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Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Titel: Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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meiner Mutter vor Staub zu schützen versucht hatte, war aufgerissen. Das Kleid hatte Petra auf meinen Sessel geworfen, und der Saum und ein Ärmel hingen auf den Fußboden herunter. Die Ausgehuniform meines Vaters lag auf dem Klavierschemel.
    »Ich glaube, ich habe zu lange mit meinen Geschwistern und meiner Zimmerkameradin zusammengewohnt«, sagte Petra zerknirscht, als sie mein Gesicht sah. »Ich bin es gar nicht mehr gewohnt, dass andere Leute so eigen mit ihren Sachen sind.«
    »Darum geht es nicht«, sagte ich, hob das Abendkleid auf und begann, es mit zitternden Händen wieder zusammenzulegen. »Es geht um Einfühlungsvermögen und Rücksichtnahme. Weißt du, wie viele Gesangsstunden meine Mutter gegeben hat, um sich dieses Kleid kaufen zu können? Wie oft wir Pasta ohne Soße gegessen haben?«
    Ich schob das Kleid zurück in die Hülle aus Seidenpapier. »Du kannst dir wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn man so wenig hat, dass jedes Stück gehegt und gepflegt werden muss. Meine Mutter hat dieses Kleid gekauft, weil sie auf die Bühne zurückkehren wollte. Nach jeder Vorstellung habe ich ihr geholfen, es auszulüften und in den Schrank zu hängen, mit getrockneten Äpfeln und Nelken, damit die Motten nicht rangingen. Kleine Schäden konnte sie flicken, aber ein neues hätte sie nicht kaufen können. Als meine Mutter starb, war ich sechzehn. Ich habe nicht mehr viele Dinge, die sie in der Hand gehabt und berührt hat. Ich möchte nicht, dass du dieser Truhe noch einmal zu nahe kommst.«
    »Es tut mir leid, Vic. Ich habe nur an deinen Vater gedacht und wollte schnell einen Hinweis darauf finden, was er damals gemacht hat. Ich habe nicht nachgedacht.«
    Ich holte tief Luft und versuchte, das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt ins Büro gehst.«
    »Willst du die Sachen von deinem Vater denn gar nicht mehr anschauen?«, fragte sie, als ich Tonys Jacke zusammenlegte.
    »Das mache ich allein. Wenn ich die Kraft dazu habe. Jetzt muss ich zu einem Klienten.« Ich versuchte, einen leichteren Ton anzuschlagen. »Wartet der Strangler nicht schon auf dich? Selbst wenn du gestern die Heldin warst, kannst du heute schon wieder der Sündenbock sein. Bei diesen Wahlkampagnen geht es brutal zu.«
    Sie begann mir zu erklären, dass die Atmosphäre im Wahlkampfbüro sehr entspannt sei. »… na ja, und weil mein Vater und Brians Vater gute Kumpel sind, mache ich mir gar keine Sorgen. Brian weiß schon, dass die Familie das Wichtigste ist.«
    »Hat Brian dir gesagt, du sollst dir die Uniform meines Vaters anschauen, weil sein Vater und dein Vater gute Kumpel gewesen sind?«
    Sie wurde rot. »Nein, natürlich nicht. Ich hab bloß gemeint … Ach, ist ja egal. Wir sehen uns heute Abend, ja? Dann fahren wir zu dem Haus in Back of the Yards!«
    Ich sah sie müde an. »Ich glaube, ich habe für heute genug Familie gehabt, Petra. Ich rufe dich an, wenn ich die nächste Besichtigungstour mit dir machen will.«
    »Ich habe deine Küche geputzt und mich dafür entschuldigt, dass ich das Kleid deiner Mutter aus der Truhe genommen habe. Ich finde, das solltest du auch sehen.«
    »So, findest du?« Ich kniete vor der Truhe, um das Kleid meiner Mutter wieder hineinzulegen und drehte mich zu Petra um. »Ich will dir sagen, was ich sehe. Ich sehe eine wunderbare junge Frau mit Unmengen von gutem Willen und Energie. Aber du hast dein ganzes Leben in einer Blase von Privilegien gelebt. Du kannst mich besuchen kommen, wenn du darüber nachgedacht hast, wie du dich fühlen würdest, wenn deine Mutter tot wäre und jemand das einzige Andenken an sie behandelt hätte wie einen … Putzlappen.«
    Erschrocken starrte sie auf mich herunter, und ihr Gesicht war eine Mischung aus Überraschung und Ärger. Ihr Handy meldete sich. Sie zog es aus ihrer Hosentasche, starrte auf das Display, warf mir noch einen Blick zu und rannte dann hinaus. Ich hörte sie mit ihren Stiefeln die Treppe hinunterpoltern, als sie das Gespräch annahm. Was sie sagte, war nicht zu verstehen.
    Ich blieb auf dem Boden sitzen und glättete das Kleid, das immer noch auf meinem Schoß lag. Ich dachte daran, wie Gabriella auf der Bühne des alten Athenaeum Theatre gestanden hatte. Es war der einzige Auftritt, an den ich mich erinnern konnte. Danach war sie immer schwächer geworden, und mit dem Singen war es vorbei. Sie hatte wie eine Fackel geleuchtet in diesem Kleid, und ihre Stimme hatte den Saal erfüllt.
    Ich

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