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schaut auf das dunkelgrüne Land hinunter, das vom Braun der Erosion zernarbt ist, auf die silbernen Flüsse, die vom Ackerboden verstopft sind und dunkel werden. Die schwarze Nadel schlängelt sich durch Wolken hindurch. Als sie über der Sierra Nevada sind, kann Cowboy Roons Palast inmitten der hohen grünen Hänge silbern aufschimmern sehen, ein Stück Orbitalen Metalls und Kristalls, das in die Erde gestöpselt ist.
Ein Gipfel schiebt sich dazwischen; das Schimmern ist verschwunden. Das Flugzeug legt sich zwischen Bergen in die Kurve und schlängelt sich lautlos durch ein Tal. Sarahs Eiswürfel singen beim Aufsetzen, aber Cowboy spürt den Stoß kaum. Er sieht zu den Bergen ringsherum hinauf, hält nach aufblitzendem Silber Ausschau und sieht Roons Leuchtfeuer durch die Bäume scheinen...
Durch eine holographische Tür, die sich verflüchtigt, als sie seine Gegenwart spürt, hat Roon sie in einen Raum voller Kristallhologramme geführt, die sich verändern, wachsen und sich verflechten. Ihr heller Glanz spiegelt sich in Roons Augen und in den Augen der beiden Kinder, die reglos vor einem Computerterminal stehen. Das Mädchen ist etwa zehn. Es hat olivfarbene Haut und trägt ein weißes Kleid. Der Junge hat ein weißes Hemd und eine dunkle Hose an. Beide sind barfuß. Ihr dunkles Haar ist um die Buchsen in ihren Köpfen herum kurzgeschnitten. Lehrprogramme flackern über die Kristalldisplays.
"Das ist Lupe", sagt Roon. "Ich habe sie wegen ihrer Wolfsaugen so genannt. Ihr Bruder heißt Raul." Er blickt auf sie herab und lächelt.
"Sie sind meine ältesten Akolyten hier in meinem Tempel", erklärt Roon. "Ich fand sie auf der Straße, wo sie wie kleine Nagetiere lebten. Was für ein menschenunwürdiges Dasein! Ihre Eltern waren tot, ihre Verwandten kümmerten sich nicht um sie. Aller Wahrscheinlichkeit nach wären sie an Unterernährung oder einer Krankheit gestorben, bevor sie erwachsen geworden wären. Wenn sie überlebt hätten, dann am Rand der Gesellschaft; sie wären kriminell oder drogensüchtig geworden, oder sie hätten sich verkauft. Das Mädchen würde vielleicht ein halbes Dutzend Kinder haben, noch bevor es zwanzig wäre." Er schüttelt den Kopf. "Jetzt sind ihre Möglichkeiten... grenzenlos. Ich ernähre sie, erziehe sie. Präge ihnen das Muster auf, dem sie folgen müssen, wie die Erde insgesamt." Er blickt wieder auf die Kinder hinab.
"Raul ist unmittelbar nach dem Krieg geboren. Er hat sein ganzes Leben unter der neuen Ordnung verbracht. Neuer Lehm, der von Orbitalen Händen geformt werden kann." Er hebt die Augen und sieht Sarah und Cowboy an. "Die älteren - sie haben zuviel von den überholten Einstellungen ihrer Eltern in sich aufgenommen. Ihr Geist sperrt sich gegen die neuen Lehren, gegen den Willen des Lehrers. Bei diesen hier..." Er lächelt sanft und stolz auf sie herab, während er seine Hände zu einer segnenden, besitzergreifenden Geste erhebt. Lehrprogramme aus der Matrix flackern über die Schirme. "Diese hier können die Erde durch die Zeit der Veränderungen führen. Zu ihrer neuen Beziehung mit dem Himmel."
Er blickt mit eiskalten Augen in kajalgeränderten Höhlen zu Cowboy hoch. "Ihr habt gesehen, daß ich ihnen beigebracht habe, aufrecht zu stehen", sagt er. "Wie Soldaten in Hab-acht-Stellung. Diszipliniert. Gehorsam, aber stolz in ihrer Unterwürfigkeit." Freude leuchtet aus seinen Augen. Sein fauler Atem weht in den Raum. "Die neue Beziehung", sagt er. "Das Muster, dem die Zukunft gehört."
Der Jock sieht sie nicht einmal an, als er aus seiner Kabine kommt und auf den Knopf drückt, der die Drucktür öffnet und die lange, dünne Metalleiter auf den Boden senkt. Er schiebt seine Fäuste in die Jackentaschen und tritt auf die Leiter hinaus, um sich auf den Weg zum Pilotenraum zu machen. Sarah blickt auf. "He", sagt sie. Ihre Stimme schneidet wie ein Rasiermesser durch die Luft.
Der Jock dreht sich um und steht halb in der Tür.
"Du hast unsere Taschen vergessen", sagt Sarah.
Das Gesicht des Jocks ist aus Stein. Cowboy merkt, wie ein Grinsen an seinen Mundwinkeln zupft.
"Das ist nicht mein Job", sagt der Jock.
"Dein Job ist es, Mr. Roons Gäste zufriedenzustellen", sagt Sarah. "Und Mr. Roons Gäste tragen. Ihre. Beschissenen. Taschen. Nicht. Selbst." Ihre Augen sind kälter als der Drink in ihrer Hand, ihr Grinsen ist das eines Tigers.
Dem Jock steigt das Blut ins Gesicht. Er duckt sich in seine Jacke und greift ins Gepäckabteil.
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