Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hard Rock Vampir

Hard Rock Vampir

Titel: Hard Rock Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
Vom Netzwerk:
Also ist der Vatikan die Hölle?«
    Anna lachte. »Weil dort der Teufel lebt? Ja, so könnte man es sehen, aber so ist es nicht. Kennen Sie sich mit der Bibel aus?«
    Ich wollte sie soeben belehren, ich sei ein Vampir und nichts liege mir ferner als die Heilige Schrift, als einige von Christophers Erinnerungen aufblitzten. »Ja.«
    »Dann wissen Sie, dass Jesus in die Wüste ging und dort vom Teufel versucht wurde?«
    »So steht es geschrieben.«
    »Und Jesus widerstand. Er ging zurück und war geläutert. Doch der Teufel folgte ihm. Er blieb Jesus auf den Fersen und er war es, der ihm den tödlichen Stich unter die Rippen gab, als Gottes Sohn am Kreuz litt. Er war es, der lachte und wartete, während es über der Schädelstätte gewitterte und stürmte. Er wartete, was geschehen würde. Er entfernte sich nie weit von seinen Feinden und fand in den Katakomben des Vatikans seinen düsteren kalten Ort. Dort wartete er. Wartete auf den 11.11.2011.«
    Ich wollte ihr von der Obama-Sache erzählen und von dem Erlebnis mit Donald Rumsfeld. Beide Abenteuer schienen der Phantasie eines Verschwörungstheoretikers entsprungen, obwohl ich sie selbst erlebt hatte. Doch das hier war selbst mir zu abgehoben. So abgehoben, dass ich es umgehend glaubte.
    »Man öffnete also das Buch«, sagte ich. »Und was geschah dann?«
    »Das wird Ihnen der Papst persönlich erklären.«
    »Verdammt, und warum musste Luca sterben?«
    »Er wusste Dinge.«
    »Dinge?«
    »Ja, er wusste, wie man am besten gegen den Teufel siegt. Er kannte die Lösung.«
    »Ich kapiere immer noch nicht. Besiegen impliziert kämpfen. Wie kämpft man gegen den Teufel?«
    Sie leerte die Tasse und stellte sie ab. Sie legte einen Fünf-Euro-Schein auf den Tisch. »Beim Schach, Darian.«

6

    Sie hatte mich belogen.
    Daran zweifelte ich keinen Augenblick. Ihre Erklärung war fadenscheinig und unlogisch gewesen. So sehr ich nachdachte, gab es keinen Grund, den kleinen Mann zu töten, es sei denn, man wollte nicht, dass er mir etwas Geheimes sagte. Annas Erklärung war unglaubhaft und an den Haaren herbeigezogen. Warum sollte man Luca daran hindern, mir zu sagen, dass der Teufel im Schachspiel zu schlagen sei, wenn ich dies vermutlich sowieso bald erfuhr? Nein, das hakte an allen Ecken.
    Luca hatte mich für wichtig erachtet.
    Er hatte mich nicht einfach so aus Langeweile zu sich bestellt. Er hatte ein Ziel verfolgt. Er musste ein dunkles Geheimnis gehütet haben.
    Ich wartete in einer Halle, deren Pracht mich zu erschlagen drohte. Gemälde, Kronleuchter, dicke Teppiche, Parkett und Fliesen aus Terrakotta. Zwei Soldaten der Schweizergarde links und rechts neben der Flügeltür. Über mir eine Kuppel mit Reliefs und Statuen neben den Butzenfenstern, die mir zuzunicken schienen.
    Anna hatte mich hergebracht und noch immer wusste ich nicht, welche Rolle sie spielte und ich beschloss, es als nächstes herauszufinden.
    Der Papst würde mich in seiner Privatbibliothek empfangen, sagte Anna. Hier besprach der Papst sich mit den Bischöfen, die über ihre Diözesen berichteten, außerdem mit Staatsmännern und Prominenten. Wenn man bedachte, dass es nie mehr als fünfhundert Privataudienzen im Jahr gab, durfte ich mich geschmeichelt fühlen.
    Monsignore Gänswein, sein persönlicher Assistent, ein gutaussehender Priester um die Fünfzig, empfing mich freundlich. »Der Heilige Vater wird gleich Zeit für Sie haben.«
    Ich saß in einem unbequemen Stuhl und streckte die Beine aus.
    Ein Schachspiel? Was hatte das zu bedeuten? Anna war nicht bereit gewesen, mir mehr zu berichten.
    Stattdessen sagte sie: »Kardinal Ratzinger hatte als Präfekt der Glaubenskongregation eine hauptsächlich defensive Aufgabe, er musste vor allem verteidigen, abwehren, oft die Kohlen aus dem Feuer holen. Als Papst hat er viel mehr Möglichkeiten, auch offensiv zu agieren. Der Heilige Vater ist ein exzellenter Lehrer, er hat die Gabe des Wortes, er liebt das Schreiben. Er spricht klar und verständlich. Mit seinen Worten füllt er die Herzen.« Dabei blitzten ihre Augen. »Und Sie, Darian, werden ihm bei seiner schwierigsten Aufgabe helfen.«
    Ich musste nicht lange warten.
    Die Flügeltür öffnete sich, und ich wurde von Monsignore Gänswein in die Bibliothek gebeten. Hinter einem Schreibtisch saß der Heilige Vater. Ich hatte eine mächtige Persönlichkeit erwartet, irgendetwas Großes, Überragendes. Dieser Mann war schmal und alt. Sein faltiges Gesicht wirkte müde und die weißen Haare unfrisiert. Er trug

Weitere Kostenlose Bücher