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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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auf einem Hausboot gewesen und war ziemlich neugierig. Er hatte schon Schiffe gechartert und war auf mehr Partybooten gewesen, als er zählen konnte, und natürlich hatte er beim Militär auf Truppentransportern und Landungsbooten gedient. Aber das hier war ganz anders als alles, was er je gesehen hatte.
    Die Einrichtung war ätzend. Es sah aus wie bei seiner schwachsinnigen Stiefmutter. Aber das Ruderhaus fand er toll, falls man das so nannte. Da gab es wunderschöne Messingarmaturen und Hebel und gemasertes Eichenholz, ganz gelb von altem Firnis. Wunderschön. Alle Instrumente außer dem Steuerrad waren unbeweglich, und er vermutete, dass der Motor kaputt war. Er widerstand der Versuchung, an der Leine für die Sirene zu ziehen.
    Unten durchsuchte er gewissenhaft die Bücherregale und den billigen Schreibtisch aus Spanplatte, der mit Zetteln und Bildern (hauptsächlich Drachen und Ritter und Feen und ähnlicher Quatsch) übersät war. Er fand ein Dutzend Videokassetten. Meist ebenfalls der gleiche phantastische Müll. Märchen, Drachentöter, Zeug, das er sich nie anschaute. Auch ein paar schweinische Filmchen. Lüsterne Cousinen. Und einen, der Nachruf auf einen Pornostar hieß.
    Die Kleine hatte also auch ihre abartige Seite.
    Dann wühlte er sich durch die Schränke und Schubladen im Schlafzimmer und in der kleinen Vorratskammer, in der auch eine Kommode stand. Er durchsuchte die Küche und den Kühlschrank, wo die meisten, die sich für clever hielten, Sachen versteckten, und wo die meisten professionellen Diebe zuallererst nachschauten.
    Nach einer Stunde war er überzeugt, dass sie nichts hier aufbewahrte, was ihn interessierte – oder beunruhigte.
    Was bedeutete, dass die Akten in ihrem Büro waren, und das war verflucht lästig.
    Nestor schaute sich um und setzte sich auf die Couch. Er musste eine Entscheidung treffen. Er konnte hier warten, bis sie zurückkam und sie einfach abmurksen. Die Sache hinter sich bringen und es aussehen lassen wie einen Raubüberfall. Bei den Cops würde das wahrscheinlich durchgehen. Er war immer wieder erstaunt, wie sehr die Leute danach lechzten, die naheliegendsten Erklärungen zu akzeptieren. Immer das Einfachste. Raubüberfall und Mord.
    Oder Vergewaltigung und Mord.
    Andererseits konnte das dazu führen, dass irgendwo eine Menge Material herumflog, Material, dass besser nicht herumflog.
    Dennoch …
    Eine Autotür wurde zugeknallt. Er schreckte auf und blickte aus dem Fenster. Er sah sie – gar nicht übel, die Kleine, wenn sie bloß diese bescheuerten Klamotten nicht anhätte, diese gelb-weiß gestreifte Strumpfhose und den roten Minirock. Das turnte ihn ab und nahm ihn gegen sie ein …
    Oh, das Gefühl kannte er. Dieses Gefühl, das er empfand, wenn er einen drahtigen, braunhäutigen Mann in Khakiuniform beobachtete, ihn durch ein Zielfernrohr beobachtete, den Hass verspürte, eine wilde, wirbelnde Wut in sich aufbaute (vielleicht weil Nestor in der Hitze wie ein Schwein schwitzte oder weil sich ihm irgendwelches Ungeziefer in die Haut bohrte oder weil er eine glänzende, sternförmige Narbe auf dem Bauch hatte). Widerwille, Hass. Er brauchte diese Gefühle – sie halfen ihm, den Abzug zu drücken oder das Messer so tief hineinzubohren, wie er nur konnte.
    Draußen auf dem Asphalt knirschten Stiefel.
    Nestor spürte ein leichtes Kribbeln und rieb an seiner Narbe. Er spürte das Gewicht der Steyr Automatik in seiner Tasche.
    Aber er ließ sie, wo sie war, und stieg an Deck.
    Er beobachtete, wie sie die Tür öffnete, ungeschickt, unter dem Gewicht einer Filmkamera samt Kassetten und einem Ledergürtel mit Batterien oder etwas Ähnlichem schwankend, das aussah wie ein Patronengürtel mit M16-Klemmen. Sie stapelte alles neben der Tür auf und verschwand im Schlafzimmer. Er wartete ein paar Minuten, um vielleicht ein Stück Haut zu sehen zu bekommen, aber als sie in einem langweiligen Arbeitshemd und Stretchhosen herauskam, schlich er sich lautlos vom Boot und verschwand im West Village.

15
    » Ein Genie, aber stets umstritten … «
    Klick.
    » Ein Genie, aber stets umstritten, war Lance Hopper … «
    Rune drückte erneut auf den Rückspulknopf. Es war eine gute Aufnahme von ihm: Lance Hopper. Oder jedenfalls eine gute Aufnahme seiner sterblichen Überreste – die Bahre mit seiner Leiche, als sie vor drei Jahren aus dem todbringenden Hof geschoben wurde. Sie wünschte, sie hätte das Material verwenden dürfen. Unglücklicherweise war es von einem anderen Sender

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