Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
Dreifache zahlen müssen. Ich hängte sie mir über die Schulter und betrachtete mich in dem schmalen Spiegel hinter den Leinen.
»Johnny Merton«, sagte ich.
»Der Mann ist in Stateville. Da wird er wohl kaum Gelegenheit haben, irgendwelche weißen Mädchen von der Straße wegzufangen.«
»Sie denken, er hat noch genug Freunde in der Stadt, die ihm einen Gefallen tun würden. Sie wollen ihn mit seiner Tochter erpressen.«
»Mit seiner Tochter?« Rivers runzelte die Stirn. »Was können sie der denn schon tun? So viel ich weiß, ist sie nicht besonders stolz auf ihren Vater. Aber sie hat ihn auch nie verleugnet.«
»Ich weiß nicht genau, was sie tun werden, aber ich sage Ihnen, was sie tun können . Sie können Beweise fälschen, damit es so aussieht, als hätte sie Drogen für ihn geschmuggelt. Oder als hätte sie in der Anwaltskanzlei, wo sie arbeitet, Geld unterschlagen.« Ich spielte mit dem Verschluss der Tasche, einer raffinierten Zunge aus hartem Leder, die in einen Haken einrastete.
Als die Pfeife losging und der Lautsprecher brüllte: Welcome to Chicago! , schraken wir alle zusammen. Ich hatte die Hand an meinem Holster, und Rivers Hand war unter der Theke. Aber es war nur eine Frau, die neue Sohlen für ihre Pumps brauchte. Rivers behielt mich im Auge, während er sie bediente.
Als sie den Laden wieder verlassen hatte, sagte er: »Wenn diese Leute Dayo was tun, wird Johnny sich rächen. Deswegen wird er kein Geständnis ablegen, dass er mit dem Verschwinden Ihrer Cousine etwas zu tun hat.«
»Jetzt sag ich Ihnen mal, wie ich es sehe: Entweder ist meine Cousine tot, oder sie ist abgehauen, und sie wissen nicht, wo sie hin ist. Wenn sie tot ist und diese Leute sie umgebracht haben, dann werden sie Johnny erst wütend machen, indem sie seine Tochter schikanieren, und dann werden sie einen Spitzel aus dem Knast präsentieren, der behauptet, er hätte gehört, wie Johnny einen Killer auf Petra angesetzt hat.«
Es tat mir weh, so sachlich und kalt über Petra zu reden, als ob sie eine Figur in einem Filmdrehbuch wäre. Aber der schwerste Satz war der nächste.
»Sie werden Kimathi die Schuld geben. Sie werden sagen, dass er Petra ermordet hat, um sich zu rächen.«
Ich machte mich darauf gefasst, dass Rivers oder seine Freunde über mich herfielen, aber es geschah nichts.
»Er hätte bei Gott allen Grund dazu«, sagte Rivers mit leiser, bedrohlicher Stimme und ballte die Fäuste.
»Warum?«, fragte ich.
» Warum? «, fauchte Rivers. »Was erwarten Sie denn? Dass er auch so ein Jesus-Nigger ist, der sich foltern lässt und dann sagt: ›Ich vergebe euch allen, denn Hass ist schlecht für die Seele‹? Nein, er vergibt euch nicht, und ich vergebe euch auch nicht.«
»Ich bitte Sie gar nicht, mir zu vergeben«, sagte ich. »Aber ich würde gern wissen, was ich getan habe, um so viel Zorn zu verdienen.« Ich hatte meine Finger in das weiche Leder der Tasche gekrallt, damit meine Stimme, meine Hände und meine Beine nicht zitterten.
»Ach, das möchten Sie gerne wissen! Als ob Sie nicht –«
»Mr Rivers, wir hatten dieses Gespräch schon vor zwei Monaten. Ich war noch nicht mal zehn Jahre alt, als Harmony Newsome getötet wurde. Alles, was ich über die Geschichte weiß, stammt aus Zeitungen und dem Prozessprotokoll. Und aus einer kurzen Unterhaltung mit Schwester Frances, die in dem Augenblick ermordet wurde, als sie mir davon erzählte.«
»Und praktischerweise waren Sie bei ihr, als sie starb.«
»Ich habe sie in den Armen gehalten, als ihre Haare brannten.« Jetzt konnte ich das Zittern in meiner Stimme nicht mehr unterdrücken. »Ich habe Brandwunden am Kopf, an den Armen und an der Brust. Und Albträume, die gar nicht mehr aufhören.«
»Albträume? Die hat Kimathi auch.«
»Sagen Sie mir, was geschehen ist, Mr Rivers.«
Die Schachspieler waren bisher stumm gewesen und hatten fast regungslos gelauscht, aber jetzt sagte der Maschinist: »Du musst es ihr sagen, Curtis. Was du über den Tod von Schwester Frances gesagt hast, war sehr ungerecht. Diese Frau hier war nicht schuld an Schwester Frances’ Tod, und das weißt du auch.«
Der Holzfäller nickte zustimmend. Rivers verzog das Gesicht, ging dann aber ins Hinterzimmer des Ladens. Ich hörte das dumpfe Grummeln seiner Stimme und die verängstigten Schreie Kimathis. Immer mehr Grummeln, immer weniger Schreie; dann kam Rivers zurück – und Kimathi klammerte sich an seinen Arm.
»Diese Frau hier ist die Tochter von Officer
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