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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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Lichtgeschwindigkeit. Bei diesem Tempo war der Raum relativ leer. Erika hatte eine Sonne ausfindig gemacht, die zumindest Planeten besaß. Statt wie erwartet kleine Spritzer Antimaterie und große Schübe interstellaren Wasserstoffs zu verwenden, hatten sie den Großteil ihrer Antimaterie und ihre gesamte Restmasse aufgebraucht.
    Die John Glenn hatte eine Warnung gefunkt. Der zweite Fernraumer hatte seine Fahrt gedrosselt. Der dritte hatte seinen Start verschoben und wurde umgerüstet. Beide waren zum Ymir aufgebrochen. Die John Glenn war allein zurückgeblieben, gestrandet in Raum und Zeit …
    Jeden Morgen, wenn Rachel und Ali eintrafen, warteten auf sie schon Kolonisten – Erdgeborene –, die beinahe den Wachzustand erreicht hatten; manche öffneten bereits die Augen. Meditech-Assistenten bewegten sich leise zwischen den Betten umher und reichten die Kolonisten nacheinander an Ali weiter. Für gewöhnlich blieb Rachel bei ihr und machte bei Bedarf Botengänge, doch am gestrigen Tag und dem davor waren so viele Leute gleichzeitig aufgewacht, dass Ali es zweimal Rachel überließ, die Geschichte zu erzählen.
    Rachel folgte Ali den Gang zur Medizinischen Abteilung hinunter. Es war inzwischen der fünfte Tag, an dem sie dort aushalf – der fünfte Tag, nachdem sie Ali in Treesas Schuppen angetroffen und die Auseinandersetzung innerhalb des Hohen Rates beobachtet hatte. Heute sollte Beth aufwachen.
    Die Korridore waren voller Menschen, die am Vortag oder sogar zwei Tage zuvor warm geworden, jedoch noch nicht aus der Medizinischen Abteilung entlassen worden waren. Rachel schenkte dem Gedränge und Stimmengewirr nur wenig Aufmerksamkeit. Sie stellte sich vor, wie Beth aufwachen würde; eine Beth, die wieder gehen und laufen und fliegen könnte.
    Der erste Patient dieses Morgens erwachte missgestimmt. Es handelte sich um einen älteren Mann, einen Biologen. Ali und Rachel konnten nur zusehen, wie er schluchzte und schluchzte und schluchzte. Rachel hielt einen gewissen Abstand und schaute vorsichtig zu. Zwei Tage zuvor hatte eine missgestimmte Frau mit allem um sich geworfen, dessen sie habhaft werden konnte. Ali hatte immer noch ein blaues Auge.
    Ein Meditech-Assistent kam vorbei. »Der Patient im letzten Bett wird gleich wach!«
    Ali warf Rachel einen Seitenblick zu. »Übernimm du das! Ich muss hierbleiben, bis sich dieser Mann beruhigt hat und ich ihn wieder auf Eis legen kann.« Der Mann versuchte, sich die Augen auszukratzen, und Ali beugte sich vor und packte ihn an den Handgelenken. »Ruf mich einfach, wenn du mich brauchst.«
    »Okay.«
    Rachel wandte sich ab und ging rasch die Reihe der Betten entlang. In dem letzten Bett lag eine Frau, schlaffgesichtig und still, noch ohne sich zu rühren. Rachel nutzte ihre neuen Zugangsrechte und rief die statistischen Daten der Schläferin auf. In der ersten Zeile stand: »Kristin Henry; 37; Nachrichtentechnikerin.«
    Rachels Herz begann zu rasen, und der Atem stockte ihr in der Kehle. Ihre Mom! Die Frau, die vor ihr lag, war ihre Mutter. Rachel trat näher heran. Kristin wirkte kleiner, als Rachel sie in Erinnerung hatte. Sie hatte hohe Wangenknochen und ein gerundetes Kinn. Kopf und Hals waren umrahmt von rötlichen Locken. Im Schlaf sah sie sehr jung und verletzlich aus. Ihre Haut war glatt und faltenlos, und sie hatte die Mundwinkel wie in einem Ausdruck leichter Missbilligung nach unten gezogen.
    Rachel blickte sich um. Ali redete mit Nachdruck auf den missgestimmten Patienten ein, das Gesicht nur Zentimeter von seinem entfernt. Die beiden Meditech-Assistenten im Raum waren an anderen Betten beschäftigt. Ihr blieb nichts anderes übrig, als diese Sache allein zu bewältigen.
    Rachel wandte den Blick wieder ihrer Mom zu. Sie fühlte sich, als wandle sie durch einen Traum. Kristin hatte 37 Jahre warm verbracht; sie war nur noch fünfzehn Jahre älter als Rachel. Schlafend und erfrischt von den reinigenden und belebenden Effekten des Aufwärmvorgangs sah Kristin fast so jung aus wie Rachel selbst.
    Rachels Hände zitterten heftig. Sie verschränkte sie fest vor ihrem rebellierenden Magen. Kristin Henry konnte jeden Moment aufwachen. War sie damals während der Eruption verletzt worden? Wieso war sie auf der John Glenn geblieben? Erinnerte sie sich an Rachel? Hatte sie sie vermisst – sich Sorgen um sie gemacht?
    Kristin schlief weiter; ihre Augenlider zuckten. Rachel dachte an die routinemäßige Vorgehensweise. Man sollte mit dem Schläfer reden. Was sollte sie

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