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Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler

Titel: Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Stella Harald;Bongertz Glööckler
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bemüht, dann sucht sie auf ihrem Schreibtisch herum und legt mir schließlich ein Formular vor.
    »Se müsse in jedem Fall erst einen Antrag stelle, und dann wird des entschiede, ob Sie den Saal bekomme. Wenn Se des alles ausgefüllt habbe, schicke Se des an uns oder bringe mir des, und dann sehe mer weider, gell?«
    Damit ist die Angelegenheit für sie erledigt, und sie würdigt mich keines weiteren Blickes. Willkommen im Bürokratenland.
    Was blieb mir anderes übrig. Ich schrieb haarklein auf, was ich im kommenden Juni vorhatte, vom Laufsteg bis zum Buffet. Als ich den Brief in den Kasten warf, schickte ich ein Stoßgebet zu den Engeln. Ich war mir sicher, die wollten im Schloss auch mal was anderes sehen als langweilige Ansprachen.
    Mit den Vorbereitungen für eine eigene Modenschau hatte ich schon begonnen. Neben der Ware für den Laden entwarf ich nun Haute-Couture-Stücke und gab sie bei den Schneiderateliers in Produktion. Aber natürlich dachte ich mir nicht einfach irgendetwas aus: In einem Rokoko-Schloss musste auch entsprechende Mode gezeigt werden. Ich wollte die Visionen, die ich damals als Kind in Versailles und in meinen vielen Träumen gehabt hatte, Wirklichkeit werden lassen. Ich wollte Samt, Seide und Brokat. Ich wollte Luxus, Schmuck und Prunk. Ich wollte, dass die Models Kleider mit tiefen Dekolletés, Korsagen und goldenen Bordüren trugen. Ich wollte ausladende Reifröcke für die Damen und Anzüge im Louis-XIV.-Stil für die Herren, mit langen Kasack-Jacken, Pumphosen und Schnallenschuhen. Ich wollte ein wundervolles Barock-Spektakel, ein rauschendes Modefest, das in aller Munde sein würde. Etwas ganz Besonderes, den fantastischen »Ball Pompöös«.
    Wie im Rausch arbeitete ich fieberhaft Tag und Nacht. Die Schneiderinnen machten große Augen, als ich mit meinen Entwürfen ankam, und waren ein bisschen ängstlich: So etwas hatten sie noch nie genäht. Ich versuchte sie zu beruhigen. »Das schaffen Sie. Nehmen Sie sich Zeit. Es ist nicht wichtig, wie lang das dauert – wichtig ist, dass es perfekt wird.«
    Es stimmte zwar nicht so ganz, dass es keine Rolle spielte, wie lange meine fleißigen Helferinnen brauchten. Je länger etwas dauerte, umso teurer wurde es ja auch. Jedes Teil bedeutete für Dieter und mich eine Investition von einigen Tausend Mark – ohne meine eigene Arbeitszeit anzurechnen und ohne zu wissen, ob ich irgendwas davon jemals wieder hereinbekommen würde. Die Kosten für die Stoffe und die Herstellung summierten sich jetzt schon zu einem Vermögen. Da es fast ausschließlich Handarbeit war, saß eine Schneiderin an einem Kleid zwischen achtzig und hundert Stunden.
    Aber uns war klar, dass jetzt die Zeit war, in zukünftigen Erfolg zu investieren. Wenn wir nun ängstlich auf jede Mark schauten, die wir vorinvestieren mussten, konnten wir das Ganze auch gleich sein lassen. Außerdem machte ich keine halben Sachen. Also versuchte ich darauf zu vertrauen, dass sich die ganze Arbeit rentieren würde – vielleicht nicht augenblicklich, aber irgendwann. Ohne Mut, Visionen und Risiko erreicht man im Leben nichts, davon bin ich überzeugt.
    Ich wollte unter allen Umständen, dass die Schneiderinnen sauber und in Ruhe arbeiteten und dass jedes Teil so perfekt wie nur irgend möglich wurde. Wenn sie anfingen zu schludern, weil sie die Kleider schnell fertig kriegen wollten, würde der Schuss unweigerlich nach hinten losgehen. Man bekommt nie eine zweite Chance für einen ersten Eindruck – und das gilt ganz besonders für Haute-Couture-Modenschauen.
    Was viele, die mit Mode nicht so viel zu tun haben, nämlich nicht wissen: Das, was die Designer auf ihren großen Schauen zeigen, ist nie dazu gedacht, auf der Straße getragen zu werden. Haute Couture bedeutet »Hohe Schneiderkunst«, und eine Haute-Couture-Schau ist immer eine Parade ausgefallener Einzelstücke. Es ist die Kür, nicht die Pflicht. Bei so einer Show zeigt der jeweilige Designer, was er kann. Auf diese Weise versucht der Modemacher, die Aufmerksamkeit der Journalisten auf das Label zu lenken, damit Berichte in den Zeitungen und Modemagazinen erscheinen. Und je schriller und außergewöhnlicher die Show ist, desto besser klappt das. Das ist der Grund, aus dem die großen Designer in Paris und Mailand ihre Models manchmal in einem Hauch von Nichts auf den Laufsteg schicken – völlig untragbar in der U-Bahn, aber mit Sicherheit ein Aufmacher in den Zeitungen am nächsten Tag. Und genau das wollte ich auch:

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