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diesem Staat keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Wenn sie mich hier schnappen, legen sie mich um."
"Darf ich fragen, warum?"
"Weil ich vor ein paar Wochen sechzehn Freibeuter in die Luft gejagt hab' und sie deswegen irgendwie verstimmt sind."
"_Der_ Panzerboy bist du?" Cowboy sagt nichts, sondern betrachtet beim Gehen nur den Horizont unter dem gebogenen Schirm seiner Mütze hervor. Sarah versucht sich klarzuwerden, ob sie ihm glaubt oder nicht, und kommt zu dem Schluß, daß alles nur so einen Sinn ergibt.
"Kein Wunder, daß sie hinter dir her sind."
"Ich hab' Freunde", sagt er.
"Solche wie Reno? In deiner Lage hat man keine Freunde, Cowboy. Höchstens Verbündete."
Cowboy gibt keine Antwort. Sarah beobachtet ihn beim Laufen, sieht, wie ihm der Schweiß unter der staubigen Perücke heraus am Hals hinunterläuft, verspürt immer noch das Gefühl der Überraschung bei seiner Enthüllung und sieht, wie einige Mosaiksteinchen an ihren Platz fallen. Er ist zu mächtig geworden, und selbst die Leute, denen er nützlich gewesen war, hatten das erkannt. Und sie hatten in aller Stille Maßnahmen ergriffen, um ihn zu zermalmen, bevor ihm klar wurde, wieviel Macht er eigentlich hatte. Selbst jetzt hatte er noch genug, um ihnen eine Weile standzuhalten, vielleicht sogar genug, um einen Deal zu machen, bei dem er mit dem Leben davonkam.
Aber nicht genug, um zu gewinnen. Sarah weiß, daß sie hinter einem Mann hergeht, der drauf und dran ist, seinen ersten und größten Krieg zu verlieren. Sie spürt, wie die trockenen, kühlen Finger der Traurigkeit sie berühren. Keine Chance, zu gewinnen, ohne einer von _ihnen_ zu werden.
Sarah fragt sich, ob er das weiß, ob er nur weitermacht, weil es das einzige ist, was er kann, oder ob er wirklich glaubt, daß er eine Chance hat. Seltsamerweise will sie nicht, daß er es weiß; sie will, daß er noch eine Weile an seinen Stern glaubt, damit er nicht alles auf einmal verliert, wofür er immer gearbeitet und wovon er immer geträumt hat... Sie weiß zu gut, wie einem dann zumute ist.
Aber dann erinnert sie sich an jenen Ausdruck, den sie nur einmal bei ihm gesehen hat, an diesem letzten Tag im Panzer, das Wissen über seine eigene Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, und sie erkennt, daß ihm völlig klar ist, was mit ihm passieren wird, wenn er an seinem Ziel ankommt. Er spielt ein Spiel mit sich selbst, tut so, als gäbe es am Ende dieser Reise nur Freunde und Geld und eine Chance im Kampf... daß er nach Westen geht, weil es der einzige Weg ist, den er kennt.
Für einen langen Augenblick hofft sie, daß die Reise ewig dauern wird, daß das Ziel, der hoffnungslose, aussichtslose Krieg im Westen und in Florida, unaufhörlich zurückweichen wird. Wieder sieht sie Cowboy an, sieht seine langen Beine auf das Ziel zumarschieren, das ihnen beiden zu deutlich vor Augen steht, und fühlt, wie sich ihr das Herz im Leib umdreht.
Cowboy hebt den Kopf und betrachtet den Himmel unter dem Schirm seiner Mütze hervor. Er scheint die Luft zu schnuppern. "Es wird bald regnen", sagt er.
Und marschiert weiter.
*WENN ES HOB IST, IST ES ECHT
WENN ES ECHT IST, IST ES MARC MAHOMED*
An diesem Tag werden sie nicht mehr mitgenommen, und den frühen Nachmittag über sehen sie riesige, sich dahinwälzende Gewitterwolken; sie rollen sich über den Prärien zusammen wie Kobras, die sich aufrichten und ihre Brillenzeichnungen entfalten. Der Nachmittag wird dunkel, und Blitze beginnen von einer Wolke zur anderen zu springen, wie der Ball, den die Mannschaft vor dem Spiel hin und her kickt.
"Ich glaube, ich weiß eine Scheune hier in der Nähe", sagt Cowboy, aber er hat sich ein bißchen vertan, und der Regen kommt in warmen Wellen herunter, versucht sie zu Boden zu schlagen, in den Schmutz zu drücken. Sarah spürt, wie das Geprassel ihr die Luft aus den Lungen treibt. Sie laufen blindlings durch die gesichtslose Schwärze, und nur ein Blitzschlag reißt die lange Betonruine, die sie suchen, aus der Dunkelheit. Weitere Blitze enthüllen die Dachbalken, an denen dicht an dicht die Lehmnester der Schwalben kleben, und die Ecken, in denen sich der Rattenkot häuft. Die Farm, zu der die Scheune einst gehörte, ist wie ein Kartenhaus zusammengestürzt und in ihren eigenen Keller gefallen. Sie finden ein trockenes Plätzchen neben dem Tor und breiten ihre Schlaf sacke aus. Die Dunkelheit umschließt sie wie ein nasser Filz. Durch Löcher rinnt Wasser auf den Beton im
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