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Titel: Hardware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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kann einen Pfeil im Gitter schweben sehen, der auf eine Information aus einem Bericht eines MediaNet-Boulevardblattes hinweist. Er folgt dem Pfeil, liest den Bericht und stellt fest, daß diese neue Bewegung einen fehlgeschlagenen Versuch des alten Vorsitzenden Albrecht Roon darstellt, sein früheres Amt wiederzuerlangen, was nur an einer Stimme scheitert. Vor Couceiros Machtübernahme hatte Roon achtzehn Jahre lang den Vorsitz geführt, bevor er im Alter von neunundsiebzig Jahren sein Gehirn in einen neuen Körper verpflanzen ließ und zur Kommission für Bodenschätze auf Asteroiden zurückgestuft wurde - ein wichtiger Posten bei einem Block, der auf dem Feld der Raumtransporte stärker war, bei Tempel aber ein Äquivalent für Sibirien. Von dort startet Roon seinen Comeback-Versuch und scheitert. Einer seiner Gefolgsleute im Aufsichtsrat wird endgültig in den Ruhestand versetzt und gegen einen von Couceiros Leuten ausgetauscht. Roon selbst wird auf die Erde abkommandiert, um die Marketingabteilung für Südamerika zu leiten.
     Vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats über dem Schwerkraftschacht zum Exil in Südamerika, und das im Zeitraum von ein paar Jahren - das läßt auf einen tiefen Fall in Ungnade schließen. Cowboy verfolgt Roons Karriere durch die gesamte Tempel-Hierarchie hinauf und hinab, dann sieht er sich die von Couceiro an und forscht nach, was er früher getan hat. Die verfügbare Information scheint nicht sehr aussagekräftig zu sein. Er wird tiefer graben müssen.
     Er läßt das Interface in seinem Geist erlöschen und stellt fest, daß der Dodger weggegangen ist, wahrscheinlich zu seinem nachmittäglichen Nickerchen, und daß Jimi in seinem Sessel eingeschlafen ist; der Drink klemmt zwischen seinen Schenkeln, und am Glas sammelt sich Tau. Leise verläßt Cowboy das Haus und steigt in seinen Packard, bringt das Triebwerk auf Touren und fährt die Zickzackpfade zu der alten Stadt Cimarron hinunter, die vor langer Zeit von dem fröhlichen alten Schurken Luden Bonaparte Maxwell erbaut worden ist, einem Freund von Christopher Carson und William Bonney, und zwar weil Maxwell das größte Stück geschenkten Landes in der Weltgeschichte besaß und fand, von Rechts wegen müßte eine Stadt darauf stehen. Cowboy stöpselt den Computer des Packard in ein Telefon und ruft ein paar Bibliotheken an.
     Jetzt, wo er weiß, wonach er sucht, sind die Daten im Kristall der Bibliothek nicht schwer zu finden. Roon ist in Bonn geboren und in Leipzig zur Schule gegangen. Er hat sein Examen in Chemie gemacht und ist dann im selben Jahr zur IG Tempel Pharmaceuticals gegangen, als diese ihre erste orbitale Arzneimittelfabrik baute. Kurz danach hatte er seine erste Stelle im Raum, und die Gesellschaft hielt ihn etwa ein Jahrzehnt lang zwischen der Erde und der Orbitalfabrik auf Trab, bis das Hauptquartier der Gesellschaft in den Orbit verlegt wurde und Roon mit hinaufging.
     Sobald er der Aufsichtsratsvorsitzende von Tempel war, setzte er sich für die Unabhängigkeit der Orbitalen ein. Einmal befahl er seinen Jocks, der Raumkontrollkommission zum Trotz in den Asteroidengürtel zu fliegen, wozu man eine Menge Nerven brauchte, wenn man bedachte, daß Tempel keine große Bergwerksgesellschaft war und nur wenige Schiffe losschicken konnte. Roon war ein Mitbegründer des ersten Kongresses der Orbitalblöcke, und nur Grechko war noch mächtiger als er. Anscheinend gingen viele Programme des Blöckekongresses auf Roon zurück, aber er war bereit, sich aus dem Scheinwerferlicht herauszuhalten und statt dessen Grechko in hellstem Glanz erstrahlen zu lassen. Nach dem Steinbrocken-Krieg war Roon für die Politik der Balkanisierung der Großmächte auf der Erde und die Einrichtung der Freizonen unter orbitaler Aufsicht verantwortlich.
     Henri Couceiro war als Sohn brasilianischer Eltern im Orbit geboren, als Roon noch auf der Erde war und an seinem Examen arbeitete. Er war stolz darauf, daß er noch nie den Fuß auf die Erde gesetzt hatte, und sagte in einer seiner umstritteneren öffentlichen Erklärungen, gleich nachdem er den Vorsitz übernommen hatte, der Planet sei "auch nichts anderes als ein weiterer großer Asteroid".
     Anscheinend war diese Erklärung einer von Couceiros wenigen unklugen Schachzügen. Die genauen Stationen seiner Karriere scheinen von Zeit zu Zeit im Dunkeln zu liegen, aber in der Anfangsphase ist er in dem gewaltigen Tempel-Gefüge offenbar als eine Art innerer Feuerwehr von einer Stelle zur anderen

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