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Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Titel: Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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verwandelte er sich in meinen Vater.

20
    Die Truhe
    Am nächsten Morgen stand Petra schon vor der Tür, als ich mit den Hunden vom See zurückkam. Sie wollte eigentlich nur ihren Pathfinder abholen, aber als sie uns sah, kam sie strahlend auf uns zu. Die Hunde stürmten ihr begeistert bellend und schwanzwedelnd entgegen und bedeckten ihre weißen Cargo-Hosen mit Wasser und Sand. Trotzdem blieb sie so vergnügt wie immer. Nachwirkungen ihres Spumante-Abends zeigten sich keine.
    »Weißt du, wir könnten doch noch schnell in die Truhe schauen, ehe ich zur Arbeit muss«, sagte sie und kraulte Mitch hinter den Ohren.
    »Was hast du bloß immer mit meiner Truhe?«, fragte ich. »Denkst du, da ist eine Schatzkarte drin? Oder Rubine?«
    Sie grinste. »Weiß auch nicht. Ich glaube, seit ich in Chicago bin, habe ich angefangen, mich für meine Familiengeschichte zu interessieren. Bisher hab ich immer nur von der Familie meiner Mutter gehört. Die hat seit Jahrhunderten in Kansas City gelebt. Einer ihrer Vorfahren war Colonel in der Armee der Konföderierten, und ein anderer gehörte zu den Pionieren der Antisklaverei-Bewegung. Das ist eine solche amerikanische Vorzeigefamilie, dass über Daddys Herkunft immer nur die Nase gerümpft wurde. Du weißt schon: ein polnischer Fleischpacker aus den Chicagoer Schlachthöfen. Deshalb möchte ich ein bisschen mehr über die Warshawskis erfahren. Sie kommen mir viel interessanter vor, seit ich hier in der Stadt bin und dich kennengelernt habe.«
    Ich hatte ihr bereits das Haus an der Fairfield Avenue gezeigt, in dem ihr Vater aufgewachsen war, und jetzt wollte sie auch noch sehen, wo unsere Großmutter nach den Krawallen von 1966 hingezogen war. Auch die Mietskaserne im Schlachthofviertel, in der Tony seine Kindheit verbracht hatte, interessierte sie jetzt. Das war nicht weiter erstaunlich, denn ihr Vater war dort zur Welt gekommen.
    Während sie mir die Treppe hinauffolgte, machte sie eifrig Pläne für das Besichtigungsprogramm.
    »Petra, mein Schatz, vielleicht sollten wir nicht alles auf einmal machen. Die Häuser liegen weit auseinander, da brauchen wir etliche Stunden.«
    Sie zog eine Schnute. »Sorry! Mom sagt immer, ich gehe schon ab wie eine Rakete, wenn alle anderen noch nachdenken.«
    Ich stellte meine kleine Espressomaschine auf den Herd und bat meine Cousine, sie herunterzunehmen, wenn der Kaffee fertig war. Dann ging ich duschen.
    Als ich in die Küche zurückkam, war der überhitzte Kaffeekessel hochgegangen und der Kaffee überall verteilt. Von meiner Cousine war nichts zu sehen. Ich fluchte laut, stellte das Gas ab und fing an aufzuwischen.
    »Oh! Tut mir leid!« Petra stand in der Tür. »Ich wusste nicht, wie lange es dauert, und deshalb hab ich schon mal angefangen, nach deiner Truhe zu suchen.«
    »Verdammt noch mal, Petra! Kannst du nicht mal den Herd abstellen, ehe du anfängst, in meinen Sachen herumzuwühlen?«
    »Ich hab doch gesagt, es tut mir leid!«
    »Das löst das Problem nicht. Es passt mir nicht, wenn du dich in dieser Art und Weise über meine Wohnung hermachst. Besonders nicht, wenn du offenbar sogar unfähig bist, auf eine Kaffeemaschine aufzupassen!«
    »Ich wische es auf, dann kannst du dich anziehen«, murmelte sie.
    Wortlos drückte ich ihr ein Geschirrtuch in die Hand und stolzierte zurück ins Badezimmer, um mir den Kaffeesatz von den Händen zu spülen. Als ich fertig angezogen zum zweiten Mal in die Küche zurückkam, stand Petra vor dem Herd und beobachtete ängstlich das kleine Espressomaschinchen. Der Boden war sauber gewischt, und das Handtuch hing ordentlich ausgewaschen zum Trocknen auf der Veranda.
    Ich musste lachen. Sie sah genauso aus wie Mitch, wenn er mal wieder dabei erwischt worden war, wie er im Garten herumbuddelte.
    Als sie mich lachen hörte, entspannte sich Petra ein bisschen. »Weißt du eigentlich, wie gefährlich du aussiehst, wenn du wütend bist, Vic? Ich hoffe, ich hab das richtig gemacht mit diesem Kaffeeding da.«
    Ich stellte das Gas ab, als die Maschine zu gurgeln aufhörte, und bot ihr an, sich ein paar Klamotten von mir auszuleihen, denn ihre eigenen Kleider waren voller Kaffeeflecken. Sie nahm sich ein T-Shirt und folgte mir dann ins Wohnzimmer.
    Ich spürte, wie ich erneut wütend wurde, als ich sah, dass sie in meiner Abstellkammer herumgewühlt hatte. Sie hatte meine Winterstiefel und mein Fahrrad herausgezerrt, um an die Truhe zu kommen, die bereits offen stand. Auch das Seidenpapier, mit dem ich das Kleid

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