Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball
einen Teil des Gesprächs mitangehört hatte, bot an, dass Cheviot die Negative und Abzüge für mich aufheben könnte. Das lehnte ich ab. »Der Staatsanwalt kann Cheviot jederzeit zwingen, das Material herauszugeben«, erklärte ich ihm. »Mein Rechtsanwalt hat bestimmte Privilegien, die genau das verhindern. Zumindest für ein paar Tage.« Stattdessen bat ich Theo, die Storyboards per Boten an Bobby Mallory, Richter Coleman und Rechtsanwalt Yeoman zu schicken. Die Kopie für Sawyer-Kimathi konnte ich selbst im Fit for Your Hoof vorbeibringen, wenn ich nicht beschattet wurde. Aber vor allem wollte ich persönlich dabei sein, wenn Freeman Carter die Negative und sämtliche hundert Abzüge, die Theo gemacht hatte, in seinen Tresor einschloss.
Als Karen und ich auf den Expressway zurückkamen, steckten wir mitten im Stoßverkehr, der eigentlich Schleichverkehr heißen sollte. Karen erzählte von den Restaurierungsarbeiten in Schwester Frances’ Apartment im Freedom Center.
»Diese Bauarbeiter haben nichts als Chaos angerichtet. Seit sie die Wohnung ausgeräumt haben, ist nichts mehr geschehen. Bloß ein paar Stahlstützen haben sie eingezogen, an den elektrischen Leitungen herumgefummelt und einen Kurzschluss herbeigeführt, sodass das ganze Haus ohne Strom war. Die Nonnen mussten erst damit drohen, eine Demonstration zu veranstalten, ehe die Hausverwaltung das repariert hat.«
»Ich glaube inzwischen, das sind gar keine Bauarbeiter«, sagte ich. »Das sind irgendwelche Handlanger, die Harvey Krumas geschickt hat, um die Beweise für den Brandanschlag zu vernichten.« Und meine Cousine Petra hatte womöglich dafür gesorgt, dass die Beweise, die ich gesammelt hatte, schon vorher verschwanden – aber das sagte ich lieber nicht laut.
Karen hatte auch eine gute Nachricht: Miss Claudia ging es ein wenig besser. Die Pastorin hatte sich heute von einer Kollegin vertreten lassen und heute Mittag mit ihr telefoniert, während wir bei Theo auf die Fotos gewartet hatten.
»Es kommt mir fast so vor, als wäre eine Last von Miss Claudia abgefallen, als Sie die Bibel an sich genommen haben«, sagte sie. »Jetzt hat sie wieder etwas mehr Kraft für ihr eigenes Leben. Ich frage mich, ob sie womöglich immer schon wusste, dass diese Fotos da drin waren.«
»Glauben Sie nicht, dass sie die Negative herausgeholt und Abzüge hätte machen lassen, wenn sie davon gewusst hätte?«, fragte ich. »Ich glaube, dass Lamont mit Johnny darüber gesprochen hat, was er mit den Bildern tun sollte. Er hat ihn gefragt, ob er beim Prozess aussagen soll.«
»Und warum gab es dann keine Abzüge?«, fragte Karen.
»Wahrscheinlich gab es durchaus welche, aber die sind zusammen mit Lamont verschwunden. Er war aber schlau genug, um die Negative bei der einzigen Person zu verstecken, die immer an ihn geglaubt hat: seiner Tante. Auf Rose Hebert konnte er sich nicht verlassen. Sie war zu jung und stand zu sehr unter dem Einfluss ihres starrsinnigen Vaters. Und auf Johnny erst recht nicht, der hätte die Bilder womöglich als Tauschobjekt benutzt, um sich damit freizukaufen, wenn er wieder mal verhaftet worden war. Aber Miss Claudia bewunderte ihren Neffen und hielt ihm all die Jahre die Treue. Also hat er den Einband der Bibel geöffnet, die Negative hineingeschoben, das Ganze wieder zusammengeklebt und die Bibel Miss Claudia gegeben. Sie hat wahrscheinlich bemerkt, dass der Einband irgendwie klumpig war. Und gelegentlich hat sie vielleicht auch den Verdacht gehabt, dass etwas darin versteckt war. Aber wahrscheinlich wollte sie gar nicht wissen, worum es sich handelte, weil sie Angst davor hatte.«
»Wieso?« Es ging wieder ein paar Meter vorwärts, und ich fischte in meinem Portemonnaie nach dem passenden Kleingeld für die Mautstelle an der Deerfield Plaza.
»Weil Miss Ella ständig behauptet hat, dass Lamont mit Drogen gehandelt hat. Miss Claudia hat wahrscheinlich gedacht, sie sitzt womöglich auf einer Bibel voll Heroin oder Acid oder dergleichen.«
Wir schwiegen beide, während wir ein paar Wagenlängen weiterrollten, aber Karen warf mir ständig nervöse Blicke zu und biss sich dabei auf die Lippen. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus: »Ich muss Ihnen noch etwas sagen: Meine Kollegin hat gesagt, ein paar Männer hätten sich im Krankenhaus nach mir erkundigt. Sie haben von der Oberschwester erfahren, dass wir beide gestern bei Miss Claudia waren, und jetzt glauben sie, dass ich weiß, wo Sie sind.«
»Polizisten?«, fragte
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