Harlekins Mond
mir machen?«
»Wie meine Entscheidung ausfällt, hängt von dir selbst ab.«
»Ich … ich …« Andrew blickte sich zu Rachel um. »Es tut mir leid. Ich hol dir deinen Baum runter und helfe dir, ihn wieder einzupflanzen.«
»Das ist schon besser«, sagte Gabriel. »Ein bisschen. Erkläre uns, wieso es falsch war, was du getan hast.«
»Weil … weil es genau vor der Prüfung war?«
»Und weiter?«, hakte Gabriel nach.
»Ich weiß nicht.« Andrew schaute finster zu Boden und fummelte an seinen Armbändern herum.
Ali griff den Gesprächsfaden auf. »Ihr müsst zu einem arbeitsfähigen Team zusammenwachsen. Bei einem Projekt wie diesem können Fehler tödliche Folgen haben. Oh, ich weiß, von einem ausgerissenen Bäumchen wird niemand umkommen. Aber was würdest du wohl mit wirkungsvolleren Werkzeugen anstellen? Das hier ist kein stabiler Planet – es ist ein Mond, den wir mit Gewalt zu einer zeitweiligen Heimat umfunktioniert haben. Es gibt zu viele Menschen, als dass sie alle auf die John Glenn passen würden, und falls wir das empfindliche Ökosystem zerstören, werden einige von euch sterben. Kleine Fehler können hier gravierende Folgen nach sich ziehen. Was glaubst du – warum sind wir so vorsichtig bei dem, was wir euch tun lassen? Sogar euch vier, unsere besten Schüler?«
Gabriel blickte Andrew streng an. »Andrew, du bist jung und clever. Du wirst während der nächsten zehn Wochen hierbleiben, und du allein wirst dich um das Unterrichtswäldchen kümmern. Du hast eben eine Demonstration der Möglichkeiten erlebt, über die wir verfügen – wir können sehen, was du tust. Sieh zu, dass du uns überzeugst, dass dir an Rachels Parzelle ebenso viel liegt wie an deiner eigenen. Besser gesagt, mehr als an deiner eigenen. Falls du versagst, wird das für dich zusätzliche Konsequenzen haben.«
Ursula umklammerte Rachels Hand. Rachel sank der Mut.
Andrew verantwortlich für das Wäldchen? Für ihre Bäume? Und was würde sie selbst in dieser Zeit tun?
Sie musterte Andrew mit einem schnellen Blick. Sein Gesicht war knallrot geworden, und er murmelte: »Okay. Ich werde mich bewähren.«
»Rachel, Harry und Ursula – Ihr werdet in dieser Saison mit uns auspflanzen gehen. Packt eure Sachen und seid morgen bei Tagesanbruch wieder hier. Was ihr brauchen werdet, haben wir euch auf eure Armbandgeräte überspielt.«
Rachel stieß ein Freudengeheul aus. Ursulas Grinsen reichte von einem Ohr zum anderen. Harry wandte sich zu Andrew um, dessen Gesichtsausdruck sich von reuig zu verdutzt gewandelt hatte.
KAPITEL 2
WEGGANG VON ZU HAUSE
Rachel und Ursula standen am Rand des Waldes; der Weg nach Aldrin wand sich unter ihnen dahin. »Ich kann es gar nicht erwarten, mehr von Selene zu sehen«, rief Rachel und zog die Schnallen ihrer rechten Armschwinge an Bizeps und Unterarm fest. »Ich bin bisher noch nie aus Aldrin herausgekommen.«
»Vielleicht sehen wir sogar das Meer der Hammerschläge, oder noch mehr«, zwitscherte Ursula aufgeregt.
»Das Meer und mehr? Wir seh’n das Meer, und mehr, und mehr …«, zog Rachel sie auf. Sie hat bestanden! Wir haben beide bestanden! Wir gehen auf Erkundungstour …
Ursula lachte laut auf. »Na ja, du weißt schon, was ich meine. Keiner von uns ist je so weit von Aldrin weg gewesen.«
»Mein Vater schon«, sagte Rachel ruhig. »Wie kann ich ihn verlassen? Dir wird es vielleicht nichts ausmachen, von deinen Brüdern wegzukommen, aber mein Dad wird ganz alleine sein.«
»Er wird wollen, dass du gehst.«
Rachel nickte. »Das wird er jedenfalls sagen.«
»Ich weiß, dass du ihn nicht verlassen willst.« Ursula wandte sich zu ihrer Freundin um und grinste sie an. »Ich weiß aber auch, dass du es nicht ertragen könntest, zu Hause zu bleiben.«
»Da hast du recht, das könnte ich nicht.«
»Du kriegst das schon geregelt. Du schaffst es doch immer, Rachel.«
»Es ist zu schade, dass nicht nur wir beide mitgehen, und vielleicht noch Alexandra. Harry macht mich so wütend – immer muss er recht haben, und er ist so still, dass es schon unheimlich ist.«
»Außerdem«, warf Ursula ein, »hängt er oft mit Andrew herum.«
»Ich schätze, wir sollten noch dankbar sein, dass Harry dabei ist und nicht Andrew – Schweigsamkeit ist immer noch besser als Gemeinheit.« Rachel reckte sich und machte sich bereit, Anlauf für den Flug nehmen. »Vielleicht ist Harry ja am Ende ganz in Ordnung.«
»Ja, und vielleicht geht Apollo morgen zweimal auf.«
»Ich bin vielleicht
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