Santa Rosa in einem kleinen italienischen Restaurant, wo sie sich Pasta und Eistee bestellten und wo die Gäste sich benahmen. Ein Weilchen hielt er über den Tisch hinweg ihre Hand.
Mike fand es bemerkenswert, dass er ursprünglich von ihrem lebhaften, robusten Charakter angezogen gewesen war, sich seine Gefühle für sie aber kaum geändert hatten, auch wenn sie jetzt die meiste Zeit leise sprach und Schwierigkeiten hatte, den Augenkontakt zu halten. Gern würde er die alte Brie willkommen heißen, wenn sie sich völlig erholen könnte, aber er merkte, dass er auch dann ein starkes Gefühl für sie hätte, wenn sie weiterhin so verwundbar bliebe. Ein Gefühl, das er nicht so leicht aufgeben könnte.
„Wie hast du deinem Dad erklärt, wohin du fährst?“, fragte er sie.
„Zum Mittagessen mit dir“, antwortete sie schulterzuckend. „Ich habe sichergestellt, dass er weiß, in welchem Restaurant wir sind und wann ich wieder zu Hause sein werde. Er war begeistert. Natürlich will er, dass ich wieder am Leben teilnehme. Er hat keine Ahnung, wie weit ich davon noch entfernt bin. Das hier ist etwas … Nun,
Weitere Kostenlose Bücher