Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)
war.
Und an jenem Punkt fiel der Furzmann in väterlichen Tönen, wie ein gelehrter Oxford-Fuzzi, ein: „Sorge Dich nicht, es wird schon kommen …“, sagte er, breit lächelnd, „mit der Erleuchtung!“ Ich bin mir sicher, dass er mir das Knie getätschelt hätte, hätte ich nicht auf sicherer Distanz gesessen, um Erstickungsanfälle zu vermeiden.
„Sag das nicht!“ schnappte Jeremy. „So ist das ganz und gar nicht!“
Diese Zurechtweisung machte auf den Furzmann, der weiterhin glückselig lächelte, absolut keinen Eindruck. Ich bin mir nicht sicher, ob er sie überhaupt hörte. Dem blasierten, zufriedenen Lächeln auf seinem Gesicht nach zu urteilen, musste er etwas wie „O ja, Bruder, deutlich sprichst du die Wahrheit, der jener Jüngling noch begegnen muss“ vernommen haben.
Nishijima selbst ignorierte das ganze Theater und tat sein Bestes, mir das Problem zu erklären. Ich erinnere mich nicht, was er sagte, doch es klärte sich dadurch gar nichts für mich. Ich hörte ihm respektvoll zu und stellte ein paar Fragen, doch seine Antworten schienen sich im Kreis zu drehen.
ERLEUCHTUNG ist wahrscheinlich das Thema im Buddhismus, über das am allermeisten geschrieben wurde. Aber es ist ein verflucht kniffliges Thema. In Philip Kapleaus berühmtem Buch
Die drei Pfeiler des Zen
gibt es ein paar Beschreibungen von „Erleuchtungserfahrungen“ verschiedener Leute. Das war ein gewagter Zug von Kapleau, da solche Erfahrungen im Allgemeinen als „geheim“ und nicht kommunizierbar angesehen werden und bis zu jenem Zeitpunkt nur selten veröffentlicht worden waren. In diesem Buch gab’s Geschichten von Typen, die sahen, wie sich der Himmel öffnete und mit ihnen zu lachen begann, und überall gab’s Tränen und Schreie und Drama satt.
Das war eines der ersten Bücher, die ich über Zen gelesen hatte, daher lief ich in den ersten ein oder zwei Jahren meiner Zazen-Praxis in ständiger Erwartung des Moments, an dem mir etwas in der Art passieren würde, durch die Gegend. Einmal, als ich über den Campus der Kent University schlenderte, dachte ich, ich hätt’ es. Ich wurde auf einmal sehr ausgelassen und ich lachte wie ein Schwachsinniger über alles. Später sprach ich mit Tim, meinem Zen-Lehrer zu der Zeit, und sagte Sachen wie: „Weißt du, war das jetzt, wie, hmmm …
es
?“ – wobei ich wieder mal sorgsam das E-Wort vermied. Nö, sagte er, wie ein Idiot zu lachen sei einfach etwas, das Zen-Anfänger manchmal tun.
Anfänger
?! Ich machte das jetzt seit beinahe zwei Jahren, verdammt!
Zu der Zeit, als ich in Nishijimas Retreat landete, hatte ich jedoch bereits acht weitere Jahre Praxis hinter mir. Und seit so etwa einem Jahr vor dem Retreat hatte ich’s mit dem Praktizieren echt ernst genommen. Aus irgendeinem Grund hatte ich wieder begonnen, daran zu glauben. Doch es ist ’ne ziemlich schwere Sache, an Zazen zu glauben, weil sich die Ergebnisse so langsam zeigen. Heute wär’ ich tatsächlich dazu geneigt, euch zu erzählen, dass sich die Ergebnisse niemals zeigen. Nun ja, es ist nicht so, dass es keine Ergebnisse gäbe. Nicht unbedingt. Das Problem liegt im Konzept davon, was denn ein „Ergebnis“ darstellt. Aber für den Moment lassen wir das mal beiseite.
Ich hab’ Leute getroffen, die sich halsüberkopf nach nur ein oder zwei Tagen, vielleicht sogar nur einem Vortrag, in Zazen verliebt haben. Diese Leute kommen mir immer wie Hohlköpfe vor, wie die Sorte Trantüten, die’s genauso gut mit Kristallheilung oder Engeln versuchen könnten. Enthusiasmus ist ’ne feine Sache, aber zuviel davon ist niemals gut. Leute, die direkt am Anfang zu heiß auf Zazen sind, bleiben selten lange dabei. Der Eifer lässt ziemlich rasch nach, die Schwärmerei verfliegt und sie verlieren das Interesse. Was mich angeht, ich
hasste
Zazen von Anfang an und tu’s manchmal immer noch. Ich tat es auf die Weise, wie Leute Diäten machen oder das Rauchen aufgeben. Es war ätzend, aber ich wusste, dass es irgendwie gut für mich war. Zazen zu hassen, ist andererseits auch kein Hindernis, zu wahrem Verständnis zu gelangen. Tatsächlich ist es eine bewährte Methode.
In all meinen Zazen-Jahren ist mir nie so was wie in dem Buch von Kapleau passiert. Ich wartete und wartete, aber keine Chance. Es gibt so ’ne alte Zen-Geschichte von einem Mönch, der erleuchtet wurde, als er das Geräusch eines Kiesels hörte, der irgendwo gegen knallte. Also dachte ich jedes Mal, wenn ich einen ähnlich klingenden kleinen Knall hörte:
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