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Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Titel: Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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ich auch einen Baseball. Ich nahm ihn heraus und wog ihn einen Augenblick in der Hand. Es war wie mit dem Gebiss von Mrs Contreras: Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich ihn eingepackt hatte. Eigenartig, mein Vater hatte immer nur Chicago Slowpitch gespielt. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er jemals Hardball gespielt hat. Als ich den Ball in den Händen drehte, sah ich, dass er ein Autogramm von Nellie Fox trug. Das machte die Sache noch eigenartiger, denn Fox hatte immer nur für die Chicago White Sox gespielt, aber mein Vater war Cubs-Fan gewesen.
    Die South Side war immer White-Sox-Territorium gewesen. Man konnte fürchterlich zusammengeschlagen werden, wenn man sich südlich der Madison Street mit Fanartikeln der Cubs auf der Straße zeigte. Das Comiskey-Park-Stadion war schließlich nur ein paar Blocks von den Schlachthöfen entfernt, in deren Nähe mein Vater aufgewachsen war, und seine Schulkameraden waren alle Sox-Fans. Nur Tony Warshawski und sein Bruder Bernie hatten beschlossen, unter Lebensgefahr mit der Hochbahn zum Wrigley Field raufzufahren, weil sie den Gestank nach Blut und versengten Kadavern nicht auch noch beim Baseball ertragen wollten.
    Warum hatte Tony dann einen Sox-Ball aufgehoben? Er war ziemlich abgenutzt, und das dicke Leder hatte etliche Löcher. Vielleicht hatte er ja bei irgendwelchen Zielübungen darauf geschossen. Obwohl die Löcher für Kugeln zu klein waren.
    Ich erschrak, als ich auf dem Flur Schritte hörte. »Jemand zu Hause?«, fragte eine männliche Stimme.
    Petra hatte bei ihrem Abgang die Wohnungstür offen gelassen, und Jake Thibaut hatte es bemerkt, als er die Post holte. Ich stand auf und warf einen schuldbewussten Blick auf die Uhr. Ich hatte viel zu lange über meinen Familienerinnerungen gebrütet.
    »Was sind das denn für alte Tonbänder?« Thibaut zeigte auf die ausgeblichenen Schachteln am Boden.
    »Die haben meiner Mutter gehört. Sie war Sängerin, und nachdem sie zwanzig Jahre lang Eisenstaub eingeatmet hatte, wollte sie wieder anfangen zu singen. Ich wollte nach einem Laden suchen, wo man die Dinger auf CD überspielt bekommt. Aber ich weiß nicht so recht. Meine Mutter ist tot. Vielleicht klingt ihre Stimme gar nicht so schön, wie ich sie in Erinnerung habe. Vielleicht sollte ich die Bänder einfach vergessen.«
    »Eisenstaub?«, fragte Thibaut.
    »Ich bin unten bei den alten Hochöfen aufgewachsen«, erklärte ich. Ich warf erneut einen Blick auf die Uhr und bückte mich, um die Bänder und den Nellie-Fox-Ball aufzuheben.
    »Geben Sie mir die Bänder. Ein Freund von mir hat ein Studio. Selbst wenn Sie die Stimme Ihrer Mutter idealisiert haben – wollen Sie denn darauf verzichten, sie noch einmal zu hören?«
    Natürlich wollte ich sie noch einmal hören. Thibaut nahm die Bänder, während ich den Ball zusammen mit meinen Unterlagen und Tonys Brief in meine Aktentasche packte. Ich versuchte, meine Ungeduld zu zügeln, während Jake auf den Flur hinausschlenderte und dabei erzählte, dass manche der alten Tonbänder eine viel bessere Qualität als digitale Aufnahmen hätten. Er wollte mir einen Gefallen tun. Da brauchte ich mich wegen ein paar Minuten Verzögerung nicht gleich so aufzuregen. Ich konnte meine Pitbull-Persönlichkeit ja vielleicht noch drei Minuten zurückhalten.
    Ich bedankte mich, entschuldigte mich, weil ich so in Eile war, versuchte, dabei petramäßig zu lächeln, stürmte die Treppe hinunter, rannte zur Roscoe Street und winkte nach einem Taxi.

21
    Petra bleibt neugierig
    Als ich an diesem Abend nach Hause kam, fand ich einen riesigen Strauß Sonnenblumen und Pfingstrosen vor meiner Tür. Eine handgemalte Karte zeigte, wie Petra ihren Kopf aus einer Snoopy-Hundehütte streckte. Über diese Entschuldigung musste ich so lachen, dass ich sie anrief und ihr sagte, dass ich ihr nicht mehr böse sei.
    »Können wir dann morgen die alten Wohnungen der Familie anschauen?«
    »Ich denke schon, Cousinchen, ich denke schon.«
    Als ich auflegte, war ich enttäuscht. Hatte sie mir die Blumen bloß geschickt, um mich zu dieser Besichtigungstour zu bewegen? Ich fühlte mich irgendwie manipuliert. Ich holte mir ein Glas Wein und die Zeitung und setzte mich auf die Veranda.
    Es war mal wieder ein langer Tag gewesen. Nach dem Termin in der Stadt hatte ich Johnny Mertons Tochter angerufen. Sie war Bibliothekarin bei einer der großen Rechtsanwaltsfirmen. Am Telefon war sie verständlicherweise sehr vorsichtig, aber sie war bereit, mich auf

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