Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)
deines eigenen, wirklichen Lebens hier und jetzt bewusst wirst? Oder verstärkt es nur deine Fantasie darüber, zu exotischen Orten zu entfliehen, um dort geheimnisvolle und wunderbare veränderte Bewusstseinszustände zu erfahren – die so viel höher als dein alltägliches Bewusstsein sind, dass du tatsächlich hast? Klärt Geschriebenes dieser Sorte deine eigene, dir innewohnende Vollkommenheit auf oder lenkt sie lediglich die Aufmerksamkeit auf die Besonderheit der Einsichten und Erlebnisse des Autors?
Du hast dich selbst Millionen von Jahre lang getäuscht; das ist es, wozu sich dein Gehirn herausgebildet hat. Doch wenn du einmal einen Blick auf die Ausgeglichenheit erhaschst und lernst, wo die Mitte liegt, kannst du dein Gehirn auf andere Weise benutzen und diese Mitte, diese Ausgeglichenheit und diese wahre Wirklichkeit in jedem beliebigen Moment wiederfinden.
Jene elf Tage abgefahrenen Über-Bewusstseins müssen für Wilber ein ziemliches Abenteuer gewesen sein. Und Abenteuer machen Spaß. Doch nach jedem Abenteuer musst du nach Hause zurückkehren, zurück zur glanzlosen, stumpfsinnigen, gewöhnlichen Werktagswelt.
Und warum? Das ist ’ne verdammt wichtige Frage:
Warum ist dein lahmarschiges, gewöhnliches Alltagsleben dasjenige, zu dem du immer wieder zurückkehrst?
Warum ist es bloß so, dass du immer und immer und immer wieder genau hier landest, ganz egal, wie weit du nach draußen oder wie hoch du nach oben gelangt bist?
Tatsache ist, dass das Universum dich als Medium ausgewählt hat, durch das es den unheimlichen Kick erfährt, Kohl fürs Abendessen klein zu schneiden, das Wunder, Sauerstoff ein- und Kohlendioxid auszuatmen, das fantastische Spektakel, deinen Klamotten im Münzwäschetrockner eines Selbstbedienungswaschsalons beim Trocknen zuzuschauen, während das Radio dort auf ’nem Dudelmusik-Sender festhängt und eine alte Dame dich ohne ersichtlichen Grund unablässig anglotzt. Das Universum hat geboten, dass du du seiest. Da führt kein Weg drum herum.
Was während des traumlosen Schlafs wahr ist, ist wahr, ganz unabhängig davon, ob du dich an die Erfahrung erinnern kannst, um darüber zu schreiben, oder auch nicht. Was in einem Bordell in Bangkok wahr ist, ist wahr, egal, ob du es besuchst und Fotos schießt oder nicht. Was für sechsbeinige Außerirdische auf dem fünften Planeten, der Epsilon Centauri umkreist, wahr ist, ist wahr, ob du nun da hinfliegst und mit ihnen quatschst oder nicht. Du wirst niemals wissen, was deine Zahnbürste für ein Leben führt, wenn du nicht gerade mit ihr rumhängst, doch es ist sicherlich echt.
Es gibt einen persönlichen Grund dafür, dass gerade dieses Stück von Wilbers Text so ’ne üble Wirkung auf mich hatte und warum ich hier so viel Tinte darauf verwende, um darüber zu schreiben: Es spiegelt eine meiner eigenen Erfahrungen wieder, die für mich sehr wichtig dafür war, einen der entscheidendsten Punkte der buddhistischen Lehre zu klären.
UNGEFÄHR EIN JAHR nach meinem Erlebnis am Sengawa begann ich damit, im Schlaf einige abgefahrene Erlebnisse zu haben, die denen von Wilber ziemlich ähnlich waren (das lag, als ich sein Buch las, allerdings schon Jahre zurück). Das erste davon schrieb ich ein paar Stunden, nachdem es passiert war, auf:
Diesen Morgen wachte ich gegen drei oder vier Uhr auf. Es regnete stark, und das Geräusch hatte mich wohl geweckt. Da war dieses merkwürdige Gefühl, wie ein gigantischer offener Raum. Ich hatte das Gefühl, es sei überhaupt niemand im Raum, nur das Geräusch des Regens und ein wenig Bewegung. Absolut keine Persönlichkeit. Ich konnte das Gefühl nicht verstehen, also setzte ich mich auf, um sicher zu gehen, dass ich auch wirklich wach war. Nach einer Weile legte ich mich wieder schlafen. Als mich um 6:30 Uhr der Wecker aus dem Schlaf riss, war das Gefühl vorüber.
Sehr cool, was? Sehr mystisch und abgefahren. Doch damit hörte es noch nicht auf …
Ich bin mir nicht sicher, wie viele Nächte später der Volltreffer zuschlug. Vielleicht ein paar Wochen. Kann auch ein Monat gewesen sein. Es begann damit, dass ich im Tiefschlaf zu vollem Bewusstsein kam. Es war kein Klartraum. Davon hatte ich schon so viele, dass ich mich mittlerweile dran gewöhnt habe. Es war was komplett anderes. Ich war mir tatsächlich dieses offenen formlosen Zustands des tiefen traumlosen Schlafs bewusst.
Echt abgefahren, oder nicht? Und dann wird es sogar noch besser. Kurz darauf überblickte ich das gesamte Universum, so
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