Happy Family
Lendenschurz noch mal.
«Nein, man kann Menschen mit starkem Willen nicht hypnotisieren», erklärte er.
Das also war das Geheimnis. Es bedeutete, Fee hatte Baba Yaga nicht wegen deren starkem Willen hypnotisieren können und mich auch nicht. Und meine Tochter besaß anscheinend ebenfalls einen unbeugsamen Willen. Darauf hätte man eigentlich stolz sein können, wenn ihr Wille sich nicht immer in den Dienst ihrer Bockigkeit stellen würde.
«Ich habe also keinen starken Geist», kombinierte Max traurig, warum Fee ihn im Riesenrad hatte hypnotisieren können.
In diesem Augenblick tat er mir leid, und so versuchte ich, ihn aufzumuntern: «Du wirst auch noch einen starken Willen bekommen …»
«Ach, hör doch auf mit deinen rhetorischen Lügen», blaffte Max mich an. «Wegen deinem Gerede ist mein Leben noch viel, viel desaströser als je zuvor!»
Wegen meinem Gerede? Was hatte ich denn gesagt? Und wann? Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, worum es ging, warum sein Leben schlechter war als noch vor einer Stunde. Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich nachfragen sollte. Doch ich besann mich darauf, dass ich erst mal Fee auf Gleis bringen musste. Ich packte sie am Arm und erklärte: «Du kommst jetzt mit uns!»
«Wo willst du mit ihr hin?», fragte Imhotep, dem mein zupackendes Verhalten ganz offensichtlich missfiel.
«Nach Transsilvanien.»
«Und wie willst du da hingelangen, törichte Frau?», fragte er spöttisch.
«Weißt du was?», schimpfte ich. «Das Letzte, was mir noch gefehlt hat, ist ein 3000 Jahre alter Klugscheißer im Lendenschurz!»
Das Lachen verließ schlagartig sein Gesicht.
«Los jetzt!», befahl ich Fee und zog heftig an ihr. Aber sie wollte sich einfach nicht von der Stelle bewegen.
«Ich bleibe bei Immo», erwiderte sie seelenruhig.
«Was?»
«Ich bleibe bei Immo.»
«Ich versteh immer nur ‹Ich bleibe bei Immo›!», sagte ich fassungslos.
«Dann verstehst du richtig.»
«Aber dich versteh ich nicht!»
«Was gibt es denn da nicht zu verstehen?», fragte Fee.
«Alles!»
«Wieso sollte ich mich zurückverwandeln?»
«Ich dachte, du hasst diesen Mumienkörper.»
«Da hab ich doch noch nicht gewusst, was ich alles damit anstellen kann. Ich kann Menschen hypnotisieren. Ich kann mich in Stürme verwandeln, ich kann sogar biblische Plagen hervorrufen …»
«Und nicht zu vergessen», ergänzte der Lendenschurzträger, «du beherrschst den fürchterlichen Fluch der Mumie.»
«Eine Waffe der letzten Wahl», nickte Fee. «Der ist nämlich lebensgefährlich.»
«Ich will gar nicht wissen, welchen Fluch du beherrschst», schnitt ich ihr das Wort ab. «Du darfst nicht so bleiben.»
«Wieso nicht? Ich will nicht mehr zurück in die Schule. Denk doch nur, was ich alles bewirken kann mit meinen Kräften. Revolutionen auslösen. Diktatoren abservieren. Den Menschen helfen. Den Armen. Den Unterdrückten.»
Ich staunte. Wegen ihrer Idee. Aber auch, weil sie dabei so strahlte. Das sonst so lethargische Mädchen hatte endlich mal einen Plan. Einen, für den sie sogar auf ihren eigenen Teenagerkörper verzichten und auf ewig Mumie bleiben wollte.
Das hätte faszinierend sein können, denn es war mutig, idealistisch und selbstlos. Und es hätte mich wohl auch bei jedem anderen beeindruckt. Wäre dieser andere nicht zufällig meine Tochter. Aber ich konnte doch nicht zulassen, dass sie ihr Leben als Mensch wegwarf und für immer Mumie blieb.
«Was schaust du so?», fragte sie. «Du wolltest doch immer, dass ich mir über die Zukunft Gedanken mache. Und jetzt hab ich etwas gefunden. Etwas, womit ich wirklich einen Unterschied in der Welt machen kann.»
«Ist sie nicht wunderbar?», strahlte Imhotep. «Wie meine Anck. Sie will die Menschen retten.»
Der Typ begann, mir so richtig auf den Geist zu gehen.
«Fee, du kannst doch nicht Mumie bleiben …», versuchte ich ihr ins Gewissen zu reden.
«Und wie ich kann.»
«Vielleicht», mischte sich Max zugunsten seiner Schwester ein und ließ dabei seiner Phantasie freien Lauf, «ist Fee ja so eine Art Auserwählte wie in den großen Geschichten, eine wie Luke Skywalker oder Frodo Beutlin … Vielleicht soll sie sogar die Menschen retten …»
«Max?», sagte ich.
«Ja.»
«Mach Sitz!»
Er machte Sitz und schwieg.
Ich sah wieder in Fees entschlossene Augen, wusste nicht mehr, was ich sagen sollte, drehte mich hilflos zu Frank und bat: «Sag du jetzt doch bitte auch endlich mal was!»
«Ufta!», donnerte er laut und
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