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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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vorgekommen. Der letzte ›richtige‹ Moment war der, als wir die Erde verlassen haben und zum Ymir aufgebrochen sind.«
    Astronaut gab dazu keinen Kommentar ab.
    Gabriel dehnte sich noch eine weitere Stunde lang, vertiefte sich in seinen Körper, erkundete den Spielraum in seinen Bewegungen. Danach legte er sich auf den Rücken, blickte an die Decke und entspannte bewusst jeden einzelnen Muskel mit einer Selbstkontrolle, die er in jahrelanger Übung entwickelt hatte. »Astronaut?«
    »Ja?«
    »Sollte irgendetwas Interessantes passieren, dann wärme mich auf!«
    »Du wurdest angewiesen, mindestens ein Jahr lang kalt zu bleiben.«
    »Es ist mir immer noch gestattet, meinen eigenen Schlafzyklus zu festzusetzen, oder nicht?«
    »Selbstverständlich.«
    »Also, falls Erika es nicht vorher tut, dann weck mich, falls etwas passiert, das ich wissen muss.«
    »Woher weiß ich, was du wissen musst?«
    »Benutz dein Urteilsvermögen. Davon abgesehen stelle ich die Kontrollen auf ein Jahr ein.« Er stand auf und zog sich sein Hemd über. »Ich mache mich auf den Weg.«
    Gabriel ging den Korridor hinunter; Energie pulsierte in ihm wie ein Herzschlag, den er in seinen Fingern und Zehen spüren konnte. Es erinnerte ihn daran, wie er im Meer der Zuflucht schwimmen gegangen war, zwei Wochen zuvor, an jenem Tag, als er auf der Anlegestelle mit Rachel gesprochen hatte. Diesmal sorgte das Yoga dafür, dass in seiner Vorstellung eine Metapher entstand. Es war, als erschaffe er unter Zuhilfenahme von Nano-Assemblern Molekül für Molekül ein komplexes Gebilde – nur dass die kleinen Maschinen fortwährend Dinge taten, die in dem Konstruktionsplan, den er so mühevoll ersonnen hatte, nicht vorgesehen waren. Er konnte nicht länger erkennen, wie sein Konstrukt am Ende, nachdem die Maschinen fertig waren, aussehen würde.

KAPITEL 55
    FRAGEN
     
    Rachel hielt sich im Hauptgewächshaus auf und pflückte faustgroße rote Tomaten von den inzwischen ausgewachsenen Sträuchern, die sie, Ali und Treesa an jenem Abend eingepflanzt hatten, als ihre Entscheidung in Bezug auf Untertan gefallen war. Sie flüsterte in die leere Luft. »Untertan? Wo waren wir, als ich letzte Nacht eingeschlafen bin? Es ging um Feudalgesellschaften –«
    »Feudale Gesellschaftsformen haben in einigen Ländern der Erde noch bis deutlich nach Beginn des Kommunikationszeitalters überdauert.« Untertans melodiöse Stimme sprach leise in Rachels Ohr, während sie sich von einem Strauch zum nächsten bewegte und dabei ihren Korb füllte. »Es besteht ein Zusammenhang mit wirtschaftlicher wie politischer Macht. Manche Volkswirtschaften waren fast ausschließlich auf der Nutzung einer einzigen Ressource wie Energie oder Wasser aufgebaut. Je leichter man eine der wesentlichen Ressourcen kontrollieren kann, desto einfacher ist es, Macht anzuhäufen. Die Demokratie hat in Europa und Amerika zum Aufstieg mächtiger Nationen geführt; allerdings hat an manchen Orten wie z. B. dem Mittleren Osten nie die wirtschaftliche Vielfalt existiert, die als tragfähige Grundlage für eine Demokratie erforderlich gewesen wäre. In einer diversifizierten Volkswirtschaft kann man Macht nicht so umfassend konzentrieren – und Macht muss breit gestreut sein, damit Demokratie funktioniert. Die meisten unserer großen Errungenschaften, einschließlich Computer-, Bio- und Nanotechnologie, sind in Demokratien entstanden. Wettbewerb, insbesondere der Wettbewerb um Macht, ist ein geeigneter Nährboden für die Entwicklung neuer Technologien.«
    Rachel pflückte weitere drei Tomaten. »Aber hat der Rat nicht wegen dieser Technologien das Solsystem verlassen?«
    »Künstliche Intelligenz ist für sich genommen nichts Schlechtes. Es gibt bessere Bezeichnungen dafür – unabhängige Intelligenz‹, oder ›freie Intelligenz‹.«
    »Du bist eine KI, und du bist kein Stück freier als ich. Sollte der Hohe Rat dich finden, dann wird man dich mit ziemlicher Sicherheit töten. Du brauchst einen Ort, an dem du existieren kannst. Einen Computer. Und du selbst hast bereits erwähnt, dass du dich als Sklaven des Rates betrachtest.«
    »Ich bin nicht auf einen Körper angewiesen, der in einer emotionalen Suppe lebt.«
    Emotionale Suppe! Rachel lachte über die Vorstellung.
    »Konzentriere dich!«, forderte Untertan sie auf. »Wie verhält es sich auf Selene mit der Machtverteilung?«
    »Du hast einmal gesagt, unsere Situation hätte am ehesten Ähnlichkeit mit der der Sklaven in Amerika.« Rachel stellte den

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