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Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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noch um eine Menge mehr.« Er zuckte die Achseln.
    »Aber schließlich habe ich Piper gebeten, die Stelle zu besetzen. Es ist ihre Angelegenheit. Wenn sie will, dass Sie den Job bekommen, dann gehört er Ihnen.« Er schaute quer durch den Raum. Noch mehr alte Landkarten. Sie fragte sich, auf welches Land er den Blick richtete.
    »Die Versuchung ist echt groß«, sagte sie.
    »Ich frag mich, wieso«, sagte er trocken. »Dabei gibt es höchstens zehn-, fünfzehntausend Reporter im Land, die für diese Stelle einen Mord begehen würden.« Maisel streckte die Beine aus. Er trug schreiend gelbe Socken.
    »Aber«, sagte er, »Sie machen sich Sorgen um die Boggs-Story.«
    Sie nickte. »Das ist das Problem.«
    »Wie geht es voran?«
    »Langsam. Ich hab keine richtige Spur. Nichts Handfestes.«
    »Aber Sie glauben immer noch, dass er unschuldig ist?«
    »Ja, das denke ich. Die Story soll trotzdem gemacht werden. Piper hat gesagt, sie beauftragt irgendeinen Lokalreporter, sie fertig zu machen.«
    »Ach was?«
    »Ja, das hat sie mir versprochen.«
    Maisel nickte.
    »Sie will nicht, dass ich die Story mache, stimmt’s?«, sagte Rune nach einer Weile.
    »Sie hat Angst.«
    »Angst? Piper Sutton?«
    »Das ist gar nicht so komisch, wie es sich anhört. Ihre Arbeit ist ihr ganzes Leben. Sie hat drei katastrophale Ehen hinter sich. Es gibt sonst nichts, was sie beruflich machen könnte, nichts, was sie machen möchte. Falls diese Story den Bach runtergeht, dann geraten sie, ich und in gewissem Maß auch Dan Semple ganz kräftig unter Druck. Sie wissen ja, wie launisch das Publikum ist. Dan und ich, wir machen uns Sorgen um die Nachrichten. Piper auch, aber sie ist die Moderatorin – sie muss auch um ihr Image in der Öffentlichkeit fürchten.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich vor irgendwas fürchtet. Ich meine, ich hab ’nen Horror vor ihr.«
    »Sie wird Sie nicht eliminieren, wenn Sie ihr sagen, dass Sie lieber hier bleiben möchten und die Story machen.«
    »Aber sie ist mein Boss …«
    Maisel lachte. »Sie sind zu jung, um zu wissen, dass man an Bosse, ebenso wie an Ehefrauen, nicht notwendigerweise bis in alle Ewigkeit gebunden ist.«
    »Okay, aber sie ist Piper Sutton.«
    »Das ist eine andere Sache, und ich beneide Sie nicht darum, Sie anrufen und ihr sagen zu müssen, dass Sie ihr Angebot ablehnen. Aber was soll’s? Sie sind schließlich erwachsen.«
    Irgendwie, dachte Rune. »Ich weiß nicht, was ich machen soll, Lee«, sagte sie. »Was ist Ihre ganz, ganz ehrliche Meinung über meine Story?«
    Maisel dachte nach. Eine goldene Uhr fing an, hell die Stunden bis zehn zu schlagen. »Ich würde Ihnen keinen Gefallen tun, wenn ich taktvoll wäre«, sagte er bei acht. »Die Boggs-Story? Sie nehmen sie zu persönlich. Das ist unprofessionell. Ich habe den Eindruck, dass Sie auf einer Art Kreuzzug sind. Sie …«
    »Aber er ist unschuldig, und niemand sonst …«
    »Rune«, sagte er grob. »Sie haben mich nach meiner Meinung gefragt. Lassen Sie mich ausreden.«
    »Entschuldigung.«
    »Sie sehen nicht den Gesamtzusammenhang. Sie müssen begreifen, dass der Journalismus die Pflicht hat, unparteiisch zu sein. Das sind Sie nicht. Was Boggs betrifft, so sind Sie eine der verdammt parteiischsten Reporterinnen, mit denen ich je zusammengearbeitet habe.«
    »Stimmt«, sagte sie.
    »Das macht Sie vielleicht zu einem guten Menschen, aber mit Journalismus hat das nichts zu tun.«
    »So was Ähnliches hat Piper mir auch gesagt.«
    »In der Regierung gibt es überall Korruption und Unfähigkeit, es gibt Verletzungen der Menschenrechte in Südamerika, Afrika und China, es gibt Obdachlosigkeit, es gibt Kindesmissbrauch in Tagesstätten … Es gibt so viele wichtige Themen, unter denen die Medien eine Wahl treffen müssen, und so wenig Zeit, um darüber zu berichten. Sie haben sich eine ganz kleine Story ausgesucht. Keine schlechte Story; nur eine unbedeutende.«
    Sie wandte den Blick ab und ließ ihn nachdenklich über Maisels Wand schweifen. Sie fragte sich, ob sie ein Zeichen entdecken würde – eine alte Karte von England vielleicht. Sie entdeckte keines.
    Eine Minute verstrich.
    »Die Entscheidung müssen Sie treffen«, sagte er. »Ich glaube, der beste Rat, den ich Ihnen geben kann, ist, es zu überschlafen.«
    »Sie meinen, die ganze Nacht wach bleiben und mich hin und her drehen und darüber nachgrübeln.«
    »Das könnte auch funktionieren.«
     
    Das Zwanzigste Revier auf der Upper West Side war in den Augen vieler

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