Harlekins Mond
Nähgarn, und wie sollte sie neue Dinge lernen?
Als Rachel am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich zerschlagen und müde. Ihr Dad flog gemeinsam mit ihr und Ursula hinauf zum Wald; er lächelte während des ganzen Wegs, als hätte er seine warnenden Worte vom Abend zuvor nie geäußert. Er reichte Ali die Taschen der Mädchen. »Passen Sie auf die beiden auf.« Er gab Rachel einen Kuss auf den Scheitel, wozu er sich mittlerweile auf die Zehenspitzen stellen musste, und Rachel warf die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich, bevor er sich von ihr löste und sich abwandte.
Ein kleines Flugzeug stand wartend auf den Wiesen, und Rachel und Ursula kletterten in den hinteren Teil der Kabine neben Harry, der sie anlächelte, ohne jedoch etwas zu sagen. Das Flugzeug stieg hinauf über die Wipfel der Ersten Bäume; sie kreisten, dann beschleunigten sie und ließen Aldrin rasch hinter sich zurück.
KAPITEL 3
AUSPFLANZUNG
Rachel schirmte ihre Augen gegen die Sonne ab und blickte hinüber zu Gabriel. Er fuhr 60 Meter entfernt von ihr, eine kleine Gestalt auf einem Zwilling des gewaltigen Pflanzers, den sie selbst steuerte. Sie besaßen eine gemeinsame Com-Verbindung, doch das Heulen und Rumoren der Maschinen war so laut, dass Handzeichen besser funktionierten.
Gabriel hielt einen Finger hoch, und Rachel winkte zur Bestätigung.
Sie richtete den Pflanzer so aus, dass sich die Kontrollmarke mit dem Laserdisplay deckte, das auf ihre Netzhaut projiziert wurde. Es war, als betrachte man Linien, die über Bildern lagen, die beide der wirklichen Welt vorgelagert waren. Rachel bekam davon Kopfschmerzen. Sie tippte Befehle ein, ließ sich dann in ihrem Sitz zurücksinken und bediente sich aus einer Flasche Wasser. Schweiß rann ihr in Strömen über die Stirn und tropfte ihr hinten in den Nacken. Sie hatte seit Tagesanbruch gearbeitet; sie brauchte eine Pause.
Der Pflanzer summte, vibrierte und schaukelte, während er Erdreich in den Analysator hochzog. Rachel beobachtete Displays, die den Mineralgehalt der Probe anzeigten. Die Maschine rumpelte, während sie mit gewaltigen Metallpaddeln Nährstoffe und Sensorpods in die Mischung aus Regolith und Kompost rührte. Fertiges Erdreich fiel in einem kegelförmigen Haufen neben ein vorbereitetes Loch. Der ganze Vorgang dauerte etwa fünf Minuten.
Rachel lenkte ihren Pflanzer 50 Meter an dem wartenden Loch vorbei und stellte ihn ab. Die plötzliche Stille klingelte ihr in den Ohren. Als sie die Leiter an der Seite der riesigen Maschine hinunterstieg, blickte sie über die Schulter zu Ursula hinüber und rief: »Mittagessen, sobald du fertig bist!«
Die Pflanzer machten Ursula Angst. Also übernahm Rachel das Fahren, und Ursula folgte ihr zu Fuß und übernahm das Bücken, Einpflanzen und Wässern. Mittlerweile war die letzte Woche der Saison angebrochen, in der ausgepflanzt wurde, und obwohl sie bis in die zunehmend dämmrigeren Abende hinein arbeiteten, lagen sie um zehn Prozent hinter ihren Zielvorgaben zurück. Ihre Muskeln waren müde und schmerzten von der zusätzlichen Arbeit.
Harry und Gabriel hatten sich bereits gesetzt, als Rachel sich zu ihnen gesellte; sie suchte sich einen felsigen Sitzplatz aus, von dem aus sie über das Feld zu den anderen zehn Teams zurückblicken konnte. Diese bestanden durchweg aus Erdgeborenen. Erdgeborene waren kleiner, breiter und kräftiger als Mondgeborene. Rachel beobachtete sie schweigend, trank Wasser und ließ sich von der leichten Brise kühlen.
»Dein Schatten ist ständig langsamer als du.«
»Sie ist vorsichtig.«
»Du bist vorsichtig.« Harry fing ihren bösen Blick auf und meinte beschwichtigend: »Hey, hey, sachte! Ich stelle nur eine Tatsache fest.«
Ursula richtete sich gerade auf, nachdem sie einen von ihr soeben eingepflanzten Kapokbaum gewässert hatte. Erwachsene Mondgeborene waren größer als die meisten Ratsangehörigen, und Ursula, die Längste unter den Teenagern, war bereits größer als Gabriel. Ihre Gestalt, die sich im Gegenlicht abzeichnete, ähnelte einem langen Stecken mit zwei Asten, gekrönt von einem Kranz aus Sonnenlicht, der durchbrochen wurde von einzelnen Haarsträhnen, die sich gelöst hatten.
Ursula setzte sich in Rachels Nähe, so weit von Harry entfernt, wie es ihr gerade noch möglich war, ohne die Gruppe zu verlassen. Sie tupfte sich den Schweiß mit einem Lappen von der Stirn und den hohen Wangenknochen, bevor sie nach dem Wasser griff.
»Hey, du langes Elend, wir haben dir was von
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