Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
hin?«, fragte er. »Was hast du vor? Wenn du mit Bobby sprichst –« Er packte mich am Arm und wollte mich offenbar zu dem Versprechen zwingen, dass ich die Ermittlungen aufgeben würde. Aber dafür war es zu spät.
Ich stieß ihn weg und riss mich los. »Ich werde dir nicht sagen, was ich jetzt vorhabe. Ich mache mich doch nicht zur Zielscheibe für deinen Freund George und sein Killerkommando. Wenn du mir irgendwas mitteilen willst, dann schreib mir eine E-Mail. Ich werde versuchen, sie regelmäßig abzurufen.«
Damit wandte ich mich ab und sprintete durch die Unterführung. Als ich auf der anderen Seite der Michigan Avenue wieder ans Licht kam, stoppte ich das erstbeste Taxi und fuhr nach Süden bis zum Millennium Park.
Meine Arme und die Kopfhaut prickelten schmerzhaft, dort, wo die Sonne die geschädigte Haut verbrannt hatte. Ich ging zu einem der Springbrunnen und tauchte meinen Kopf und meine Arme ohne Rücksicht auf meine Kleider ins Wasser. Was die Leute von mir dachten, war mir egal. Es waren ohnehin fast nur Kinder in der Nähe, die von einem Becken zum anderen rutschten und planschten. Nur meine Pistole versuchte ich trocken zu halten.
Ich weiß nicht, wie lange ich so am Brunnen stand. Das Wasser war angenehm kühl, und das Lachen der Kinder beruhigte mich. Schließlich ging ich mit bleiernen Füßen zur Tiefgarage. Vor dem Eingang verkaufte ein Mann die Obdachlosenzeitung Streetwise .
»Hallo, meine Schöne! Lächeln Sie mal ein bisschen! So schlimm kann es doch gar nicht sein! Solange man ein Dach über dem Kopf und eine Familie hat, die einen liebt, ist die Welt noch in Ordnung.«
»Hab ich aber nicht«, sagte ich, als ich an ihm vorbei in die Tiefgarage ging und mich in Morrells Honda setzte. Meine nassen Klamotten quietschen auf den Kunstledersitzen. Ich konnte mir gut vorstellen, was Morrell für ein Gesicht ziehen würde, wenn er gewusst hätte, wie ich in sein Auto tropfte. Er hätte seinen Ärger allerdings schnell unterdrückt, weil er gespürt hätte, wie verweifelt ich darüber war, dass die Rechtschaffenheit meines Vaters plötzlich infrage stand.
Es ist für deinen Bruder . Das hatte Steve Sawyer-Kimathi gehört, als er gefoltert wurde. Und mein Vater hatte sich umgedreht und zugelassen, dass Kimathi gequält wurde.
Solange man ein Dach über dem Kopf und eine Familie hat, die einen liebt, ist die Welt noch in Ordnung . All die Liebe und Fürsorge, die ich von meinem Vater erfahren hatte – worauf gründeten sie? Und meine Mutter? Was hatte sie von alledem gewusst?
Ich dachte an einige der Männer, mit denen ich zusammen gewesen war. Mein Exehemann und Murray Ryerson waren gewöhnliche, ehrgeizige Männer. Morrell hingegen war außergewöhnlich. Anständig und mutig. Vielleicht trug ich ja einen Makel mit mir herum, den ich nicht wahrhaben wollte. Melodramatik. Aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass der Makel mit meinem Vater zu tun haben könnte.
Plötzlich wurde ich von einem heftigen Schluchzen geschüttelt. Es war so stark, dass ich gegen das Lenkrad geschleudert wurde. Ich versuchte, wenigstens nicht so laut zu heulen, dass ich Aufmerksamkeit erregte. Das hätte womöglich gefährlich sein können.
43
Der Tod eines nicht ganz so guten Kerls
Ich fuhr zu Morrells Wohnung zurück. Ich war vom emotionalen Aufruhr in meinem Inneren so erschöpft, dass ich unbedingt Ruhe brauchte.
Eigentlich wollte ich mich nur kurz hinlegen, aber ich schlief sofort ein und wachte erst kurz nach sechs wieder auf. Als ich in die Küche kam, um mir eine Tasse Tee zu kochen, entdeckte ich, dass Max einen Zettel unter der Hintertür durchgeschoben hatte.
Karen Lennon hat dich heute Nachmittag gesucht. Sie sagt, deine Klientin, Miss Claudia läge im Sterben, habe aber immer wieder nach dir gefragt. Captain Mallory hat bei Lotty in der Klinik angerufen. Er will dich dringend sprechen, wollte aber nicht sagen, weswegen. Ich habe Mr Contreras und Lotty gesagt, dass du in Sicherheit bist, hielt es aber für besser, ihnen deinen genauen Aufenthaltsort nicht zu nennen. Max
Ich fühlte mich, als müsste ich mich von einer schweren Krankheit erholen, und trank den Tee sehr langsam in kleinen Schlucken.
Bobby wollte mich sehen. Er hatte persönlich bei Lotty angerufen. Das hieß, er wollte mich wirklich sehr dringend sprechen, und sein Anruf war offensichtlich vertraulich.
Und Miss Claudia lag im Sterben. Vielleicht hatte sie ihren letzten Atemzug getan, als ich im Millennium Park war und
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