Harlekins Mond
öffnete. Draußen stand Beth. Neben ihr stand Kyle und hielt ihre Hand. Ein Stück hinter ihnen näherten sich Harry und Gloria. Zwischen ihnen lief Miriam, die inzwischen halb so groß war wie sie und sich mit jeder Hand an einem festhielt. Sarah kam den Weg heruntergerannt, sie stürmte an Gloria vorbei, wobei sie diese fast in die kleine Miriam hineingestoßen hätte, und warf sich Rachel weinend in die Arme. »Justin hat es mir gesagt«, schluchzte sie. »Er hat mir gesagt, ich soll herkommen. Er hat gesagt, Dad ist tot!«
Rachel nickte, während sie Sarah fest an sich gedrückt hielt. »Bleib bei mir«, bat sie. Sie schaute auf und begegnete Harrys Blick. »Harry, geh und such die anderen. Hol Bruce, hol jeden, der mit uns studiert hat. Jeden, der mitkommen kann. Hol sie, wenn es sein muss, auch von der Arbeit weg. Beschafft euch Vorräte: Nahrungsmittel, Decken und Wasser. Und Dylan -Dylan wird dir helfen.«
Harry schüttelte den Kopf. »Dylan ist bei Andrew.«
Schmerz durchfuhr Rachel wie ein Messer. »Hol jeden, den du finden kannst. Sag ihnen, sie sollen von Andrew wegbleiben und herkommen. Wenn sie nicht kommen wollen, dann sag ihnen, sie sollen heimgehen und in ihren Häusern bleiben. Andrew hat keine Chance. Halte jeden, den du kannst, von ihm fern.« Rachel war überrascht darüber, wie entschlossen ihre Stimme klang.
»Ich werde zusehen, wen ich finden kann«, versicherte ihr Harry. »Einige kommen schon von sich aus.« Als Rachel den Weg entlangschaute, sah sie, wie er sich tatsächlich mit ihren Schülern zu füllen begann. Da waren Sharon, Kimberley, Lisa … Harry tauchte in der Menge unter, er ging in die entgegengesetzte Richtung. Gloria und Beth, die sich gegenseitig hielten, hatten sich umgewandt, um ihm nachzusehen. Die kleine Miriam weinte, einen Arm in die Richtung ausgestreckt, in der Harry verschwunden war.
Rachel unterdrückte ihre Tränen, als die versammelte Menge sie erwartungsvoll ansah. Sie ließ den Blick über die Gesichter wandern. Sie mussten fort von hier. Hier konnten die Räte sie finden. Tatsächlich konnten die Räte sie überall finden, aber es würde trotzdem von Vorteil sein, wenn sie eine gewisse Entfernung zwischen sich und sie brachten. Trauer schlug über Rachel zusammen, vermischte sich mit ihrem Schmerz, und sie schwankte einen Moment lang, fühlte sich schwach in den Knien, und es war einzig Sarahs Stärke, die sie aufrecht hielt. Das Gefühl von Sarahs Armen um sie und der gequälte Ausdruck auf Beths Gesicht verliehen ihr die Kraft zu stehen. Sie wünschte nur, sie hätte gewusst, was sie jetzt tun sollte.
»Wohin können wir gehen?«, flüsterte sie Untertan zu, ohne sich darum zu kümmern, ob Sarah sie hörte oder ob sie verstand, was Rachel da tat.
»Dorthin, wo sich keine Ratsangehörigen aufhalten«, erklärte Untertan. »Ich kann dich führen.«
Rachel nickte.
»Dadurch werdet ihr euch der unmittelbaren Gefahr entziehen, in die Andrew die Leute im Augenblick bringt. Du musst demonstrativ Abstand zu ihm suchen.«
»Kannst du ihn aufhalten? Kann ich ihn aufhalten?«
»Ich sehe diesbezüglich keine Möglichkeit«, erklärte Untertan. »Jemand muss unsere Schüler beschützen. Wenn du nicht bei ihnen bist, kann ich ihre Sicherheit nicht gewährleisten.«
Rachel schluckte. Untertan hatte recht. »Kann ich einige von ihnen losschicken, um die anderen zu suchen?«
»Ja, aber achte auf diejenigen, die Familienangehörige in Andrews Gruppe haben. Halte sie davon ab, irgendjemanden retten zu wollen – ich weiß nicht, was die Räte tun werden, aber keine meiner Voraussagen endet damit, dass alle Beteiligten am Leben bleiben. Andrews Gruppe besteht aus zehn Leuten.«
Dylan, Justin, und wer noch? Rachel bekam die entsprechende Liste von Untertan, schickte daraufhin einige ihrer Leute als Kuriere aus und behielt andere bei sich. Sie packte. Essen, eine Garnitur Wäsche zum Wechseln, einen Schlafsack. Sie hängte sich ihre Schwingen über den Rücken. Vor ihrem geistigen Auge blitzten immer wieder Bilder von Dylan und Justin auf und verlangten nach ihrer Aufmerksamkeit, und ihr fiel ein, dass sie Harry losgeschickt hatte. Plötzlich wusste sie, dass er versuchen würde, Dylan zu retten. Harry war kein Kämpfer. Was hatte sie getan?
KAPITEL 60
GABRIELS ERWACHEN
Seine Körperzellen tranken Flüssigkeit; es war wie ein Hereinrauschen von Wasser nach einer langen Durststrecke. Gabriel blinzelte; er erkannte die Medikamente in seinem Körper dem Gefühl
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