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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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hatte, aber sie beschränkte die ›alsos‹ und die ›irgendwies‹ auf ein Minimum. Sie erzählte Sutton von den Interviews mit Boggs und den Freunden und Familienmitgliedern und von den Aufnahmen des ganzen Hintergrundmaterials. »Und«, sagte sie, »ich hab irgendwie’nen Antrag gestellt, den Polizeibericht zu dem Fall zu kriegen.«
    Sutton lachte. »Einen Polizeibericht bekommen Sie nie. Kein Journalist kommt an einen Polizeibericht heran.«
    »Es ist irgendwie ’n ganz besonderer Antrag.«
    Aber Sutton schüttelte nur den Kopf. »Nichts zu machen.«
    Dann fragte sie: »Haben Sie irgendetwas gefunden, was beweist, dass er unschuldig ist?«
    »Also, nicht irgendwie richtige Beweise, aber …«
    »Haben Sie, oder haben Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Na schön.« Sutton richtete sich auf. Die Hälfte ihres Essens war unangetastet, aber als die Bedienungshilfe kam, nickte sie ihr unmerklich zu, und der Teller verschwand. »Ich will Ihnen sagen, weshalb ich Sie hierher gebeten habe. Ich brauche Hilfe.«
    »Von mir?«
    »Schauen Sie.« Sutton runzelte die Stirn. »Ich will ganz offen sein. Sie sind nicht meine erste Wahl. Aber sonst steht einfach niemand zur Verfügung.«
    »Also, von was reden Sie überhaupt?«
    »Ich möchte Ihnen eine Beförderung anbieten.«
    Rune stocherte in einem weißen Gemüseviereck – etwas, was ihr noch nie über den Weg gelaufen war.
    Sutton blickte sich nachdenklich im Restaurant um.
    »Manchmal müssen wir Dinge zum Nutzen des Senders tun. Wir müssen unsere eigenen Interessen zurückstellen. Als ich anfing, war ich Polizeireporterin. Man wünschte keine Frauen im Nachrichtenstudio. Gastronomiekritik, Gesellschaft, Kunst – das war in Ordnung, aber harte Nachrichten? Von wegen. Vergiss es. Also gab mir der Chef die Scheißjobs.« Sutton blickte zu Courtney, aber dem Mädchen war der Ausrutscher in die Gossensprache nicht aufgefallen. Die Moderatorin fuhr fort. »Ich habe über Autopsien berichtet, ich bin Krankenwagen nachgejagt, ich war bei Anklageerhebungen, ich bin anlässlich einer Massenschießerei durch Seen von Blut gewatet, um Aufnahmen zu machen, während der Fotograf hinter dem Presseauto auf den Knien gelegen und gekotzt hat. Ich habe den ganzen Müll gemacht, und es hat sich für mich gelohnt. Aber damals war es ein Opfer.«
    Etwas an dem sachlichen Tonfall von Suttons Stimme fand Rune unheimlich aufregend. Genauso hörte sie sich vermutlich an, wenn sie mit einer anderen, gleichgestellten Führungskraft beim Sender sprach. Sutton und Dan Semple oder Lee Maisel würden so sprechen – mit leiser Stimme, umringt von Menschen mit riesigen geometrisch geformten Juwelen, die über den winzigen Knöchlein von Geiselvögeln saßen und Wein zu achtzig Dollar die Flasche tranken.
    »Sie wollen, dass ich irgendwie Polizeireporterin werd? Ich glaub nicht …«
    »Lassen Sie mich ausreden«, sagte Sutton.
    Rune richtete sich auf. Ihr Teller wurde abgeräumt, und ein junger Mann in weißem Jackett säuberte den Tisch mit einem kleinen Ding von Krümeln, das aussah wie ein winziger Teppichroller. Die meisten Krümel waren auf Runes Seite.
    »Ich mag Sie, Rune. Sie sind schlau, und Sie sind tough. Das ist etwas, was ich heutzutage nicht in genügendem Maße bei Reportern sehe. Es ist entweder das eine oder das andere und gewöhnlich mehr Ego als sonst etwas. Mein Problem ist folgendes: Wir haben gerade den leitenden Produzenten unseres Londoner Büros verloren – er hat gekündigt, um zu Reuters zu gehen –, und sie steckten mitten in der Produktion von drei Sendungen. Jetzt brauche ich jemanden da drüben.«
    Runes Haut prickelte. Als sei eine Woge schmerzlosen Feuers über sie hinweggeschwemmt. »Leitende Produzentin?«
    »Nein, Sie wären Assistentin, nicht Leiterin. Anfangs zumindest. Die Büros in London, Paris, Rom, Berlin und Moskau liefern Ihnen Material, und Sie und der leitende Produzent treffen die Entscheidung darüber, was Sie weiterverfolgen wollen.«
    »Was meint Lee dazu?«
    »Er hat mich gebeten, die Stelle zu besetzen. Ich habe Sie ihm gegenüber noch nicht erwähnt, aber er wird mit jedem einverstanden sein, den ich empfehle.«
    »Das ist ja ’n Ding. Ich meine, ich hätte nie gedacht, dass es das war, was Sie sagen wollten. Wie lange wär ich dann da drüben?«
    »Ein Jahr mindestens. Wenn es Ihnen gefällt, ließe sich auch etwas Dauerhafteres arrangieren. Das läge bei Lee. Aber normalerweise versetzen wir unsere Leute immer wieder. Danach könnte es Paris oder

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