Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
Bühne trat.
»Weißt du was?«, sage ich zu Dieter. »Wir machen selbst eine CD . Für unsere Show. Ganz extravagant.« Dieter zieht die Augenbrauen hoch.
»Aber wir können doch gar nicht singen«, gibt er zu bedenken.
»Eben«, kontere ich.
Unser Laden war zum Glück die beste Business-Kontaktbörse – einer unserer Kunden besaß ein Musikstudio und hatte gute Kontakte zu einem Komponisten, der seine Brötchen hauptsächlich mit Werbejingles verdiente. Dieser Musiker meinte, es sei überhaupt kein Problem, auf die Schnelle ein paar Songs für uns zu komponieren und mit uns einzuspielen. Er könne allerdings keine Garantie abgeben, dass das Ganze ein Welterfolg werden würde. Ich meinte, das sei ausnahmsweise tolerierbar. Schließlich ging es mir um den Knalleffekt für meine Show, nicht um einen Nummer-eins-Hit – auch wenn das natürlich ein schönes Extra wäre.
Mir schwebten einige poppige Stücke mit Technobeat vor – aber der Hauptsong der CD sollte ein Rap sein. Ich hatte vor, die Strophen zu rappen, und eine Sängerin sollte den Refrain singen. 1994 war das groß in Mode, und die meisten Songs in den Charts waren nach diesem Muster gestrickt. Der Text des Refrains stand schon fest und bestand aus einem einzigen Wort: »Pompöös«. Ich glaube, nicht wenige Leute hielten mich damals für verrückt, aber ich folgte einfach meinem Instinkt. Und der sagte mir: Mach es!
Die Aufnahmen von den insgesamt zehn Songs waren dann in nur einem Tag erledigt. Dabei war die Sängerin beeindruckend professionell: Sie machte ihre Stimme ein bisschen warm, sang dann exakt auf den Punkt, was wir von ihr haben wollten, bekam ihr Geld und verschwand wieder. Meine Aufnahmen als »Leadsänger« dauerten einen Tick länger, auch Dieter steuerte ein bisschen Backgroundgesang bei. Die ganze Aktion war ein ziemlicher Spaß – auch wenn uns dabei klar wurde, dass unsere Talente doch in anderen Bereichen liegen.
Langsam wurde ich nervös, da nach gut einem Monat noch immer keine Antwort von der Stadt da war. Als ich deshalb besorgt anrief und mich erkundigte, erklärte mir ein Beamter, der beim Reden fast einschlief, die Sache sei noch nicht entschieden. Irgendein Kulturgremium müsse zuerst noch zusammentreten und die Veranstaltungen für das nächste Quartal beraten. Ich atmete tief durch, um ruhig zu bleiben. Die Vorbereitungen waren schon so weit gediehen, und alles war auf diesen einen Saal abgestimmt. Nebenbei noch eine alternative Location zu suchen hätte einen Riesenstress bedeutet. Aber ich bekämpfte erfolgreich meine Zweifel: Es würde klappen. Es musste einfach klappen.
Und endlich – endlich! – trudelte nach Wochen der ersehnte Brief vom Land Baden-Württemberg ein. Ich hatte vor Aufregung zitternde Finger, als ich ihn öffnete. Mir fiel ein Stein vom Herzen: Wir hatten den Saal. Für eine beträchtliche Stange Geld zwar, aber wir hatten ihn. Dann sah ich allerdings noch mal genauer hin und las zu meinem Erschrecken: Die »Konzertbestuhlung« hätte im Raum zu verbleiben und man könne uns die »Errichtung eines Laufstegs« nicht bewilligen. So konnte man natürlich keine Modenschau machen, das war beides vollkommen inakzeptabel. Das mussten wir auch noch hinbiegen – aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht auch schon eine Idee gehabt hätte. »Keine Panik. Hauptsache, wir sind drin«, sagte ich zu Dieter, der sich schon sorgenvoll das Kinn rieb.
Jetzt, da zumindest schon mal Datum und Veranstaltungsort unverrückbar feststanden, konnte ich damit anfangen, meine Einladungen zu schreiben. Es war höchste Zeit, denn ein Event steht und fällt mit den Gästen. Und zu einem perfekten Rokoko-Fest gehörten für mich eben auch echte Prinzen und vor allem Prinzessinnen. Ich hatte es absolut ernst gemeint, als ich in der Nacht vor einem halben Jahr zu Dieter gesagt hatte, dass ich einen »Ball mit echten Prinzessinnen« haben wollte.
Man darf mich in diesem Punkt keinesfalls missverstehen: Ich bin selbst nicht adlig, und mir ist jeder Mensch erst mal gleich viel wert, egal, ob adlig oder nicht. Aber warum sitzen Millionen Leute mit einer Monatspackung Taschentücher vor dem Fernseher, wenn irgendein Prinz oder eine Prinzessin heiratet, und heulen Rotz und Wasser vor Ergriffenheit? Weil da das Kopfkino anspringt. Wenn man eine echte Prinzessin vor sich stehen hat, denkt man an prunkvolle Schlösser und an goldene Kutschen. An Märchen und Träume, die in Erfüllung gehen. Man denkt an Cinderella und
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