Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt
sahen sich beständig nach allen Seiten um, und ihre Muskeln waren angespannt, bereit, auf jede Situation und jeden Angriff zu reagieren.
Auch diese drei machten sich nicht die Mühe, anzuklopfen und sich beim Eintreten die Schuhe auszuziehen. Während die beiden Arbeitertypen die Wohnung von oben bis unten durchsuchten, wurde ich von dem Verbindungsmann zur Sache befragt. Er zog ein schwarzes Notizbuch aus der Innentasche seines Jacketts und notierte sich mit einem Druckbleistift die wesentlichen Punkte. Ich erklärte, zwei Typen seien gekommen und hätten die Wohnung nach einem Schädel durchwühlt, dann zeigte ich meine Wunde. Der Fatzke sah sie sich genau an, äußerte sich aber nicht dazu.
»Ein Schädel, was soll das heißen?«, fragte er.
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Das wüsste ich selber gerne.«
»Davon wissen Sie also wirklich nichts?«, sagte der junge Verbindungsmann völlig ausdruckslos. »Denken Sie bitte genau nach, das ist ganz wichtig. Hinterher lässt sich nichts mehr gutmachen. Die Semioten agieren nie ohne Grund. Wenn die Ihre Wohnung nach einem Schädel durchforsten, dann hatten sie Grund anzunehmen, dass hier ein Schädel ist. Von nichts kommt nichts. Und der Schädel wird es wert gewesen sein, dass man nach ihm sucht. Dass Sie damit nichts zu tun haben sollen, ist eigentlich undenkbar.«
»Wenn Sie so gescheit sind, erklären Sie mir doch bitte, was es mit dem Schädel auf sich hat.«
Eine Weile klopfte der Verbindungsmann mit dem Bleistift auf seinem Notizbuch herum. »Wir gehen dem gerade nach. Wir gehen dem gründlich nach. Und wenn wir einer Sache ernsthaft nachgehen, kommen wir ihr in der Regel auf den Grund. Falls sich herausstellen sollte, dass Sie etwas verbergen, wird das kein Zuckerschlecken. Das ist Ihnen klar, ja?«
Ich sagte, das sei mir klar. Wer weiß schon, was sich wie entwickeln wird? In die Zukunft schauen kann niemand.
»Dass die Semioten etwas im Schilde führen, ist uns bekannt. Sie sind in Aktion getreten. Wir wissen aber nicht, auf was genau sie es abgesehen haben. Wieso die Fäden bei Ihnen zusammenlaufen, wissen wir ebenfalls nicht. Ferner nicht, was es mit dem Schädel auf sich hat. Je mehr Indizien jedoch zusammenkommen, desto näher kommen wir dem wirklichen Sachverhalt. Das steht ganz außer Zweifel.«
»Was soll ich nun tun?«
»Seien Sie wachsam. Gönnen Sie sich eine Verschnaufpause und seien Sie wachsam. Stornieren Sie bis auf weiteres alle Aufträge. Und melden Sie uns, sobald sich etwas tut. Ist das Telefon in Ordnung?«
Ich nahm den Hörer ab. Es war in Ordnung. Das Telefon mussten die beiden absichtlich verschont haben. Warum, wusste ich nicht. »Es funktioniert«, sagte ich.
»Hören Sie zu«, sagte der Mann. »Melden Sie sich sofort, bei welcher Kleinigkeit auch immer. Unternehmen Sie nichts auf eigene Faust. Verheimlichen Sie nichts. Die Burschen meinen es ernst. Das nächste Mal kommen Sie nicht mehr mit so einem Kratzer davon.«
»Kratzer?«, entfuhr es mir.
Die beiden Arbeitertypen hatten ihre Inspektion beendet und kamen in die Küche zurück.
»Die waren gründlich«, sagte der Ältere. »Sind systematisch vorgegangen und haben nichts übersehen. Das waren Profis. Semioten, ohne Zweifel.«
Der Verbindungsmann nickte, und die beiden zogen sich zurück. Ich war mit dem Mann allein.
»Warum Kleider zerfetzen, wenn man einen Schädel sucht?«, fragte ich. »In Kleidern kann man keinen Schädel verstecken. Welcher Art auch immer.«
»Das sind Profis. Die denken alle Möglichkeiten durch. Sie könnten den Schädel in einem Schließfach aufbewahrt und den Schlüssel versteckt haben. Einen Schlüssel kann man überall verstecken.«
»Ach so«, sagte ich. Ach so.
»Was ich noch fragen wollte: Haben die Semioten Ihnen keinen Vorschlag unterbreitet?«
»Einen Vorschlag?«
»Zur Fabrik zu wechseln. Geld, Prestige, so etwas. Oder umgekehrt: Erpressung.«
»Nichts dergleichen, kein Wort«, sagte ich. »Sie haben mir nur den Bauch aufgeschlitzt und nach dem Schädel gefragt.«
»Hören Sie gut zu«, sagte der Verbindungsmann. »Wenn man auf Sie zukommt und Sie umzustimmen versucht, gehen Sie auf keinen Fall darauf ein. Wenn Sie umfallen, liquidieren wir Sie, und wenn wir Sie bis ans Ende der Welt verfolgen müssen. Das ist keine Drohung. Es ist ein Versprechen. Wir haben den Staat hinter uns. Es gibt nichts, was uns unmöglich wäre.«
»Ich halte die Augen offen«, sagte ich.
Als sie weg waren, ging ich das ganze Geschehen noch
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